Einleitung:
In den letzten 15 Jahren hat sich die Diskussion um Geschlechter und ums gesellschaftlich Wünschbare stark verändert. Die heutigen Ansätze sind von einer Missachtung des menschlichen Körpers gekennzeichnet. War ich noch 2010 der Meinung, dass sich die akademisch geprägte Debatte um „gender“ mangels Bodenhaftung selber in Luft auflösen würde, sehe ich heute, dass dies nicht der Fall ist, und sich alle Engagierten sehr ernsthaft bemühen müssen, wieder fruchtbaren Boden zu finden.
Ich möchte zu den Fragen rund um die Geschlechtlichkeit des Menschen sowohl als Biologin Stellung beziehen als auch als linke Feministin und Engagierte in Sachen Nachhaltigkeit.
Tove Soiland1 argumentierte bereits 2003, dass der „Genderansatz“ für die Sache der Frauen ungünstig sei. Patricia Purtschert2 stellte sich der Auseinandersetzung, verteidigte den Ansatz jedoch unter anderem mit dem Argument, es gelte, die herrschenden Geschlechternormen in Frage zu stellen. Auf der Plattform theoriekritik.ch äusserte sich Carola Meier-Seethaler 2017 kritisch zum Thema „Queer“.3
Die kürzlich erfolgte Revision im Schweizerischen Personenregister,5 die am 1. Januar 2022 in Kraft tritt, ist für mich ebenfalls ein Grund, mich zur Geschlechterfrage zu äussern.
In meinen Ausführungen gehe ich kurz auf die Geschichte der Frauenbewegung ein. Ich werde dabei beleuchten, dass es nicht erst heute, sondern auch schon in früheren Phasen der Frauenbewegung Missverständnisse in der Rezeption biologischer Forschungsergebnisse gab. Von zentraler Bedeutung für meine Argumente ist die feministische Kritik an patriarchalischen Denkmustern in der Wissenschaft, an der ich stets mitgearbeitet habe. Die biologischen Grundlagen, die für meine Argumentation eine Rolle spielen, sind in Kästen dargestellt. Mit dem angehängten Glossar will ich einen Kontrapunkt zu Glossaren von Transgender-AktivistInnen setzen. In diesem Artikel geht es mir sowohl ums Wissenschaftliche als auch ums Politische: Wie unterscheidet sich die aktuelle Gleichstellungsdebatte von früheren Debatten sozialer Bewegungen? Wer profitiert, wenn das „biologische Geschlecht“ aufgegeben wird?
„Sex“ and „Gender“
In den 1980er Jahren wurde es üblich, zwischen dem „biologischen“ und dem „sozialen Geschlecht“ eines Menschen zu unterscheiden. Mit dem biologischen Geschlecht („sex“) war der Körper /die Anatomie gemeint, mit dem sozialen Geschlecht („gender“), bezeichnete man die Geschlechterrolle bzw. das, was Männern und Frauen kulturell zugeschrieben wurde. Die Unterscheidung von „sex“ und „gender“ wurde von vielen TheoretikerInnen und Aktiven begrüsst, denn sie erlaubte, Vorurteile über Frauen- und Männerrollen sowie die daraus abgeleiteten Ungerechtigkeiten, z.B. in der Arbeitsteilung und beim Lohn, zu entlarven.
Bis Ende der 1970er Jahre gab es die verbreitete (und von den Herrschenden ausgenützte) Ansicht, Frauen seien von Natur aus für Haushalt und Kinder bestimmt. Deshalb vermuteten Gleichstellungsfeministinnen gleich einen sogenannten „Biologismus“, wenn sich die Diskussion um Unterschiede zwischen Männern und Frauen drehte. Biologismus ist eine Ideologie, nach der alles Gesellschaftliche auf angeborene Fähigkeiten zurückgeführt wird. Biologistische Ansichten sind seit der Zunahme ideologiekritischer WissenschaftlerInnen stark zurückgegangen. So behauptet heute kaum mehr jemand, dass Frauen von Natur aus geeigneter seien, die (unbezahlte) Haus- und Familienarbeit zu erledigen.
Die zweite Frauenbewegung in Nordamerika und in Europa
Die Diskussion um die Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres biologischen Geschlechts hat eine grosse Bedeutung. Man kann zeigen, dass in sehr vielen Regionen der Welt Männer Frauen systematisch mit Gewalt bedrohen, ihre reproduktiven Rechte beschneiden und Frauen von wichtigen gesellschaftlichen Funktionen ausschliessen. In Nordamerika und Europa machte die sogenannte zweite Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre insbesondere das Recht der Frauen auf Abtreibung und die selbstbestimmte Mutterschaft zum Thema. Die Bewegungen der Frauen wurden so breit, dass sich die Herrschenden damit befassen mussten. In einigen Ländern, so auch der Schweiz, wurden längst überfällige Reformen realisiert (Stimm- und Wahlrecht auch für Frauen, Reform Abtreibungsgesetz, Reform des Eherechts).
Die internationale Frauenbewegung
An der ersten UN-Weltfrauenkonferenz 1975 in Mexiko-Stadt wurde deutlich, wie verschieden die Lebensverhältnisse der Frauen auf den verschiedenen Kontinenten aussahen, und wie leicht Regierungsmitglieder
die Schlussdeklaration beeinflussen konnten (so wurde z.B. auf Antrag einiger Staaten Zionismus mit Rassismus gleichgesetzt, der Begriff Sexismus kam jedoch nicht vor). Für die internationale Frauenbewegung war es also von Anfang an eine grosse Belastung, dass Herrschende den Diskurs mitbestimmten (um ganz andere als Fraueninteressen zu fördern), und dass es noch keine demokratisch organisierte Kommunikation zwischen Frauen aus unterschiedlichen Kontinenten, Kulturen und sozialen Schichten gab. Dies änderte sich erst ab den 1980er Jahren.
