Vor 60 Jahren, am 2. September 1954 kommt Franz Leopold Neumann bei einem Autounfall im schweizerischen Visp (Kanton Wallis) ums Leben. Ein Anlass, an den Juristen und Politologen zu erinnern, der 1933 als Jude und SPD-Aktivist aus Deutschland vertrieben wird und im Exil für die US-Regierung und deren Nachkriegsplanungen für Deutschland tätig war.[1]
Neumann gehört generationell und inhaltlich zu Wissenschaftlern wie dem Politologen Ernst Fraenkel (1898-1975), den Juristen Richard Schmid[2](1899-1986) und Fritz Bauer (1903-1968) oder dem Juristen und Politologen Wolfgang Abendroth (1906-1985). Durch den Unfall wird die damalige kritische Rechts- und Politikwissenschaft eines ihrer fähigen Köpfe beraubt. Eines Kopfes, der den Platz zwischen Wolfgang Abendroth und Horkheimer/Adorno, den kritischen Theoretikern der Frankfurter Schule, hätte einnehmen können. So blieb die Stelle zwischen gewerkschaftlich orientiertem sozialistischem Reformismus und der Ideologiekritik der «Frankfurter» unbesetzt.
Noch immer ist die Literatur von und über Franz Neumann dünn gesät, im Jahr 2000 ist von Neumann selbst neben dem Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus, seinem Hauptwerk, nur ein Aufsatzband mit Originaltexten sowie seine politikwissenschaftliche, in London bei Harold Laski verfasste Dissertation erhältlich[3]. In den 80er Jahren wurden etliche Aufsätze und Beiträge in Fachzeitschriften, Festschriften und Sammelbänden über ihn veröffentlicht und gelegentlich wird er von Jurist_innen z. B. aus dem Umfeld der Zeitschrift Kritische Justiz thematisiert, eine breitere, Neumann popularisierende Auseinandersetzung fehlt jedoch bis heute[4].
Illusionen über Weimar
Neumann studiert Jura und arbeitet zunächst als Anwalt. Schon früh vom Konflikt zwischen Arbeit und Kapital geprägt – u.a. durch seine aktive Teilnahme an der Revolution 1918/19 –, stehen Arbeitsrecht und Wirtschaftsdemokratie in seinem Schaffen im Vordergrund. 1923 wird er Assistent von Hugo Sinzheimer in Frankfurt, dem bedeutendsten demokratisch-sozialen Arbeitsrechtler dieser Zeit, dann Sozius von Ernst Fraenkel in Berlin. Neumann ist Hausanwalt der SPD und arbeitet als Rechtsvertreter für verschiedene Gewerkschaften.
Die Emigration 1933 führt ihn zuerst nach London, wo er in politischen Wissenschaften promoviert, und danach an das Institute for Social Research in New York, wo auch Behemoth entsteht. 1942 verlässt Neumann das Institut und wird – nachdem er sich durch das Buch als Deutschland-Experte ausgewiesen hat – Mitarbeiter des Office of Strategic Services (OSS), dem Vorläufer des US-Geheimdienstes CIA. Neumann beschäftigt sich im OSS vor allem mit der Analyse des Nationalsozialismus und den Planungen für die US-amerikanische Politik in Deutschland nach Kriegsende[5].
1948 avanciert er zum Professor für Politikwissenschaft an der Columbia University New York. Neumann ist der Doktorvater von Raul Hilberg (1926-2007), dem vermutlich weltweit ersten Holocaust-Forscher. «Das ist Ihr Untergang» soll Neumann 1948 zum Promotionsvorhaben von Hilberg – und seinen damit verbundenen Chancen auf eine akademische Karriere – gesagt haben[6]. Hilbergs Dissertation, das Buch Die Vernichtung der europäischen Juden, das später jahrzehntelang als Standardwerk und Geheimtipp zur Holocaustforschung zugleich gilt, erscheint 1961 auf Englisch und wird 1982 in einem linken Kleinverlag auf Deutsch zugänglich[7]. Erst 1990 (!!) erscheint dann eine dreibändige, preiswerte Taschenbuchausgabe.
