Mit dem Siegeszug des Neoliberalismus ist die bürgerliche Gesellschaft in einen merkwürdigen Zustand der Selbstblockade getreten. Scheinbar allmächtig und unangefochten gibt es kaum eine substantielle Opposition, deren alternative Programmatik über das Bestehende hinausweisen würde. Die Entpolitisierung und Entdemokratisierung der westlichen Gesellschaften ist unter dem neoliberalen Paradigma weit vorangeschritten, von postpolitischen und postdemokratischen Verhältnissen eines autoritären Konstitutionalismus ist die Rede. Die politische Auseinandersetzung ist zu weiten Teilen von moralisch-identitären Konflikten ersetzt worden, die ihre Ergänzung in der Feinderklärung an das Böse findet, das in Form von religiösem Fundamentalismus, Antisemitismus und Faschismus an die verdrängten Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft erinnert. Nicht einmal die Weltfinanz- und Weltwirtschaftskrise, die mit dem Zusammenbruch der Lehman-Brothers ihren ersten Höhepunkt fand, hat die neoliberaler Hegemonie nachhaltig erschüttern können, sodaß Paul Krugman treffend von einem „seltsamen Triumph gescheiterter Ideen“ gesprochen hat.1
Das war seit der Durchsetzung des liberalen Kapitalismus in der französischen Revolution in vielen historischen Phasen durchaus anders. Die Fähigkeit der bürgerlichen Gesellschaft zur Selbstkritik manifestierte sich in vielfältigen Anklageschriften und kritischen Analysen, deren Wirkmächtigkeit sich in sozialen Bewegungen entfaltete. Die Arbeiter-, Frauen- und Jugendbewegungen, die Friedensbewegung und der Zionismus, die Ökologiebewegung und viele andere mehr stellten in Teilen oder in toto die gesellschaftlichen Verhältnisse in Frage und entwickelten Konzeptionen zu ihrer Transformation.2 In ihren avanciertesten Formen propagierte die Gesellschaftskritik eine revolutionäre Transformation der Totalität der sozialen Verhältnisse, wobei dem Anspruch nach Theorie und Praxis in einem dialektisch vermittelten Prozeß zu einer Einheit zusammenzubringen seien. Die von Marx so emphatisch vertretene Forderung, die Welt nicht nur neu zu interpretieren, sondern die gesellschaftliche Praxis zu verändern, war dabei zwingend auf einen kollektiven Akteur, auf ein gesellschaftsveränderndes Subjekt bezogen – oder wie Karl Korsch aus seinen Überlegungen in Marxismus und Philosophie folgerte, daß die gesellschaftlichen Bewußtseinsformen „im Bewußtsein nur aufgehoben werden [können] unter gleichzeitiger praktisch gegenständlicher Umwälzung der in diesen Formen bisher begriffenen materiellen Produktionsverhältnisse selbst“.3
Daß der Klasse der Lohnarbeitenden diese Rolle zufallen würde, war in der ersten Hälfte der 1840er Jahre, trotz der von Engels in England gewonnenen Thesen über die Tendenzen der Entwicklung der modernen Arbeiterbewegung, eine weit vorausblickende Antizipation. Der Clou des Klassenbegriffs bestand nicht nur darin, dass mit der Expansion kapitalistischer Verhältnisse auch die Zahl der Arbeiterinnen und Arbeiter zunahm, sondern in der spezifischen Stellung der Lohnarbeitenden in der kapitalistischen Ökonomie, der ihnen den Hebel an die Hand zu geben schien, die Gesellschaft aus den Angeln zu heben. Es läßt sich darüber streiten, inwieweit diese Konzeption nicht schon zu Marx Lebzeiten fragwürdig gewesen ist, zumal nicht allen gesellschaftlichen Widersprüchen die gleiche Aufmerksamkeit zuteil wurde. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass die von Marx mitgegründete I. Internationale einen antifeministsichen Ruf hatte und das deklassierte „Lumpenproletariat“ nicht als integrationsfähig galt. Aber im Gegensatz zur heutigen Multitude war mit dem Klassenbegriff zumindest eine soziologische Betrachtung unterlegt.
Der kategorische Imperativ, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“,4 war untrennbar mit der Beobachtung verbunden, daß die kapitalistische Gesellschaft mit einer ungeheuren, widersprüchlichen Dynamik sich fortentwickelt, welche die Möglichkeit ihrer Sprengung und Aufhebung beinhaltet. Denn „wenn wir nicht in der Gesellschaft, wie sie ist, die materiellen Produktionsbedingungen und ihnen entsprechende Verkehrsverhältnisse für eine klassenlose Gesellschaft verhüllt vorfänden, wären alle Sprengversuche Donquichoterie“.5 Die Dynamik der industriellen Entwicklung wurde von Marx und Engels daher in dieser Phase des Aufstiegs der kapitalistischen Gesellschaft, die auch einen unaufhaltsamen Aufstieg der Arbeiterbewegung als Totengräber der bürgerlichen Gesellschaft verhieß, mit Verve begrüßt. Der revolutionäre Anspruch von Marx stand in direktem Zusammenhang mit den sich verschärfenden, offen zu Tage tretenden sozialen Widersprüchen der kapitalistischen „Globalisierung“ und konnte insofern für sich in Anspruch nehmen, einen „wissenschaftlichen“ und keinen rein utopischen Charakter zu haben.