Von Anfang an war es so, dass – je nach Land, aus dem eine Delegierte kam – unterschiedliche Themenkreise wichtig waren: in kriegsversehrten Ländern waren zum Beispiel Schutz vor Gewalt und die Überwindung des Krieges besonders wichtig, in anderen Gegenden ging es hauptsächlich um den Zugang der Frauen zu Verhütungsmitteln
, in wieder anderen um gleiche Bildungschancen für Frauen. Wir praktizierten an den internationalen Frauenkonferenzen also in gewisser Weise den Ansatz der Differenz, betonten jedoch stets die gemeinsamen Interessen, die wir zusammen verteidigen wollten.
Frauenanliegen, Systemkritik und Ökologie
Zu den folgenden UNO-Frauenkonferenzen und weiteren internationalen Zusammenkünften wurden auch Nichtregierungsorganisationen eingeladen, was den Einfluss von Regierungen zurückband und die basisdemokratische Meinungsbildung förderte. Die wahrscheinlich grössten Erfolge für die Sache der Frauen wurden am Umweltgipfel in Rio de Janeiro 1992 sowie an der 4. UN-Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 erzielt. Für diese Konferenzen engagierten sich neben nationalen Behörden auch zahlreiche NGOs.
Tausende von Frauen erarbeiteten in Tausenden von Arbeitsstunden Forderungen, die die Welt verändern sollten: politische und rechtliche Gleichstellung der Geschlechter, gleiche Bildungschancen für Frauen, Anerkennung des Rechts auf einen Schwangerschaftsabbruch, Zugang zu Verhütungsmitteln, Etablierung einer gerechteren Entwicklungspolitik sowie Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung ohne Ausbeutung von Mensch und Natur.
Auch die Friedens- und Ökologiebewegung bezog Geschlechterfragen mit ein. Alle sozialen Bewegungen versuchten die Zusammenhänge zwischen der aktuellen Weltwirtschaftsordnung und den Kriegen in der Welt zu verstehen. Ebenso wurde nach Gründen gesucht, weshalb die Industrieländer ihre natürlichen Ressourcen derart übernutzten. In diesen bewegten Jahren wurde enorm viel wissenschaftlich erforscht und die Hinweise, dass es Zusammenhänge gab zwischen Geschlechterrollen und gewalttätigen, naturfeindlichen oder ausbeuterischen Strukturen, verdichteten sich.
Neben kulturkritischen ForscherInnen, Friedensfrauen und Ökofeministinnen6 gab es auch die Gleichstellungsfeministinnen, die hofften, dass eine angemessene Frauenvertretung in allen politischen Gremien und Machtpositionen die entscheidende gesellschaftliche Wende bringen werde.
Ich konnte an der internationalen Frauenkonferenz zur Vorbereitung der feministischen Position zu den Gen- und Reproduktionstechnologien teilnehmen, die im Oktober 1991 in Rio de Janeiro stattfand. So erlebte ich hautnah, wie wertvoll der Austausch unter Frauen aus unterschiedlichen Ländern war. Wir erklärten uns gegenseitig, weshalb wir die Angebote der Reproduktionsmedizin als frauenfeindlich einstuften bzw. weshalb wir die Befürchtung hegten, dass die Anwendung von Methoden der pränatalen Diagnostik mädchenfeindliche Folgen haben würde (wie wir heute wissen, haben diese Methoden in Indien und anderen Ländern dazu beigetragen, dass wir heute in gewissen Regionen auf 100 Männer bloss noch 80 Frauen zählen). Wir vermuteten zudem, dass die männlichen Reproduktionsmediziner, die Geburten auch ausserhalb des weiblichen Körpers ermöglichen wollten, von einem Gebärneid7 getrieben waren.
Dass wir immer wieder auf die patriarchalisch definierten Geschlechterrollen zu sprechen kamen, war auf diesen Konferenzen sehr hilfreich. Dies erlaubte uns, aktuelle Phänomene als veränderlich zu begreifen: Männer waren nicht von Natur aus gewalttätig oder ungerecht – es waren die Machtverhältnisse und die kulturellen Strukturen, die sie dazu machten. Konsequenterweise nahmen Feministinnen vieler Länder dann auch die Fragen der Geschlechterklischees in ihre Analysen auf, auch die Verfolgung oder Stigmatisierung von lesbischen Frauen war bereits ein Thema. Die Idee jedoch, dass das biologische Geschlecht kulturell bedingt sein sollte, spielte in keiner Frauenbewegung der Welt eine Rolle: Die meisten Frauen waren auch nicht Akademikerinnen, sondern Frauen, die mit praktisch arbeitenden Frauen verbunden waren, und deren Nöte kannten. Und diese Nöte hatten damals und haben heute sehr viel mit dem Frauenkörper zu tun.
Nachhaltigkeit
In die Diskussion um Nachhaltigkeit konnten wir Anfang der 1990er Jahre endlich die Ergebnisse unabhängiger Wirtschafts- und Sozialforschung einbringen: Es sind in praktisch allen Ländern des Südens die Frauen, die die Ernährung sicherstellen, Frauen leisten mehr Arbeit als Männer und Frauen übernehmen deutlich mehr Verantwortung für Gesundheit und Familienplanung. Aber die arbeitenden Frauen werden bei wirtschaftspolitischen Entscheiden nie gefragt!