Kurz nach seinem schwierigen Entschluss, wieder nach Deutschland zurückzukehren – Neumann ist 1950, 1952 und 1953 als Gastdozent an der 1948 wiedergegründeten Hochschule für Politik in Berlin und bemüht sich um die Etablierung einer kritischen Staats- und Politikwissenschaft – kommt er 1954 ums Leben[8].
Neumanns Wirken in der Weimarer Republik beruht auf der Auffassung, dass in der Weimarer Verfassung ein «Kompromiss» zwischen Arbeiterbewegung und Bourgeoisie stattgefunden habe und dieser umgesetzt, ausgebaut und weitergetrieben werden sollte. Wie die Mehrzahl der linken Weimarer Verfassungstheoretiker will Neumann die existierende formale Demokratie auf politischer Ebene um die wirtschaftliche auf ökonomischer Ebene erweitern. Daraus leitet sich auch die eminente Bedeutung ab, die er der Auseinandersetzung um Arbeitsrecht und Wirtschaftsdemokratie (Betriebsräte etc.) zumisst, waren dies doch Instrumente, die dafür geeignet erschienen. Gleichwohl war Neumann nicht der Auffassung, dass die Weimarer Verfassung konkret und abstrakt eine sozialistische Zukunft zugelassen hätte[9].
Otto Kirchheimer, der später ebenfalls am New Yorker Institut und beim OSS arbeitete, ist gleichermaßen dieser Auffassung: Eine auf wirtschaftlicher Demokratie basierende «soziale Demokratie» beinhalte eine «wertmateriale Entscheidung» für eine Gleichheitsforderung, die letztendlich aus dem Sozialismus resultiere; diese Entscheidung sei aber in der Weimarer Verfassung nicht erfolgt.[10]
Gegen Ende der Weimarer Republik müssen die linken Juristen erkennen, dass weite Teile der polit-ökonomischen Eliten (Reichswehr, Justiz, Bürokratie, Großgrundbesitz) den Kompromisscharakter der Weimarer Verfassung nie anerkannt und immer gegen sie gearbeitet haben. Dies nicht gesehen zu haben, ist einer der zentralen Fehler der Linken dieser Zeit, es wurde in politischen Auseinandersetzungen oder in der juristischen Argumentation an etwas appelliert, was die Gegenseite längst aufgekündigt hatte. Die Niederlage war zwangsläufig. So verlässt Neumann mit den Worten «Mein Bedarf an Weltgeschichte ist gedeckt» Deutschland[11].
Für Neumann ist in der Debatte um Arbeitsrecht und Wirtschaftsverfassung in Deutschland die Bewahrung der Autonomie der Gewerkschaften wichtig. Er argumentiert für den Primat des Staates bei der Gestaltung der Wirtschafts- und Arbeitsverfassung und gegen die Position, die den Gewerkschaften eine politische Rolle zusprechen will, da er die Gefahr eines integrierenden Einbaus der Gewerkschaften in den Staat sieht.
Neumanns Hauptwerk: Behemoth
Neumanns in den USA entstandenes und 1942 (und 1944 in einer zweiten, erweiterten Fassung) veröffentlichtes Buch Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus, das bezeichnenderweise erst 35 Jahre später auf Deutsch erscheint, ist in der Bundesrepublik ein bislang wenig beachtetes Standardwerk über Staat und Wirtschaft des Nationalsozialismus. Seine Bedeutung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und für die nachfolgenden 20 Jahre im angloamerikanischen Sprachraum kann hingegen nicht groß genug eingeschätzt werden.