Die Marxsche Weltveränderung auf wissenschaftlicher Grundlage beinhaltete ein grundlegendes Problem, das vor der Revolution 1848 als solches noch nicht ins Bewußtsein trat, wie solch emphatische Formulierungen verraten, daß der Kopf der Emanzipation die Philosophie, ihr Herz aber das Proletariat sei:6 Wie verortet sich ein revolutionärer Theoretiker, wenn der Gedanke zur Wirklichkeit, aber die Wirklichkeit nicht zum Gedanken drängt, wenn die gesellschaftliche Entwicklung einen anderen als den erhofften bzw. prognostizierten Verlauf nimmt? Nach dem Niedergang der revolutionären Bewegung von 1848 versuchte Marx, die widersprüchlichen Entwicklungstendenzen der kapitalistischen Gesellschaft näher zu bestimmen; trotz aller Rückschläge schienen sich seine Grundannahmen – das durch die revolutionäre Aktion der Arbeiterklasse das baldige Ende des Kapitalismus zu erwarten sei – mit dem Aufschwung der sozialistischen Arbeiterbewegung zu bestätigen.
Mit der Entwicklung zur sozialistischen Massenbewegung und den ersten dauerhaften Erfolgen im Tageskampf waren jedoch Modifikationen in der Theorie verbunden, die sich immer weniger mit dem philosophisch begründeten theoretisch-praktischen Anspruch nach einer revolutionären Umwälzung der sozialen Verhältnisse des Marx der Feuerbachthesen deckte. Die Marx-Orthodoxie entwickelte sich, wie Korsch in Marxismus und Philosopie analysierte, zu einer zu nichts mehr verpflichtenden Weltanschauung, die den Marxismus „mehr und mehr als eine Summe von rein wissenschaftlichen Erkenntnissen ohne unmittelbare Beziehung zur politischen und sonstigen Praxis des Klassenkampfes“7 auffaßte. Diese Entwicklung verweist auf eine theoretische Leerstelle in der Marxschen Theorie: Unterstellt man dem Proletariat ein quasi naturwüchsiges Klassenbewußtsein, das der Akkumulationsprozeß des Kapitals selbst hervorbringt, kommt der Theorie vorrangig die Funktion zu, falsche Auffassungen einer falschen Wirklichkeit zu kritisieren und den Prozeß der Bildung der „Klasse an sich“ zur revolutionären Klasse „für sich“, die den Kapitalismus beerdigt, zu beschleunigen. „Wie diese Totengräber nun aber praktisch zu schaufeln haben in der jeweilig spezifischen Situation der sozialen, politischen und ökonomischen Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft, kann und will die Theorie ihrem eigenen Anspruch nach nicht unmittelbar angeben“.8 Es war daher eine der Marxschen Theorie immanente Interpretationsmöglichkeit, die Tagesaufgaben des Klassenkampfes pflichtbewußt auf sich zu nehmen und ansonsten ganz orthodox auf den großen Kladderadatsch zu warten.
Es ist konsequent, daß der durch die Novemberrevolution radikalisierte Korsch, selbst von Haus aus kein gelernter Marxist, 1923 das Verhältnis von Marxismus und Philosophie ins Zentrum seiner Überlegungen stellte und eine Wiederherstellung des revolutionären Marxismus und damit auch eine Aktualisierung der Feuerbachthesen unternahm. Die Frage, wie revolutionäres Handeln – und das hieß für Korsch: die aktuell zu unternehmenden Schritte – konkret bestimmt werden könne, rückte in den Vordergrund. Damit war die Frage verknüpft, wie es zur der „schon fast unverständlichen Rückständigkeit der Theorie gegenüber allen Problemen der praktischen Verwirklichung“9 des Sozialismus hatte kommen können. Es handelte sich freilich nicht um ein rein theoretisches Problem, gar eine theoretische Degeneration trotz revolutionärer Massenpraxis; die Marx-Orthodoxie selbst war Ausdruck einer reformistischen, von der Mehrheit der Lohnabhängigen getragenen Tagespolitik, die erst durch eine veränderte Praxis zu einer ideologischen Fessel geworden war. Die Frage nach der Rückständigkeit der revolutionären Theorie in der Novemberrevolution hob sich damit auf „in ein Verstehen der geschichtlichen Entwicklung selbst“10 – die Marxsche Methode mußte selbst auf die Geschichte des Marxismus angewendet werden.