Am Umweltgipfel in Rio wurden diese wichtigen Erkenntnisse erstmals international anerkannt: Sie flossen in die Definition nachhaltiger Entwicklung ein. Eine nachhaltige Entwicklung sollte gleichzeitig die ökologischen Grenzen des Planeten, die wirtschaftliche Machbarkeit und die soziale Gerechtigkeit berücksichtigen. Zur sozialen Dimension gehörten auch die Geschlechtergerechtigkeit und die Respektierung der Menschenrechte. Endlich anerkannte man die reproduktiven Rechte der Frauen und nahm Abstand von der bisher üblichen „Bevölkerungskontrolle“. Die Bevölkerungspolitik der Nachkriegszeit wurde von den Feministinnen als frauenfeindlich, rassistisch und für die Schonung natürlicher Ressourcen als nutzlos entlarvt.
Die postmoderne Wende
Allerdings gab es Anfang der 1990er Jahre innerhalb der Intellektuellen auch Ansichten wie die von Judith Butler8, nämlich dass die Unterscheidung zwischen „sex“ und „gender“ den Feminismus nicht weiterbringe. Für die Dekonstruktion der bisherigen Begriffe lehnte sich Butler an postmoderne Philosophen an und postulierte, es spiele sowohl für die biologische wie für die soziale Komponente des Geschlechts eine Rolle, wie man sie benenne. Die VerfechterInnen der sogenannten Gendertheorie und später der Queertheorie, die sich u.a. auf Judith Butler berufen, fassten in der Folge nicht bloss das soziale, sondern auch das biologische Geschlecht als eine Art kulturelles Konstrukt auf.
Zwar akzeptierten die wichtigsten Vertreterinnen der feministischen Theorie und Praxis den Ansatz Butlers ausdrücklich nicht (vgl. Anmerkung 8), dennoch setzte sich diese Art des Denkens durch: An Universitäten, in Menschenrechtsdiskursen, bei vielen Aktivistinnen und Aktivisten. Weshalb wohl?
Die postmodernen Ansätze wurden in einer Zeit formuliert, in der der Kapitalismus in seine heutige, in die sogenannt neoliberale und globalisierte Form, überführt wurde. Diese ideologische Veränderung innerhalb des bestehenden Wirtschaftssystems hatte auch auf das gesellschaftliche Leben grossen Einfluss. Alles wurde privatisiert und liberalisiert, das Individuum überhöht, jeder Gedanke ans Gemeinwohl als altmodisch und ineffizient abgetan.
Die Frauenbewegung erzielte gleichzeitig kleine Erfolge: Viele Menschen versuchten, Frauen nicht mehr abzuwerten. Auch versuchten viele Paare ganz ernsthaft, ihre Liebesbeziehungen partnerschaftlich zu gestalten. Es gab auch mehr Frauen in hohen politischen Ämtern. Verbände halfen, Lohnklagen durchzuziehen, um die schlechtere Bezahlung von Frauen zu bekämpfen.
Dass an den Universitäten, wo ja Frauen als Dozierende stark in der Minderheit waren, dann ausgerechnet die Verfechterinnen von Judith Butlers Ansatz als Professorinnen gewählt wurden, ist auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar. Macht man sich damit vertraut, welchen Teilen der Gesellschaft die Gendertheorie nützt, kommt man schon eher darauf, was da eigentlich passiert ist. Bevor ich diese politischen Zusammenhänge weiterverfolge, möchte ich nun einige biologische Grundlagen ausführlich darstellen.
Das biologische Geschlecht ist ein Ergebnis der Evolution
Das biologische Geschlecht ist aus wissenschaftlicher Sicht eindeutig keine „kulturelle Konstruktion“; es ist ein Ergebnis der Evolution, vgl. Kasten 1. Im Lauf der Evolution passte sich jede Lebensform, ob einzellig oder vielzellig, ob zwittrig oder in zwei Geschlechtern existierend, ihrer Umgebung an. Bei sehr vielen Lebewesen, darunter bei den meisten Wirbeltieren, ist das Vorkommen von Weibchen und Männchen die Regel. Daraus meinten gewisse BeobachterInnen ableiten zu können, dass es allgemeingültige „weibliche“ und „männliche“ Prinzipien gebe. Alle Fortpflanzungsformen sowie Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Fortpflanzung lassen sich jedoch nur im Zusammenhang mit dem Lebensraum und der Evolutionsgeschichte eines Lebewesens richtig einordnen. Insofern gibt es weder ein universell weibliches noch ein universell männliches Verhalten, das über alle Tiere hinweg als Prinzip gelten würde. Feministische Wissenschaftlerinnen haben sehr früh auf diese Vorurteile innerhalb der zoologischen Forschung hingewiesen. Auch die Philosophie, die Psychologie und die Soziologie wurden einer entsprechenden Kritik unterzogen.
Interessanterweise gab es bereits im 19. Jahrhundert Forscher, die in ihren Untersuchungen die ideologische Brille des Patriarchats ablegen konnten, so auch der Begründer der Evolutionstheorie, Charles Darwin. In den Kästen 2 und 3 wird eine Übersicht über die evolutionären Selektionsmechanismen gegeben.
Die sogenannten „Geschlechterrollen“ aus der Sicht der Biologie
Im Zusammenhang mit der Bedeutung der Biologie für den Menschen gibt es – wie nicht anders zu erwarten ist – auch wissenschaftlich überholte oder durch bestimmte Ideologien verzerrte Darstellungen.
So schrieb der bekannte Verhaltensforscher Eibl-Eibesfeldt, dass Menschen von Natur aus in Kleinfamilien lebten und die Geschlechterrollen stammesgeschichtlich fixiert seien.9 Zu einer allfälligen biologischen Dimension von menschlichen Geschlechterrollen nehme ich später noch Stellung.