1939, als Neumann die Arbeit an Behemoth abschloss, strebte der Nationalsozialismus dem Höhepunkt seiner Macht zu (den er 1942, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, erreicht hatte) und sein Ende, das Neumann nicht für wahrscheinlich hielt, war noch überhaupt nicht absehbar. Die Bezeichnung «Behemoth» für Neumanns Analyse ist in Anlehnung an Thomas Hobbes gewählt: Während der «Leviathan» ein politisches Zwangssystem mit Resten von Gesetzen und individuellen Rechten darstellt, symbolisiert der «Behemoth» einen Zustand der Gesetzlosigkeit, ein alles verschlingendes Flusspferd, einen Unstaat, ein Chaos. Damit verneint Neumann die von wissenschaftlicher Seite oftmals verwendete Erklärung des Nationalsozialismus als ein monolithisches System, eine bestimmte Herrschaftsform. Neumann bemüht sich um eine theoretische Erfassung der Grundstruktur des Nationalsozialismus und beleuchtet im ersten Teil des Buches die politische Struktur und Praxis des Nationalsozialismus, dessen «Theorie» er nicht als in sich geschlossen ansieht, sondern als Ansammlung von Ideologieelementen wie Volkstum, Führerprinzip, totaler Staat, Rassismus, nationalsozialistischer Antikapitalismus usw. Im zweiten Teil betrachtet Neumann die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik. Der dritte Teil behandelt schließlich unter dem Titel «Die neue Gesellschaft» die Lage der beherrschten Klassen – die der Arbeiterklasse entsprechen – und die herrschende Klasse. Diese teilt Neumann in vier Machtgruppen ein: Wehrmacht, Staatsbürokratie, Partei (NSDAP) und Industrie. Alle vier Gruppen sind nach dem Führerprinzip organisiert und besitzen eigene legislative, exekutive und judikative Kompetenzen. Sie verfolgen jeweils eigene Interessen, stehen aber vor allem zueinander in Konkurrenz, was z. B. an den jeweiligen wirtschaftlichen Aktivitäten abzulesen ist. Auch der Funktionswandel des Rechts im Nationalsozialismus drückt diese Aufspaltung der nationalsozialistischen Herrschaft in vier Säulen aus: Nicht mehr ein gesetzgebendes Organ setzt Recht, sondern die Souveränität wird zugunsten der genannten einzelnen Gruppen aufgespalten, jede kann Autorität beanspruchen und Recht schaffen.
Gemeinsamkeiten bestehen im übergeordneten Ziel der imperialistischen Expansion nach außen und in dem Wissen, sich ohne die anderen nicht an der Macht halten zu können. Kooperation findet nur wegen der Raub- und Überlebensinteressen statt.
Totalitärer Monopolkapitalismus
Wenngleich im Kapitalismus gemäß der Ideologie des freien Warentausches die Gesetze allgemein, rational und berechenbar sein müssen – entgegen dem Funktionswandel des Rechts im Nationalsozialismus, also dem Zurückdrängen des allgemeinen Gesetzes zu Gunsten des Einsatzes von Generalklauseln, Einzelverordnungen und anderen individuellen Maßnahmen –, ist Neumanns Verständnis des Nationalsozialismus als totalitärem Monopolkapitalismus zentral. Im monopolkapitalistischen Stadium des Kapitalismus ist die wirtschaftliche Macht in den Händen relativ weniger Monopole konzentriert und der Staat greift aktiv in den Wirtschaftsprozess ein, um die Profite zu gewährleisten.
Dies ist neben der Wirkung nach außen auch für einen Streit innerhalb der «scientific community» des Institute for Social Research wichtig: Gegen Neumann vertraten vor allem die ebenfalls am Institut tätigen Otto Kirchheimer und Friedrich Pollock die These des «Staatskapitalismus», eine Position, die den Nationalsozialismus nicht mehr als Kapitalismus ansieht, da in ihm der Staat zu stark in den wirtschaftlichen Prozess eingreife (was Neumann gar nicht bestreitet), die herrschende Klasse nicht mehr aus Kapitalisten im Sinne des Marx’schen Produktionsmitteleigentums, sondern aus Managern bestünde und auch grundlegende Mechanismen wie etwa Konkurrenz oder Preisbildung weitgehend ausgeschaltet seien[12].