Dem Verhältnis von Ideen und sozialer Wirklichkeit, von Sozialstruktur und Semantik, von Sein und Bewußtsein, zwischen sozialer Revolution und Ideologie kam dabei eine herausragende Bedeutung zu, denn man müsse, wie Korsch in Marxismus und Philosophie ausführt, „neben dem sozialen und politischen Lebensprozeß auch den geistigen, neben dem gesellschaftlichen Sein und Werden im weitesten Sinn des Wortes (als Ökonomie, Politik, Recht usw.) auch das gesellschaftliche Bewußtsein in seinen verschiedenen Erscheinungsformen als wirklichen, wenn auch ideellen (‚ideologischen‘) Bestandteil der Gesamtwirklichkeit“11 begreifen. Aus dieser Einheit von Bewußtsein und Wirklichkeit folge, daß die Umwälzung der bürgerlichen Gesellschaft auch in all ihren Sphären, seien sie nun ideell, politisch oder ökonomisch, stattzufinden habe, und die theoretische Kritik und die praktische Umwälzung als unzertrennlich zusammenhängende Aktionen begriffen werden müssen. Mit dem von Korsch geprägten Begriff der „geistigen Aktion“ wurde der praktisch aufgesprengte Immobilismus der Marx-Orthodoxie auch theoretisch überwunden und der kulturrevolutionäre, subjektiven Aspekt der sozialistischen Arbeiterbewegung wieder in die Theorie integriert – wenn auch nur mit begrenzter historischer Wirksamkeit.
Ein grundlegendes, theoretisch auch nicht zu lösendes Problem blieb jedoch bestehen: Zwar kann der Theoretiker die Revolutionierung seines eigenen Denkens im Kontext der Klassenbewegungen selbstreflexiv erfassen, insbesondere in einer historischen Phase, in der die Existenz der Arbeiterbewegung als kollektiven, wenn auch nicht in allen Teilen revolutionären Akteurs, gegeben ist. Aus der historischen Analyse kann jedoch weder eine eindeutige Zukunftsprognose über die gesellschaftliche Entwicklung – schon gar nicht über das Ende des Kapitalismus – gegeben werden, noch kann sich der teilnehmende Beobachter aus der Verstrickung in seine Zeit herauslösen. Korsch als Theoretiker und Praktiker der Arbeiterbewegung war letztlich ebenso ohnmächtig gegenüber der stalinistischen Transformation der kommunistischen Bewegungen und der faschistischen Konterrevolution wie viele seiner Zeitgenossen.12 Die Entwicklung der Arbeiterbewegung in der Weimarer Demokratie hatte die praktischen Möglichkeiten kommunistischer Politik im Korsch’schen Sinne immer weiter eingeengt; seine Hoffnungen auf eine theoretische wie praktische Klärung innerhalb der Arbeiterbewegung, die infolge der „Machtergreifung“ 1933 notwendig und möglich geworden sei, erwies sich als illusionär. Es zwang sich die bittere Erkenntnis auf, daß die Organisationen der Arbeiterbewegung selbst zu einem Moment der Konterrevolution geworden waren.13
Korsch zog aus seinen Analysen die Schlußfolgerung, sich aus der praktischen Politik, für die sich keine Perspektive bot, zurückzuziehen. Die marxistischen Theoretiker kamen in die prekäre Situation, „die furchterregenden Tendenzen der Gegenwart auszusprechen und den Gedanken an das Andere nicht aufzugeben“.14 Seinem Selbstverständnis hätte es nicht entsprochen, sich – wie die Protagonisten der Frankfurter Schule – sozialwissenschaftlich-akademischer Theoriebildung zuzuwenden, die unter den Bedingungen der Restauration einen pessimistischen, praktische Politik weitgehend ausklammernden Charakter bekam.15 Nicht das Verhältnis von Theorie und Empirie, sondern das von Theorie und Praxis bildeten den Angelpunkt seines Denkens. Im Exil, erst recht im restaurativen Klima der McCarthy-Ära, gab es für eine politische Praxis im Korsch’schen Sinne kaum hinreichende Anknüpfungspunkte.16 Dieses Schicksal teilte er mit zahlreichen Aktivisten seiner Generation, die wie Gestalten einer anderen Zeit in das restaurative Jahrzehnt des weltweiten kapitalistischen Aufschwungs hinüberragten. Der revolutionäre Marxismus verfiel in der Isolation in eine Art inneren Monolog: „Theorie wurde für eine ganze Geschichtsperiode zu einer esoterischen Disziplin, an deren abgehobener Fachsprache man ihre Distanz zur Politik messen konnte“.17
Die faschistische und stalinistische Konterrevolution der 1930er und 40er Jahre hatten der sozialistischen Arbeiterbewegung zwar ihre emanzipative Spitze gebrochen; ihre sozial-reformerische Programmatik hingegen kam erst jetzt zur vollen Entfaltung und trug während der weltpolitischen Polarisierung im Kalten Krieg zu einer beispiellosen Isolierung sozialistischer Kräfte bei. Es ist eine Ironie der Geschichte, daß die Vision einer „sozialen Demokratie“, so falsch und illusionär die These vom krisenfreien Hineinwachsen in den Sozialismus auch gewesen war, sich nach dem Zweiten Weltkrieg unter bürokratisch-repressiven Vorzeichen realisierte. Die Arbeiterbewegung, deren Integration nun von Seiten der bürgerlichen Eliten im Sinne der Herrschaftsstabilisierung als notwendig erachtet wurde, verlor damit freilich ihren historisch-moralischen Motivationskern. Das Zentrum der Revolution verschob sich für mehr als 20 Jahre in die Länder der Dritten Welt, bis der weltweite Aufbruch Ende der 60er Jahre die Geister neu entfachte – und damit auch zu einer breiten Korsch-Rezeption führte.