Auch Feministinnen behaupteten zum Teil Falsches: Zum Beispiel, das weibliche Prinzip sei das stärkere, weil das X-Chromosom viel grösser sei als das Y-Chromosom – und dies gelte für alle Organismen10. Die Autorin dieser Schrift hatte einfach falsch recherchiert: Bei Fischen, Reptilien und Vögeln gibt es z.B. kein Y-Chromosom und die biologischen Geschlechter kommen bei diesen Tiergruppen nicht durch die Kombination von XX bzw. XY zustande.
Verhaltensökologie
Was kann man nun von der Verhaltensökologie her (dem modernsten Teil der Evolutionsbiologie) zum biologischen Geschlecht und zu den biologischen Geschlechterrollen sagen?
Jede Tierart kennt ein arttypisches Fortpflanzungssystem (mit dem dazugehörigen Paarungssystem und Brutpflegeverhalten). Je nach Umwelt und je nach evolutionärer Vorgeschichte einer Art kann es dann zu Unterschieden in Aussehen und Verhalten, dem sogenannten Geschlechtsdimorphismus kommen.
Im KASTEN 4 werden Beispiele für biologisch bedingte Geschlechterrollen im Tierreich vorgestellt.
Bei Wirbeltieren, insbesondere bei Vögeln und Säugetieren, sind sehr viele Arten gut erforscht. Weil Menschen Säugetiere sind, werde ich besonders auf diese Tiergruppe zu sprechen kommen.
Grundsätzlich geht man in der Biologie davon aus, dass jedes Geschlecht sein Verhalten im Verlauf der Evolution hinsichtlich Fortpflanzungserfolg optimiert hat. Fortpflanzungserfolg stellt sich dann ein, wenn eigene
Gene an die nächste Generation weitergegeben werden können. Für Männchen ist die physische Investition für die Herstellung von Spermien relativ klein, da Spermien sehr kleine Zellen sind. Für Weibchen ist dagegen jede Eizelle eine vergleichsweise hohe energetische Investition. Deshalb erwartet man, dass sich weibliche Tiere nur dann paaren, wenn ihre Chancen auf überlebensfähige Junge intakt sind. Bei Männchen erwartet man, dass sie weniger wählerisch sind, denn sie haben energiemässig weniger zu verlieren. Je nach Tierart ist dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern grösser oder kleiner.
Für die Etablierung eines Paarungs- und Fortpflanzungssystems ist letztlich die Ökonische, in der eine Art in den letzten Jahrzehnten oder Jahrhunderte lebte, entscheidend. Die in der Ökonische vorhandenen Selektionsfaktoren (Nahrungsverfügbarkeit, Feinddruck, Klima etc.) entscheiden im Lauf der Evolution darüber, welches Geschlecht welche Rolle einnimmt. Die biologischen Geschlechterrollen sind in dem Sinne Anpassungen an eine bestimmte Umwelt. Dabei spielen die anatomischen und physiologischen Grundvoraussetzungen einer Tiergruppe ebenfalls eine Rolle: Vögel legen Eier, höhere Säugetiere besitzen eine Gebärmutter und ernähren ihre Jungen mit Muttermilch. Weil bei Säugetieren anatomisch und physiologisch Grenzen des väterlichen Beitrags in die Jungenaufzucht existieren (für ein weibliches Säugetier ist die Investition immer deutlich höher), gibt es keine Säugetierart, bei der die Geschlechter exakt gleich aussehen und sich exakt gleich verhalten. Bei Vögeln ist dies in Bezug auf äussere Merkmale und das Engagement im Brutverhalten möglich, da sich der unüberwindliche Geschlechterunterschied nur auf die Produktion der Eier bezieht.
Die Erforschung der Geschlechterrollen im Tierreich war keineswegs einfach und vorurteilsfrei. Männliche Biologen gingen bis in die 1980er Jahre davon aus, dass weibliches Verhalten stets durch Unterordnung unter das Männchen gekennzeichnet sei. Auch nahmen sie an, dass männliche Tiere immer die grösseren und kräftigeren seien, und demzufolge jedes Sozialsystem dominierten. Dies ist, wie die empirische Forschung zeigt, nicht der Fall.
Ab den 1980er Jahren verstärkte sich die Aktivität der ForscherInnen in zweierlei Hinsicht: Man strebte nach einer Überwindung der Geschlechterideologie in der biologischen Forschung und suchte nach einer klaren Definition von „gender“.
Primatenforschung
„Gender“ kann ausschliesslich als kulturelle Zuschreibung von Eigenschaften verstanden werden oder aber als etwas, dem sowohl eine biologische Grundlage als auch eine kulturelle Zuschreibung zugrunde liegt. Wer
sich nicht von vornherein der Erforschung möglicher biologischer Grundlagen verschliesst, wendet sich mit Vorteil der Primatenforschung zu: Will man eine mögliche biologische Grundlage von Geschlechterrollen beim Menschen finden, muss man sich unbedingt mit den Bonobos und den Gewöhnlichen Schimpansen und deren Anatomie und Verhalten beschäftigen, denn sie sind unsere nächsten Verwandten.
Durch ForscherInnen wie Jane Goodall, Nancy Tanner, Frans de Waal und vielen andern konnten grosse Fortschritte in der Primatologie verzeichnet werden. Wenn wir die menschliche Sexualität und allfällige biologische Grundlagen menschlicher Geschlechterrollen evolutionär besser verstehen wollen, müssen jedoch noch viele Anstrengungen unternommen werden. So fehlen etwa Daten zur gegenseitigen Partnerwahl, zur Entwicklung des Immunsystems aufgrund der Neukombination von Erbgut, zur Orgasmusfähigkeit, zu den Funktionen sexueller Aktivität, zur Bedeutung der Menopause bei der Frau und zur Evolution der sekundären Geschlechtsmerkmale beider Geschlechter.