Neumann dagegen definiert den Nationalsozialismus als Form des Kapitalismus. Der Kapitalismus sei durch den Nationalsozialismus keineswegs abgeschafft, sondern trete, in Deutschland vor allem wegen der Aggressivität und expansiven Absichten des Imperialismus, in ein neues Stadium: «Die Wirtschaft des nationalsozialistischen Deutschland hat zwei umfassende und hervorstechende Kennzeichen. Sie ist eine Monopolwirtschaft – und eine Befehlswirtschaft. Sie ist eine privatkapitalistische Ökonomie, die durch einen totalitären Staat reglementiert wird. Als den besten Namen, sie zu beschreiben, schlagen wir «totalitären Monopolkapitalismus» vor». Der Staat greift profitsichernd in den Wirtschaftsprozess ein, z. B. durch die militärische Niederringung und Okkupation der besetzten Gebiete, die anschließend von verschiedenen Organisationen (Großindustrie, SS, …) ausgeplündert werden. Er reglementiert aber auch: durch die Arbeitskraftkontrolle oder die Kartellpolitik. So musste jeder Betrieb Mitglied in einer Kammer oder Gruppe (z. B. Reichsgruppe Eisen) sein. Die Installation dieser Zwangsstruktur organisiert der Staat, die konkrete Politik wurde dann aber von den Interessen des Monopolkapitals bestimmt und personell ausgefüllt.
Nachkriegszeit: Reeducation
Nach Kriegsende widmet sich Neumann der Rekonstitution und Rekonstruktion der Demokratie in (West-)Deutschland. Er versucht eine weitergehende Entnazifizierung in Gang zu setzen und ist an der Vorbereitung der Nürnberger Prozesse beteiligt. Sein Vorhaben einer Verfolgung und Bestrafung der wichtigsten Akteure aller vier Säulen des «Behemoth» muss er schon bald als gescheitert ansehen und zur Kenntnis nehmen, wie stark nationalsozialistisches Gedankengut in Deutschland immer noch verbreitet ist. Gleichzeitig nimmt das Interesse der US-Eliten an tiefgreifenden ökonomischen, mithin antikapitalistischen Reformen rapide ab. Diese Resignation führt mit zur noch stärkeren Hinwendung zu seinen politiktheoretischen und sozialphilosophischen Überlegungen, dem zweiten Schwerpunkt von Neumanns Nachkriegsveröffentlichungen und -aktivitäten.
In dieser Phase, die durch den Unfall jäh beendet wird, zieht er sich auf bildungsbürgerliche Positionen zurück, wie sie gerade in Deutschland typisch sind. Nachdem die ökonomische Emanzipation versagt bleibt, soll sie über den «Umweg» der Bildung und Wissenschaft stattfinden: Träger der Emanzipation sei die Intelligenz. Neumann hat seine Identifikation mit der Arbeiterbewegung zwar nicht verloren, aber stark eingeschränkt. Antisemitismus spielt in Neumanns Analysen keine größere Rolle. Dies wurde viel später, im Zuge der Auseinandersetzungen über die Thesen von Daniel Jonah Goldhagen und über das Verhältnis der «Kritischen Theorie» zum Antisemitismus, die vor allem im antideutschen Spektrum geführt wurde, deutlich[13]. Neumann betont im Behemoth den Klassencharakter des Nationalsozialismus sehr stark, was vor dem Hintergrund seiner Arbeit für die Nachkriegsplanungen zu sehen ist. In seinem Denkhorizont, der in der Vorstellung der Existenz des «anderen, besseren Deutschland» befangen war, durfte es zwar Antisemitismus, aber kein antisemitisch strukturiertes deutsches Kollektiv geben, da dann seine Pläne nicht hätten umgesetzt werden können. Neumanns Leitvorstellung bestand daraus, mit Hilfe des besseren, demokratischen Deutschland, das für ihn nur aus der Arbeiterbewegung bestand, nun nach Beendigung des Krieges die Demokratie zu verwirklichen. Er liegt mit seinem Klassenverständnis des Nationalsozialismus seltsamerweise nicht weit von einer links-dogmatischen, ökonomistischen Faschismusanalyse entfernt, für die mit der Entmachtung des Großkapitals (bei Neumann: der vier Säulen des «Behemoth») die entscheidenden Wurzeln des Nationalsozialismus ausgerottet sind.