Es war Peter von Oertzen, der vermittelt über den Landtagskollegen und Korsch-Schüler Erich Gerlach in den 1950er Jahren in Westdeutschland den Ansatz Korschs aufgriff. Unter den Bedingungen antikommunistischer Formierung und ökonomischen Aufschwungs ging es endgültig nicht mehr um den Nachweis der „geschichtsphilosophisch spekulativ oder naturwissenschaftlich evolutionistisch begründeten Notwendigkeit und Unvermeidlichkeit der proletarischen Revolution, sondern um deren objektive geschichtliche Möglichkeit, die als Möglichkeit nur begriffen werden kann, wenn sie die Freiheit der subjektiven Aktion mit einschließt.“18 In kritischer Abgrenzung zu Lukács’ These, daß die marxsche Theorie nicht widerlegt sei, solange Menschen ihr Handeln nach dieser ausrichteten, merkte er 1953 an: „Hier liegt nun allerdings ein entscheidender Punkt, an dem fast alle marxistische Theorie bisher gescheitert ist. Der innere Antrieb zur materialistischen Geschichts- und Gesellschaftskritik, die Möglichkeitsbedingungen der dialektischen Einheit von Theorie und Praxis, beruht nicht auf einer zwingenden ‚naturgeschichtlichen‘ Notwendigkeit. Sie ist selber durch die Totalität des Geschichtsprozesses vermittelt und muß aus der konkreten Situation heraus immer aufs neue theoretisch ergriffen und praktisch verwirklicht werden. In der Verkennung dieses Sachverhaltes liegt der große Irrtum des bisherigen politischen Marxismus, der entweder annimmt, daß das proletarische Klasseninteresse das ‚richtige Bewußtsein‘ automatisch produzieren werde, oder der – wie Lukács – die Totalitätserkenntnis zumindest als ‚objektive Möglichkeit‘ für gegeben ansieht und dementsprechend die Wahrheit in einem Moment des Prozesses – Klasse oder Partei – unmittelbar fixiert, ohne die immer neue Vermittlung durch die theoretische und praktische Bewegung zu begreifen.“19
Wer jedoch ergreift die Initiative für eine revolutionäre Politik? Entzieht man diese der Partei und verlagert sie in die Arbeiterklasse zurück, löst man nicht das Problem, sondern es stellt sich die Frage nach den revolutionären Subjekten und deren Organisationsformen erneut. Die an der Idee einer sozialistischen Umwälzung festhaltenden Protagonisten der alten Arbeiterbewegung, die den faschistischen und stalinistischen Terror überlebt hatten, konnten darauf keine schlüssige Antwort geben – sie fingen einfach wieder an. Es waren einzelne, die als „heimatlose Sozialisten“20 (Fritz Lamm) kleine Freundeskreise um sich scharten und jenseits der großen Strömungen der Arbeiterbewegung die Erfahrungen der revolutionären Arbeiterbewegung zu aktualisierten und an die jüngere Generation weiterzuvermitteln suchten. Langsam setzte sich die schmerzhafte Einsicht durch, daß die alte Arbeiterbewegung sich geistig und politisch immer weiter zersetzte, während die alten Organisationsformen als Apparate eine außerordentliche Vitalität an den Tag legten.21
Es war daher eine gewagte Antizipation, wenn Korsch angesichts des Sieges des Faschismus 1933 feststellte: „Die beiden Haupttypen der heute überwundenen Arbeiterbewegung sind einerseits der vormärzlich jakobinisch revolutionäre Typus, der in der russischen Revolution 1917 und in der Politik der Dritten Internationale noch einmal wiederhergestellt wurde, andererseits der reformistische Typus, der in der Periode 1850 bis 1914 in Westeuropa, Nordamerika, Australien, Südafrika verwirklicht worden ist.“22 Kosequent plädiert er daher, wieder an die Traditionen der I. Internationale anzuknüpfen, denn angesichts der Vielfalt an Organisations- und Aktionsformen sei es damals niemandem eingefallen, „seine eigene Aktion und sein eigenes Bewußtsein mit der Aktion und dem Bewußtsein ‚der‘ Arbeiter‚klasse‘ zu verwechseln oder auch nur in ‚seiner Partei‘ das Ganze des Klassenbewußtseins und Klassenkampfes sozusagen zu ‚integrieren‘“.23 Auch wenn der Marxismus der II. und III. Internationale innerlich hohl geworden war – weder die Sozialdemokratie noch der Parteikommunismus waren 1933 historisch am Ende, im Gegenteil, beide Formen feierten in der Phase der Restauration in quasi verstaatlicher Form ihre größten „Erfolge“, freilich um den Preis ihrer völligen sozial-utopischen Auszehrung, ja der bewußten Zerstörung ihres als gefährlich angesehenen Identitätskerns.24