Die biologischen Grundlagen des sozialen Geschlechts beim Menschen
Nach naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zeichnet sich ab, dass das soziale Geschlecht (gender) beim Menschen durchaus eine biologische Grundlage hat. Diese ist jedoch sehr allgemein und bezieht sich v.a. auf Funktionen, die direkt vom Körperbau abhängen. So sind die Verhaltensweisen des Gebärens und Stillens nur bei der Frau vorhanden, da nur sie über eine Gebärmutter und über funktionierende Milchdrüsen verfügt. Ein ganz kleiner Unterschied im Bau des Gehirns ist dafür verantwortlich, dass aggressives Verhalten beim Mann leichter mit sexuellen Verhaltensweisen gekoppelt werden kann11. Vermutlich spielt bei der Frau der Geruchssinn bei der Partnerwahl eine grössere Rolle als beim Mann. Alles andere an Eigenschaften wie Fürsorglichkeit, Aggressivität, Kreativität, Abstraktionsvermögen, soziale Kompetenz, Feinfühligkeit usw. sind individuelle menschliche Eigenschaften, die bei beiden Geschlechtern in gleichem Masse ausgebildet sein können. Dass Frauen angeborenerweise fürsorglicher seien, weil sie einen Mutterinstinkt haben, ist widerlegt. Mütterliches Verhalten sowie Fürsorge ist bei Menschenaffen und Menschen erlernt. Die Fähigkeit, empathisch zu sein und fürsorgliches Verhalten lernen zu können, gehört zum genetisch fixierten Erbe des Homo sapiens und kann von beiden Geschlechtern erwartet werden.
Der Mythos vom „Jäger“
Man weiss, dass bei vielen Menschengruppen, auch bei den ausgestorbenen Neandertalern, Männer und Frauen zur Jagd gingen. Die populäre Setzung „Mann = Jäger“, „Frau = Näherin und Köchin“ ist also wohl ein Mythos. Jedenfalls können keine typisch männlichen psychischen Eigenschaften ererbt von einem „Urjäger“ abgeleitet werden, sowenig wie es eine „Urfrau“ gab, die vom Kochen her – oder noch schlimmer – vom Beschütztwerdenwollen her eine „weibliche Psyche“ ausgebildet haben muss.
Die Frage, wie weit Männer von ihrer Natur her geeignet sind, Kleinkinder zu betreuen, ist zentral. Geht es doch darum, wie weit Männer geeignet sind, einen angemessenen Beitrag in der Erziehung zu leisten. Nach bisherigen Erkenntnissen werden Männer, die ein Neugeborenes gleich nach der Geburt sehen und später sein erstes Lächeln erleben, in ähnlicher Weise auf das Kind geprägt wie Frauen. Es scheint durch die Kommunikation zwischen dem Neugeborenen und seinen Betreuungspersonen eine Freisetzung von Hormonen zu geben, die die Motivation, das Kind zu schützen und zu füttern, enorm verstärkt. Zusätzlich kann jedes männliche und weibliche Wesen ganz praktisch die Betreuung und Pflege eines Kleinkindes lernen, insbesondere, wenn gute Vorbilder vorhanden sind, die man nachahmen kann. Interessanterweise übernehmen in der freien Wildbahn zuweilen auch männliche Schimpansen Betreuungsaufgaben, zum Beispiel, wenn ein Geschwister verwaist. Dies klappt jedoch nur, wenn das Schimpansenkind bereits entwöhnt ist.
Körper und Seele gehören zusammen
Nicht nur in der Verhaltensforschung, auch in der Neurobiologie und der Hormonforschung hat es grosse Erkenntnisgewinne gegeben: Man kann heute zeigen, dass Lernvorgänge und Reaktionen auf Hormone beim Menschen nach den gleichen Regeln ablaufen wie bei anderen Säugetieren. Emotionen und Gefühle haben für Menschen eine überragende Bedeutung, und: in dieser Hinsicht gibt es nur graduelle Unterschiede zwischen Menschenaffen und Menschen. In der Neurobiologie hat man nicht nur die Gefühle und Motivationen für das menschliche Denken neu bewertet, man hat auch den Dualismus überwunden: Die Ausbildung der Psyche ist eng verbunden mit körperlichen Vorgängen. Man konnte Umwelteinflüsse, z.B. Gewalterfahrungen, bis auf die Ebene des Zellkerns nachweisen. So gesehen gibt es keine vom Körper unabhängige Seele.12 Auf der anderen Seite gibt es noch Vieles, was man besser erforschen muss. So ist z.B. unklar, wie sich die sogenannte Geschlechtsidentität ausformt. Das einfache Modell, wonach einzig die Konzentration der Geschlechtshormone ausschlaggebend sei, musste verworfen werden, weil es viele klinische Fälle gibt, die dieser Hypothese widersprechen. Man muss die Reifung und die Arbeit des Gehirns von mehreren Seiten her weiter erforschen: Von physiologischen Zuständen, neuronaler Aktivität als auch vom Erleben des Individuums her. Dass der Körper (und mit ihm das – möglicherweise nicht eindeutige – biologische Geschlecht) einen Einfluss auf die Geschlechtsidentität hat, ist naheliegend und von naturwissenschaftlicher Seite unbestritten. Zudem muss erforscht werden, inwieweit Rollenbilder und persönliche Vorbilder die Ausbildung der Geschlechtsidentität beeinflussen. Beim Thema sexuelle Orientierung hat man schon grössere Klarheit: Es scheint, dass die Bedürfnisse nach Nähe früh verknüpft werden können mit sexuellen Gefühlen. So hängt es von der Geschichte eines Menschen ab, ob er sich sexuell auf das eigene, auf beide oder aufs andere Geschlecht orientiert.