Das nationale Kollektiv ist demnach – so auch Neumanns Position – nur Objekt der Herrschaft, und nicht deren Subjekt. Diese «antideutsch» grundierte Kritik übersieht Neumanns Bemühungen um die Entmachtung der ökonomischen Wurzeln des Nationalsozialismus und für eine kulturelle Bekämpfung autoritären und chauvinistischen Denkens, etwa in seinen Bemühungen für eine «Reeducation» an Schulen und Universitäten. Sein Handeln stand in dem Spannungsfeld, mit den undemokratischen Mitteln einer Besatzungsherrschaft eine demokratische Gesellschaft aufbauen zu wollen. Dass nationalsozialistisches Denken mit demokratischen Mitteln und ohne ökonomische Reformen zu bekämpfen sei, dieser Vorstellung hat Neumann nicht angehangen.
Aktuelle Denkanstöße
Neumann war ein Vertreter des «Juristensozialismus» der ersten Jahrhunderthälfte, für den starke Gewerkschaften und staatliche Reformpolitik zentrale Mittel der gesellschaftlichen Gestaltung waren, bei gleichzeitiger Absage an revolutionäre Gewalt[14]. Diese Strategie ist gescheitert, musste vielleicht scheitern.
Angesichts der Renationalisierung sozialer Konflikte und des zunehmenden Rassismus ist eine Beschäftigung mit den nationalsozialistischen Wurzeln des heutigen Deutschland immer noch angezeigt. Dabei kann Neumann eine Hilfe sein, da er eine Gesamtschau des Nationalsozialismus bietet, die eine Fülle von Fakten und eine sehr reflektierte Analyse beinhaltet. Seine inhaltliche Verortung im Spannungsfeld zwischen kritischem Marxismus und liberaler Demokratie und seine wissenschaftliche Biographie – vom Juristen zum politischen Theoretiker – sind ungewöhnlich und ermöglichen Denkanstöße.
Mit Neumann und seinem materialistischen Denken kann heute noch gearbeitet werden. Diejenigen, die Rechtsstaat und Demokratie gering schätzen, können bei Neumann deren emanzipatorischen Gehalt und vor allem ihre Relevanz erfahren. Diejenigen, die angesichts von Demokratie und Zivilgesellschaft ins Schwärmen geraten, kann er auf den Boden der ökonomischen Tatsachen bringen. Sein Behemoth ist ein Standardwerk, das – zu Unrecht – immer noch unbekannt ist und angesichts des wiedererstarkenden deutschen Nationalismus und ungebrochener ökonomischer Macht Deutschlands viele Anregungen enthält. Hinzu kommt Neumanns sympathisches Theorieverständnis, mit dem er heute relativ alleine auf akademischer Flur stehen würde: Da der Inhalt politischer Theorie die Freiheit sei, und kein politisches System vollkommene Freiheit verwirklichen könne, sei eine konformistische politische Theorie keine Theorie, so Neumann 1953.
[1] Einführend: Alfons Söllner: Neumann (Reihe SOAK Einführungen), Hannover 1982. Guter Überblick bei Peter Intelmann: Franz L. Neumann. Chancen und Dilemma des politischen Reformismus, Baden-Baden 1996. Vgl. auch Peter Intelmann: Zur Biographie Franz L. Neumanns, in: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts H. 1/90, S. 14-52 (Vorabdruck aus Intelmann 1996).
[2]Hans-Ernst Böttcher (Hrsg.). Recht, Justiz, Kritik. Festschrift für Richard Schmid zum 85. Geburtstag, Baden-Baden 1985.
[3]Franz L. Neumann: Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933-1944, Frankfurt 1984 (zuerst 1977); ders.: Demokratischer und autoritärer Staat, Frankfurt 1986 (zuerst 1967); ders.: Die Herrschaft des Gesetzes. Eine Untersuchung zum Verhältnis politischer Theorie und Rechtssystem in der Konkurrenzgesellschaft, Frankfurt 1980.