So bleiern die Zeit, so starr die Frontstellung während der Hochphase des Kalten Krieges auch erscheinen mochte – ganz stillstellen ließ sich die gesellschaftliche Dynamik nicht. Es war daher nicht ganz falsch, wenn Erich Gerlach im jugoslawischen „Selbstverwaltungs-Sozialismus“ und in den Rätebewegungen in Ungarn und Polen 1956 ganz im Sinne von Korsch eine Fortsetzung der syndikalistischen, auf eine demokratische Umwälzung der Produktionssphäre abzielende Bewegung erblickte.25 Es waren die verdeckt wie offen geführten sozialen und politischen Kämpfe und die dazu notwendige theoretische Entwicklungs- und Vermittlungsarbeit, die angesichts verdunkelter gesellschaftlicher Perspektiven millionenfach praktizierte aktive wie passive Verweigerungshaltung, die schließlich das als Sozialismus real nicht existierende sozialistische Weltreich zusammenbrechen ließen;26 und auch die sozialdemokratische Variante der alten Arbeiterbewegung, die mit der 68er-Bewegung nachhaltig in Frage gestellt, der durch diese aber auch erneut Leben eingehaucht wurde, scheint mit dem Ende der bipolaren Weltordnung, mit dem Verlust ihres politischen Gegenparts, an ihr historisches Ende angelangt.27
Die von Korsch intendierte Aufhebung von politischen und ökonomischen Kampfformen, wie sie sich unter der Einwirkung staatlicher Repression Ende des 19. Jahrhunderts durchgesetzt hatte, bekommt daher heute angesichts einer rasanten Aushöhlung und Zerstörung demokratischer und sozialer Partizipationsmöglichkeiten eine erneut brennende Aktualität. Der Prozeß der inhaltlichen und vor allem organisatorischen Auszehrung der politischen Parteien, die sich fast nur noch als blinde Exekutoren vermeintlich alternativloser, durch die „Globalisierung“ aufgezwungener „Sachzwänge“ begreifen, und das vielfach hilflose Agieren der traditionellen Gewerkschaften, die sich unter den Bedingungen einer nunmehr mehr als 35-jährigen strukturellen Massenarbeitslosigkeit hoffnungslos in der Defensive sehen, hat die Suche nach neuen Aktions- und Organisationsformen auf die historische Tagesordnung gesetzt. Von einem bewußten Rückgriff auf die I. Internationale, gar einem Rückgriff auf Korsch kann zwar keine Rede sein; aber der Vergleich der sozialen Bewegungen, die seit 2011 auf die historische Bühne getreten sind, mit den Organisationsformen der I. Internationale liegt doch nahe.
So vielschichtig die neuen sozialen Bewegungen, so ungeklärt viele Fragen auch sein mögen: Das Bedürfnis nach einer historischen Verortung der eigenen gesellschaftlichen Praxis hat zumindest in einigen Randbereichen der Wissenschaften, in linken Zirkeln, gesellschaftlichen Organisationen und sozialen Bewegungen einen Ort gefunden.28 Die Debatten sind wieder neu eröffnet, und für die Suche nach einer neuen Orientierung bietet sich der Rückgriff auf Korsch an, denn seine Theorie, „in der sich die Widersprüche, Katastrophen, Niederlagen und Erfolge der proletarischen Emanzipationsbewegung eines halben Jahrhunderts seismographisch niederschlagen, sperrt sich gegen jede affirmative, an institutionellen Bedürfnissen orientierte Verwendung“.29
Die offenen Fragen, die heute der Klärung bedürfen, um die gegenwärtige weltgesellschaftliche Krise zu überwinden, stellen sich auf dem gegebenen Niveau der Vergesellschaftung der Arbeit und der Entwicklung der Produktivkräfte viel schärfer in dem Sinne, wie sie von Korsch aufgeworfen wurden, als zu Korschs Lebzeiten selbst.30 Die Vorstellungswelt der II. und III. Internationale war wesentlich auf die Lösung der „sozialen Frage“ bezogen: Die Sicherstellung von stetiger Arbeit, von Nahrung und Behausung, die Versorgung bei Krankheit und im Alter, die Hebung des Bildungsniveaus – wirtschaftliche Entwicklung, soziale Gleichheit und politisch-staatsbürgerliche Partizipation: darin bestand die sozial-programmatische Quitessenz des orthodoxen Marxismus. Eine Umwälzung der Produktionssphäre, d.h. eine Demokratisierung der Betriebe selbst, wie Korsch sie intendierte, schien weitestgehend außerhalb der Vorstellung, aber auch außerhalb der Horizonts der zu lösenden Probleme zu liegen. Der Sozialstaat der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts bzw. die realsozialistische Verstaatlichung der Gesellschaft beinhaltete Kernelemente der Utopie der Sozialdemokratie und ihres kommunistischen Bruders: Mittels des Staates sollten die gesellschaftlichen Verwerfungen gerichtet werden. Im gewissen Sinne konnte sich der Etatismus des orthodoxen Marxismus zu Recht auf Marx berufen.31
Nicht nur der Glaube an die emanzipativen Möglichkeiten staatlicher Politik, der soziale Fortschrittglaube selbst, die Ideologie der aufsteigenden kapitalistischen Gesellschaft, ist nachhaltig erschüttert.32 Im kommunistischen Manifest wurde die vollständige Durchkapitalisierung aller gesellschaftlichen Bereiche, die kapitalistische Entfaltung der Produktivkräfte noch als Voraussetzung der Entwicklung der proletarischen Bewegung geradezu enthusiastisch begrüßt. Nach den katastrophischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts und Angesichts der gegenwärtigen Krisentendenzen ist die Entwicklung der Fähigkeiten der menschlichen Gattung unter dem Vorzeichen der Kapitalakkumulation mehr als fragwürdig geworden, zumal diese nicht nur durch die Zerstörung der inneren Natur, „durch die Verkrüppelung des individuellen Arbeiters“33, sondern mehr denn ja auch durch die der äußeren Natur erkauft wird.