Die Festlegung des biologischen Geschlechts beim Menschen
Die Festlegung des biologischen Geschlechts kann unterschiedlich organisiert sein: So entwickelt sich ein Vogel mit zwei verschiedenen Geschlechtschromosomen (XZ) zu einem Weibchen, einer mit zwei gleichen Geschlechtschromosomen (XX) zu einem Männchen. Bei Säugetieren ist das biologische Geschlecht genetisch, chromosomal und hormonell festgelegt. Trägt ein Individuum Zellen mit einem X und einem Y-Chromosom, dann entwickelt es Hoden und wird zum Männchen, trägt es Zellen mit XX, wird es zum Weibchen, bildet Eierstöcke aus und kann in seiner Gebärmutter Jungtiere austragen. Auf dem viel kleineren Y-Chromosom, das sich im Lauf der Evolution aus einem X-förmigen Chromosom entwickelt hat, befinden sich einige sehr wichtige Gene, die ausschliesslich für den Aufbau eines männlichen Körpers und für die Produktion des männlichen Geschlechtshormons Testosteron zuständig sind. Auf dem X-Chromosom dagegen befinden sich ausser den Erbinformationen für die Ausbildung des weiblichen Körpers und der weiblichen Geschlechtshormone auch noch viele andere, nicht geschlechtsspezifische Gene. Wie bei allen Genen spielt auch bei geschlechtsspezifischen Genen eine grosse Rolle, wie die Genregulation organisiert ist. Eine Mutation auf einem Regulatorgen kann grosse Auswirkungen haben; ebenso ein mit der Nahrung aufgenommener Stoff, der mit den Faktoren, die Gene regulieren, interagiert.
Die Steuerung der Entwicklung und somit auch der Ausbildung des biologischen Geschlechts ist bei vielen Tieren und auch beim Menschen sehr komplex: Hormone des Muttertieres, Stoffwechselprodukte und andere Umgebungsfaktoren beeinflussen schon die Entwicklung des Embryos. Später kann es ebenfalls noch sensible Phasen geben, in denen Umgebungsfaktoren wirken können.
Bei aller Komplexität: Bisher wurde jedoch noch nie beobachtet, dass die Art, wie ein junger Mensch erzogen wird, das biologische Geschlecht verändert. Empirisch ist also widerlegt, dass kulturelle Zuschreibungen einen direkten Effekt aufs biologische Geschlecht haben.
Geschlechtervarianten beim Menschen
Das biologische Geschlecht beim Menschen wird letztlich morphologisch und anatomisch definiert, auch wenn die körperlichen Merkmale natürlich von genetischen und chromosomalen Voraussetzungen abhängig sind. Menschen, deren Körper bei der Geburt oder später Abweichungen aufweist, wurden früher als Intersexuelle bezeichnet. Heute spricht man medizinisch meist von Personen mit Störungen in ihrer Geschlechtsentwicklung (Disorders of sex development DSD). Diese Störungen können durch viele verschiedene Faktoren bedingt sein: Durch genetische, zellbiologische, chromosomale und /oder hormonelle Ursachen. Viele Personen mit DSD sind unfruchtbar. Die Forschung zu dieser Frage hat viel Erstaunliches zu Tage gefördert: Es scheint z.B. relativ viele Frauen zu geben, die neben den für sie typischen XX-Zellen auch einzelne XY-Zellen besitzen und dasselbe bei Männern (neben XY-Zellen kommen auch XX-Zellen vor).13 Je nachdem, in welchen Geweben die Zellen des anderen Geschlechts vorkommen und je nachdem, welche Gene abgelesen werden, kann dies einen spürbaren Einfluss auf das betroffene Individuum haben oder völlig unbemerkt bleiben.
Auch wenn wir heute sehr viel mehr Betroffene kennen, bleibt doch festzuhalten, dass die Zahl der Menschen mit DSD im Verhältnis sehr klein ist. Eine Schätzung in einem medizinischen Lehrbuch14 geht für Deutschland davon aus, dass bei 1 von 5000 Geburten DSD diagnostiziert wird. Anne Fausto-Sterling gibt etwas höhere Zahlen an, sie schätzt, dass 1,7% der Weltbevölkerung in irgendeiner Form nicht ins Schema Frau oder Mann passen.15Allerdings sind bei dieser Schätzung mehr Menschen miteinbezogen, nicht bloss diejenigen, die mit einer Geschlechtervariante zur Welt gekommen sind.
Geschlechtsidentität
Der englische Ausdruck „gender“ kann auch für die Bezeichnung der Geschlechtsidentität verwendet werden. Unter der geschlechtlichen Identität wird die Selbstwahrnehmung und Identifizierung mit einem biologischen Geschlecht verstanden. Die Frage nach Geschlechtsidentität ist kompliziert, weil es mehrere Definitionen und mehrere Perspektiven darauf gibt. Ich wende mich zuerst dem Fall zu, dass eine Person, die mit einer Geschlechtervariante geboren wurde, sich im Lauf ihres Lebens nicht klar als Frau oder Mann empfinden kann (nicht-binäre Identität oder geschlechtslose Identität) oder eine andere Identität ausbildet, als vom körperlichen Status her erwartet (Transidentität). Betroffene berichten, sie könnten das, was als weiblich oder männlich gelte, nicht oder nicht stabil empfinden (nicht-binäre Personen) oder fühlten sich dem anderen biologischen Geschlecht zugehörig (Transpersonen). Man kennt noch nicht alle Faktoren, die die Geschlechtsidentität bestimmen. Man beobachtet aber, dass die allermeisten Menschen eine mit ihrem biologischen Geschlecht übereinstimmende Geschlechtsidentität haben. Auch Menschen, die homosexuelle Beziehungen bevorzugen, haben in der Regel kein Problem, sich mit dem eigenen Geschlecht zu identifizieren.