[4]Abgelegen publizierte Werke von Linken sind kein Argument gegen diese These, sondern illustrieren sie nur. Vgl. die beiden Dissertationen von Buckel und Fisahn, beide in der Linken und im Institut Solidarische Moderne aktiv (Andreas Fisahn: Eine Kritische Theorie des Rechts. Zur Diskussion der Staats- und Rechtstheorie von Franz L. Neumann. Aachen 1993 (Göttingen, Univ., Diss., 1992); Sonja Buckel: Subjektivierung und Kohäsion. Zur Rekonstruktion einer materialistischen Theorie des Rechts. Weilerswist 2007 (Frankfurt am Main, Univ., Diss., 2005). Zu nennen ist eine weitere Dissertation: Jürgen Bast: Totalitärer Pluralismus. Zu Franz L. Neumanns Analyse der politischen und rechtlichen Struktur der NS-Herrschaft, Tübingen 1999 (Frankfurt/Main Univ., Diss. 1996). An neuer Literatur wären noch zwei Titel im NOMOS Verlag zu nennen, immerhin einer der, wenn nicht der wichtigste deutsche juristische Fachverlag: Mattias Iser/David Strecker (Hrsg.) Kritische Theorie der Politik. Franz L. Neumann – eine Bilanz Baden-Baden 2002; Samuel Salzborn (Hrsg.): Kritische Theorie des Staates. Staat und Recht bei Franz L. Neumann, Baden-Baden 2009. Bei NOMOS auch schon 1984 Joachim Perels (Hrsg.): Recht, Demokratie und Kapitalismus. Aktualität und Probleme der Theorie Franz L. Neumanns. Armin Nolzen hat 2004 an den Behemoth erinnert: Armin Nolzen, Franz Leopold Neumanns «Behemoth». Ein vergessener Klassiker der NS-Forschung, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 30. 5.2011, URL: http://docupedia.de/zg/Neumann.2C_Behemoth?oldid=84643 (Wiederveröffentlichung des gleichnamigen Aufsatzes aus Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 1 (2004), H. 1, S. 150-153), Fabian Kunow schließlich hat im Antifaschistischen Infoblatt Neumanns Denken für die Bewegungslinke vorgestellt (Heft 82/2009), URL: http://www.faschismustheorie.de/wp-content/uploads/2011/08/aib82-34-36.pdf.
[5]Alfons Söllner (Hg.): Zur Archäologie der Demokratie in Deutschland. Analysen von politischen Emigranten im amerikanischen Außenministerium; Band 1 1943-1945, Band 2 1946-1949; Frankfurt 1986.
[6]Lt. Christian Esch: Allein mit den Quellen, in: Berliner Zeitung, 2. Juni 2006.
[7]Raul Hillberg: Die Vernichtung der europäischen Juden, Berlin 1982. Die Autobiographie von Hilberg ist: Unerbetene Erinnerung. Der Weg eines Holocaust-Forschers. Zuerst Frankfurt am Main 1994 (als Taschenbuch Frankfurt am Main 2008).
[8]Die Hochschule für Politik wird 1959 in das berühmte Otto-Suhr-Institut (kurz: OSI) umgewandelt und der Freien Universität Berlin zugeordnet.
[9]Franz Neumann: Rechtsstaat, Gewaltenteilung und Sozialismus, in: ders.: Wirtschaft, Staat, Demokratie. Aufsätze 1930-1954, Frankfurt 1978, S. 124.
[10]Otto Kirchheimer: Zur Staatslehre des Sozialismus und Bolschewismus, in: ders.: Von der Weimarer Republik zum Faschismus, Frankfurt 1976, S. 34.
[11]Laut Helge Pross: Einleitung zu F. Neumann: Demokratischer und autoritärer Staat, Frankfurt 1967, S. 11.
[12]Zu den damaligen Diskussionen im Institute vgl. Helmut Dubiel, Alfons Söllner (Hrsg.): Wirtschaft, Recht und Staat im Nationalsozialismus. Analysen des Instituts für Sozialforschung 1939-1942, Frankfurt 1981.
[13]Jürgen Elsässer, Andrei Markovits (Hrsg.): Die Fratze der eigenen Geschichte. Von der Goldhagen-Debatte zum Jugoslawienkrieg, Berlin 1999.
[14] Manfred Gangl (Hrsg.): Linke Juristen in der Weimarer Republik; Frankfurt/M 2003, Joachim Blau: Sozialdemokratische Staatslehre in der Weimarer Republik: Darstellung und Untersuchung der staatstheoretischen Konzeptionen von Hermann Heller, Ernst Fraenkel und Otto Kirchheimer, Marburg 1980 (Gießen, Univ., Diss., 1979).
* Zuerst erschienen auf http://www.rosalux.de/publication/40756, 9/2014.