Die Korsche Position, die Produktionssphäre demokratisch umzuwälzen, den Lohnarbeiter nicht nur als Staatsbürger, sondern als Produzent zu emanzipieren, kommt angesichts der „psychischen Verelendung“ (Gerlach) unter zunehmend prekären Arbeitsbedingungen wieder brennende Aktualität zu. In ökologischer Hinsicht stellt sich die Problematik ebenso drängend: Noch bis in die 60er Jahre bildete die Beseitigung materiellen Elends einen zentralen Angelpunkt sozialistischen respektive sozialdemokratischen Denkens; der Frage nach dem gesellschaftlichen Nutzen produzierter Güter – sieht man von der Kriegswaffenproduktion einmal ab – kam keine besondere Bedeutung zu. Erst unter den Bedingungen des Überflusses bei gleichzeitig relativer Armut und zunehmenden, irreperablen Schäden am Ökosystem gerieten die destruktiven Folgen kapitalistischer Akkumulation für die Biosphäre in den Blick. Die Frage, wie und was zu produzieren sei, ist jedoch ohne die am Produktions- und Reproduktionsprozeß Beteiligten gar nicht zu klären, geschweige denn zu lösen. In Anknüpfung an Korschs Idee der „Industriellen Autonomie“ lassen sich dazu durchaus Überlegungen anstellen:34 Denn eine syndikalistische Verengung auf den Betrieb oder eine Branche beantwortet ebensowenig die Frage, welche Funktion dem Einzelbetrieb für die Gesamtwirtschaft bzw. für den Gesamtkonsum der Weltgesellschaft zukommen soll, wie die privatkapitalistischen und staatlichen Hierarchien sinnvolle Produktion und Verteilung organsieren können. Es bedarf einer bewußten gesellschaftlichen, prozeßhaften Koordinierung einer Vielzahl von sich wandelnden Bedürfnissen mit sich ebenso wandelnden Produktionsverfahren und Arbeitsprozessen – im Sinne einer commons basierten peer-Produktion,35
Daß eine Koordinierung von Produktion und Reproduktion der Gesellschaft jenseits des „Marktes“ heutzutage eine größere Realisierungschance beinhaltet, läßt sich an solchen Hoffnungen eines Erich Gerlach ersehen, der im Hinblick auf Automatisierung und Kybernetik in den 1950er Jahren spekulierte, diese würden subjektiv und objektiv die Demokratisierung der Fabrik erleichtern.36 Weder die Form der Arbeitsorganisation noch die der gesamtgesellschaftlichen Arbeitsteilung ist eine naturgegebene Tatsache;37 angesichts der noch vor 50 Jahren unvorstellbaren Steigerung der Produktivkraft der Arbeit in den industriellen Metropolen, einer gigantischen Produktion überflüssiger und schädlicher Güter bei gleichzeitig massenhafter Freisetzung lebendiger Arbeit, ist sowohl die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung als auch die Trennung von Kopf- und Handarbeit antiquiert und zunehmend nur repressiv aufrechtzuerhalten. Die sogenannte „Krise der Arbeitsgesellschaft“ ist ihrem materiellen Inhalt her das „Reich der Freiheit“ unter kapitalistischen Vorzeichen.
In Anbetracht der gegenwärtigen absurden Verhältnisse, in denen die Teilnahme am Verwertungsprozeß als Gnadenbrot verteilt wird, in der die allseitige Konkurrenz und Übervorteilung das Credo der Gesellschaft bildet, in der das „Sparen“ trotz enormer Überkapazitäten als Tugend gefeiert, in denen die Behauptung des Stärkeren auf „dem Weltmarkt“ als einziges Ziel ausgegeben wird und der auf sich selbst und nur auf sich selbst bezogene Eigentümer als gesellschaftlicher Protagonist gefeiert wird – in Anbetracht dieser Verhältnisse machen sich Orientierungslosigkeit und Pessimismus breit. Demgegenüber gilt es aber, nicht nur darauf zu insistieren, daß die gegenwärtigen Produktionsverhältnisse den differenzierten gesellschaftlichen Organisationsproblemen nicht angemessen sind, sondern die gegenwärtigen Entwicklungen zu einer Selbstzerstörung der Weltgesellschaft auch gewendet werden können, wenn die schöpferischen Kräfte der Mehrheit der Weltbevölkerung freigesetzt werden. Der Kampf um die Demokratisierung aller Lebensbereiche, den „gewerblichen Konstitutionalismus“, wie Korsch ihn nennt, ist dafür eine conditio sine qua non. Theoretische Reflexion und geistige Aktion können und sollten ihren Teil dazu beitragen, die gegenwärtigen gesellschaftlichen Blockaden aufzubrechen.
1 Zitiert nach Steffen Lehndorff (Hrsg.), Spaltende Integration. Der Triumph gescheiterter Ideen in Europa – revisited. Zehn Länderstudien. Hamburg 2014. S. 7.