Die Queerbewegung postuliert, es gebe viele verschiedene Geschlechter, weil es viele verschiedene Geschlechtsidentitäten gebe. Diese Analyse ist falsch, denn Geschlechtsidentität ist nicht gleich biologisches Geschlecht und auch nicht gleich Geschlechterrolle. Nur für Geschlechterrollen kann man sagen, dass eine beliebige Vielfalt existiert und dass jedes Individuum auch frei wählen kann, welche kulturellen Erwartungen und Rollenbilder es wie miteinander kombinieren möchte. Für die Wahl der Geschlechtsidentität, die sexuelle Orientierung und erst recht für das biologische Geschlecht gibt es diese Freiheit nicht.
Weshalb denn das Bestreben, den freien Eintrag des Geschlechts im Personenstandsregister zu erreichen? Ich denke, das hat sehr viel mit Medizingeschichte und mangelnder Akzeptanz von Menschen mit Geschlechtsvariante zu tun.
Eingriffe, die die Grundrechte verletzen
Viele Menschen mit uneindeutiger Geschlechtsentwicklung haben bis vor kurzer Zeit ethisch nicht verantwortbare Eingriffe in ihre körperliche Integrität erfahren, weil es in Medizin und Psychologie die Vorstellung gab, man müsse diesen Menschen durch Operationen bereits im frühen Kindesalter helfen. Diese Vorstellung ging davon aus, dass Menschen mit abweichenden körperlichen Merkmalen grundsätzlich kein glückliches Leben führen könnten. Und, wie sehr oft in patriarchalen Verhältnissen, hielt man es nicht für nötig, die Betroffenen zu fragen – ja, man informierte sie nicht einmal darüber, was für ein medizinisches Syndrom vorlag. Auch Eltern betroffener Kinder wünschten zum Teil, dass man operierte – auch bei ihnen gab es die kulturell bedingte Vorstellung, wenn jemand keine konventionelle Sexualität ausleben könne, sei dies unzumutbar. (Pikant ist, dass bei Frauen unbedingt eine Dehnung der Vagina gemacht oder eine Vaginaplastik eingesetzt werden musste – dahinter stand die patriarchalische Vorstellung, ein zukünftiger männlicher Partner müsse doch penetrieren können, sonst fehle etwas.)16
Zu Recht weist man vehement auf diese Menschenrechtsverletzungen hin, die im Namen der Medizin begangen wurden. Es ist auch richtig, dass man sich ausführlich damit beschäftigt, wie man die Rechte Betroffener wirksam schützen kann.
An erster Stelle sollte das Akzeptieren des Faktums stehen, dass es Menschen mit einer Abweichung in der Ausbildung der Geschlechtsteile gibt. Auf keinen Fall darf eine Operation ohne ausdrückliche Zustimmung eines Kindes erfolgen. Operieren ist immer mit Schmerzen und Narben verbunden – so ist es zwingend, dass man das Kind offen und ehrlich über alles informiert – es reicht nicht, die Zustimmung der Eltern einzuholen. Möglicherweise lebt dann ein Kind viele Jahre, ohne dass es biologisch gesehen eindeutig Mann oder Frau ist. Das kann belastend sein. Das Umfeld sollte alles dafür tun, dass diese Belastung nicht zu gross wird.
Im Laufe ihres Lebens sollten betroffene Menschen dann ihr amtliches Geschlecht eintragen lassen können: weiblich, männlich oder keins von beidem. Es sollte auch möglich sein, dass man den Geschlechtseintrag ändern lässt: Nämlich dann, wenn sich erst im Lauf des Lebens herausstellt, dass man sich mit Hormonen behandeln oder operieren lassen will.
„Unwohlsein im eigenen Körper“ und Geschlechtsinkongruenz
Neben Personen, die eine angeborene Geschlechtsentwicklungsstörung aufweisen, gibt es auch Menschen, die einen normal ausgebildeten männlichen oder weiblichen Körper haben und angeben, sich mit ihrem Körper und / oder dem eigenen biologischen Geschlecht nicht identifizieren zu können. Bei diesem Phänomen, das in den letzten 15 Jahren stark zugenommen hat, spricht man von Geschlechtsidentitätsstörung oder Geschlechtsinkongruenz. Die Queertheorie geht davon aus, dass nicht nur das soziale, sondern auch das biologische Geschlecht von kulturellen Zuschreibungen abhängig sei. In vielen Ratgebern steht, dass es ein Menschenrecht sei, sein Geschlecht selber zu definieren und dass einzig und allein zähle, was ein Mensch empfindet bzw. wie er sich selbst definiert. (Der Bundesrat hat nun den Weg frei gemacht, dass jede Person ihren Eintrag ändern kann, aber an den Kategorien weiblich/männlich wurde festgehalten, es gibt kein „divers“ oder eine andere Möglichkeit.5)
Es ist unbestritten, dass es angemessene Hilfe für Menschen geben muss, die unter Geschlechtsidentitätsstörung leiden. Diese Hilfe sollte jedoch nicht ausserhalb jeglicher körperlicher Realitäten angesiedelt sein.
Auch kann man nicht allen Betroffenen dadurch helfen, dass man sie das eingetragene Geschlecht ändern lässt. Es gibt Menschen, die empfinden ein Unwohlsein im eigenen Körper, das nicht durch Umdefinieren (und auch nicht durch Operationen) aus der Welt zu schaffen ist. Es wäre sinnvoll, die Suche nach möglichen Ursachen für Geschlechtsinkongruenz zu verstärken und auch der Frage nachzugehen, weshalb dieses Phänomen in den letzten Jahren um ein Vielfaches zugenommen hat. Es ist möglich, dass psychologische Erklärungen mithelfen, das Rätsel zu lösen, genauso ist es denkbar, dass neue Erkenntnisse in Biochemie und Genetik hilfreich sein werden.