2 Es läßt sich darüber streiten, ob der Zionismus dazugehört; er ist zwar eine Konsequenz des europäischen Antisemitismus, zielt aber weniger auf die Veränderung der bestehenden als vielmehr die Schaffung einer neuen Gesellschaft. Dennoch sei daran erinnert, das der linkszionistische Flügel von anarchistischen und sozialistischen Ideen geprägt war.
3 Karl Korsch, Marxismus und Philosophie. KoGA Bd. 3, S. 362.
4 Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, MEW Bd. 3, S. 18.
5 Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. Berlin 1974, S. 77.
6 Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, a.a.O. S. 25.
7 Korsch, Marxismus und Philosophie. KoGA Bd. 3, S. 331.
8 Michael Buckmiller, Die Anwendung der materialistischen Geschichtsauffassung auf die Geschichte des Marxismus. KoGA Bd. 3, S. 37f.
9 Korsch, Grundsätzliches über Sozialisierung. KoGA Bd. 2, S. 219.
10 Buckmiller, Anwendung der materialistischen Geschichtsauffassung. A.a.O.
11 Korsch, Marxismus und Philosophie. KoGA Bd. 3. S. 351.
12 Vgl. Buckmiller, Die Existenzielle Krise des Marxismus und die Arbeiterbewegung. KoGA Bd. 5. S. 11-94. Auch wenn Oskar Negts Kritik berechtigt ist, daß Korsch an seiner methodisch geübten Praxis und an bestimmten Begriffen und Erkenntisweisen solange festgehalten habe, bis diese empirisch nicht mehr haltbar gewesen seien, räumt er ein, daß Korschs theoretisches Dilemma angesichts der erfolgreichen faschistischen Konterrevolution „auf das Ausfallen einer Handlungsorientierung bei den Massen selber“ verweist. Vgl. Negt, „Zurück zu Marx und Engels! Oder: Was können wir von Korsch lernen?“ In: Zur Aktualität von Karl Korsch, a.a.O. S. 52, Frankfurt /M. 1981.
13 Buckmiller, Die existenzielle Krise des Marxismus. KoGA Bd 5. S. 57.
14 Max Horkheimer, Kritische Theorie, Bd. II. Frankfurt/Main 1968, S. XI. Zitiert nach Gunzelin Schmidt Noerr, Nachwort des Herausgebers, „Die Stellung der ‚Dialektik der Aufklärung‘ in der Entwicklung der Kritischen Theorie. Bemerkungen zu Autorschaft, Entstehung, einigen theoretischen Implikationen und späterer Einschätzung durch die Autoren“. In: Max Horkheimer, Gesammelte Schriften. Bd. 5. Dialektik der Aufklärung und Schriften 1940-1950. Frankfurt/Main 1987, S. 423 – 452. Hier: S. 452.
15 Vgl. Willem van Reijen/Jan Bransen, „Das Verschwinden der Klassengeschichte in der ‚Dialektik der Aufklärung‘. Ein Kommentar zu den Textvarianten der Buchausgabe von 1947 gegenüber der Erstveröffentlichung von 1944“. In: Horkheimer. Gesammelte Schriften Bd. 5. A.a.O. S. 453-457. Siehe dazu auch: Gregor Kritidis, Sozialistische Opposition in der Ära Adenauer. Ein Beitrag zur Frühgeschichte der Bundesrepublik. Hannover 2008. S. 121ff.
16 Vgl. Die Revolution war für mich ein großes Abenteuer. Paul Mattick im Gespräch mit Michael Buckmiller. Münster 2013.
17 Perry Anderson, Über den westlichen Marxismus. Frankfurt/M 1978. S. 82.
18 Buckmiller, Die existenzielle Krise des Marxismus. A.a.O. S. 31. Zur Kritik anthropologisch begründeter Einwände, eine herrschaftsfreie Gesellschaft entspreche nicht dem Wesen des Menschen, vgl. Peter von Oertzen, „Die Utopie der staats- und klassenlosen Gesellschaft“. In: Loccumer Initiative Kritischer WissenschaftlerInnen (Hrsg.), Mut zur konkreten Utopie. Alternativen zur herrschenden Ökonomie. Kritische Interventionen Bd. 8. Hannover 2003.
19 Zitiert nach Oskar Negt, „Radikalität und Augenmaß. Zur Denkweise eines sozialistischen Grenzgängers zwischen Politik und Wissenschaft.“ In: Jürgen Seifert/Heinz Thörmer/ Klaus Wettig (Hrsg.), Soziale oder Sozialistische Demokratie. Beiträge zur Geschichte der Linken in der Bundesrepublik. Marburg 1989, S. 45. Vgl. Gregor Kritidis, „Von der Kooperation zur Konfrontation. Wolfgang Abendroth und Peter von Oertzen. Zur Struktur und Genese der ‚Marburger‘ und der ‚Hannoverschen‘ Schule“. In: Thomas Kroll/Tilman Reitz (Hrsg.), Intellektuelle in der Bundesrepublik Deutschland. Göttingen 2013. S. 185-199.
20 Selbst dieser Begriff der „Heimatlosigkeit“ bringt noch den restaurativen Charakter der Ära Adenauer zum Ausdruck: Das Bedürfnis nach „Heimat“, nach Vertrautem, nach Geborgenheit in einer zerrissenen Welt war auch in der Arbeiterbewegung nach 1945 allgegenwärtig.
21 Ausführlich: Kritidis, Opposition. A.a.O.
22 Korsch, Politische Losungen Anfang November 1933. KoGA Bd. 5, S. 612.
23 Ebd.
24 Vgl. z.B. Michael Kubina, Von Utopie, Wiederstand und Kaltem Krieg. Das unzeitgemäße Leben des Alfred Weiland. Hamburg 2001.
25 Vgl. Erich Gerlach, Arbeiterräte und industrielle Demokratie in der spanischen Revolution I. SoPo 12/1956/ 1/1957 (Doppelnummer), S. 6f. Sowie: Arbeiterräte und industrielle Demokratie in der spanischen Revolution II. SoPo 5/1957, S. 5f.
26 Das Lebensmotto „Privat geht vor Katastrophe“ kennzeichnet treffend die aktive Verweigerung vieler Menschen im Ostblock gegenüber den staatlichen Bürokratien. Selbst noch die Flucht in den Alkoholismus entzog den führenden Eliten langfristig die Basis ihrer Herrschaft.
27 Vgl. Helmut Schauer, „Die Zukunft der Gewerkschaften und die Chancen einer sozial-ökologischen Reformpolitik“. In: Loccumer Initiative Kritischer WissenschaftlerInnen (Hrsg.), Rot-Grün – noch ein Projekt? Versuch einer Zwischenbilanz. Kritische Interventionen Bd. 5. Hannover 2001. S. 70-79. Es spricht übrigens für die Aktualität Korsch’schen Denkens, wenn heute ehemalige Protagonisten der 68er-Bewegung zu Gegenreformern mutiert sind, die den sozialen Gehalt des Sozialstaats, dessen repressive Funktionen sie einst kritisierten, zerstören, dessen repressiven Elemente jedoch verschärfen.
28 Exemplarisch: Costas Douzinas, Philosophie und Widerstand in der Krise. Griechenland und die Zukunft Europas. Hamburg 2014. Slavoj Žižek, Das Jahr der gefährlichen Träume. Frankfurt 2013. Mario Candeias/Eva Völpel, Plätze sichern! ReOrganisation der Linken in der Krise. Hamburg 2014. S. 143-203. Margarita Tsomou, „Das Versuchskaninchen baut am eigenen Labor …! Zum Aufschwung solidarischer Ökonomien als Exoduspraktiken im Griechenland der Krise“. In: Krisenlabor Griechenland. kultuRRevolution 66/67. Juni 2014. S. 7-17.
29 Oskar Negt, „Theorie, Empirie und Klassenkampf. Zur Konstitutionsproblematik bei Karl Korsch“. In: Jahrbuch Arbeiterbewegung, Bd. 1, S. 136f.
30 Vgl. Christel Neusüß, „Produktivkraftentwicklung, Arbeiterbewegung und Schranken sozialer Emanzipation entwickelt anhand der Rätediskussion und der Rationalisierungsdebatte der 20er Jahre“, in: Prokla, Zeitschrift für politische Ökonomie und sozialistische Politik, Nr. 31/1978, S. 75-113.
31 Vgl. Michael Buckmiller, „Gewalt und Emanzipation in der Arbeiterklasse. Unerledigte Fragen“. In: Loccumer Initiative Kritischer WissenschaftlerInnen (Hrsg.), Gewalt und Zivilisation in der bürgerlichen Gesellschaft. Kritische Interventionen Bd. 6. Hannover 2001, S. 242-257.
32 Kaum jemand hat die Kritik am Fortschrittsoptimismus endringlicher formuliert als Walter Benjamin in seinen Reflexionen über den Begriff der Geschichte, insbesondere über den „Angelus Novus“ von Klee. Vgl. Walter Benjamin, „Über den Begriff der Geschichte“. Ges. Schriften Bd.I Teil 2. S. 697.
33 Karl Marx, Das Kapital Bd. I. MEW Bd. 23, S. 386.
34 Vgl. Korsch, Was ist Sozialisierung? Ein Programm des praktischen Sozialismus. KoGA Bd. 2, S. 97-133. Sowie Rolf Schwendter, „Zur Utopie einer demokratischen Wirtschaft“. In: Loccumer Initiative Kritischer WissenschaftlerInnen, Mut zur konkreten Utopie. Alternativen zur herrschenden Ökonomie. Kritische Interventionen Bd. 8, S. 25-40. Ferner: Peter von Oertzen, Demokratie und Sozialismus zwischen Politik und Wissenschaft. Hrsg. v. Michael Buckmiller, Gregor Kritidis und Michael Vester. Hannover 2004.
35 Vgl. Stefan Meretz, „Commons basierten Peer-Produktion“. In: http://keimform.de/2011/spw/ (Zugriff v. 26.8.2014).
36 Vgl. Kritidis, Oppositon. S. 271ff.
37 Vgl. Harry Braverman, Die Arbeit im modernen Produktionsprozeß. Frankfurt/Main und New York 1977.