Kulturelle Erwartungen an Frauen und Männer
Die stereotypen Männer- und Frauenrollen in Europa sind seit 40 Jahren erfolgreich thematisiert worden und es hat sich einiges bewegt. Insbesondere wird heute kein Mann mehr als unmännlich beschimpft, wenn er Pfleger oder Kindergärtner wird; Frauen, die nicht gerne kochen oder nicht gerne Kinder hüten, haben nicht mehr zu befürchten, dass man ihnen ihre Weiblichkeit abspricht. Die Erweiterungen der Geschlechterrollen haben viel Druck von den Menschen weggenommen. Wäre 1960 in der Schweiz eine Frau mit dem Wunsch aufgetreten, sich zum Mann umwandeln zu lassen, hätte eine mögliche Erklärung gelautet: Diese Frau will einfach die gleichen Rechte wie ein Mann, sie ist es leid, dass sie als Frau nicht abstimmen gehen oder Mitglied des SAC werden darf. Glücklicherweise ist hinsichtlich rechtlicher und gesellschaftlicher Gleichstellung viel passiert und es leuchtet von den heutzutage viel lockereren Rollenvorstellungen her nicht unbedingt ein, dass sich Frauen zu Männern oder Männer zu Frauen umwandeln lassen wollen.
In den letzten 30 Jahren ist auch die Toleranz gegenüber anderen Lebensformen und anderer sexueller Orientierung gewachsen.
Sexuelle Orientierung
Nach allem, was wir heute empirisch feststellen können, ist die sexuelle Orientierung mehr oder weniger unabhängig von der Geschlechtsidentität.
Die Faktoren für die Ausbildung der sexuellen Orientierung sind erst unvollständig bekannt. Vermutet wird, dass es eine sensible Phase in der Zeit vor und eine während der Pubertät gibt, in der eine Art Prägung auf ein Geschlecht stattfinden kann. Sicher ist, dass die Geschichte der emotionalen Entwicklung bzw. das Verhältnis eines jungen Menschen zu Familienmitgliedern und Bezugspersonen eine grosse Rolle spielt.
Bis etwa in die 1970er Jahre wurde Homosexualität in westlichen Ländern als Störung oder Krankheit betrachtet. Dank der amerikanischen Psychologin Evelyn Hooker, die nachwies, dass sich homo- und heterosexuelle Männer in ihrer psychischen Gesundheit nicht unterschieden17 sowie dank der Lesben- und Schwulenorganisationen wird dies heute anders gesehen. Aber bis heute werden homo- und bisexuelle Menschen in vielen Ländern der Welt verachtet oder sogar verfolgt. Betrachtet man die Länder mit der aggressivsten Homophobie, so sind es patriarchalische und repressive Systeme, in denen die Geschlechtergerechtigkeit in keiner Art und Weise realisiert ist. Wird das System gerechter gegenüber Frauen, steigt auch die Toleranz gegenüber Homosexuellen. Von daher ist es verständlich, dass die Gay-Organisationen auch den Kontakt mit Frauenorganisationen gesucht haben. Allerdings gibt es zwischen den Interessen von homosexuellen Männern und denjenigen von Frauen (gleich welcher sexuellen Orientierung) immer noch grosse Unterschiede. Frauen sind Männern in der unbezahlten und bezahlten Arbeit zum Beispiel noch längst nicht gleichgestellt. Homosexuelle Männer haben dagegen ökonomisch alle Privilegien, die auch heterosexuelle Männer besitzen.
Geschlechterrollen in unterschiedlichen Kulturen
Die Transgenderbewegung spricht von der Existenz eines dritten Geschlechts bzw. von der Existenz vieler Geschlechter. Dabei wird oft auf spezielle Geschlechterrollen und rechtliche Praktiken in anderen Kulturen verwiesen. Die Ethnologin Susanne Schröter hat sich vertieft damit befasst und ist zu folgendem Schluss gelangt: „Geschlecht ist eine merkwürdige Kategorie. Es gibt keine Kultur, die sich ihrer nicht bedient, und auch keine, die sie nicht dual konzipiert, die Kinder nicht bereits bei der Geburt entweder dem Männlichen oder dem Weiblichen zuordnen würde.“18
Wie ForscherInnen bereits in den 1980er Jahren beschrieben haben, gibt es eine grosse Vielfalt von weiblichen bzw. männlichen Rollen. Diese Vielfalt existiert sowohl bei der Ausübung von Arbeiten als auch bei der Art, wie Verwandtschaft definiert und die Rolle von sexuellen Beziehungen gesehen wird. Es gibt sehr unterschiedliche Partnerschafts- und Ehesysteme. Es gibt auch verschiedene Gesellschaften mit religiös oder anders begründetem Geschlechtsrollenwechsel. Homosexualität kann akzeptiert sein oder aber tabuisiert und verfolgt. Es gibt zudem Gesellschaften, die keine patriarchalische Ordnung ausgebildet haben, die höchstens eine Hierarchie nach Alter kennen, jedoch keine zwischen Männern und Frauen. Die menschlichen Gesellschaften zeigen tatsächlich eine ungeheure Vielfalt. Aber überall sind „Frau“ und „Mann“ kulturelle Kategorien, deren Verankerung in der Natur gesehen wird.
VertreterInnen der Gendertheorie gehen wie Judith Butler davon aus, dass die Zweigeschlechtlichkeit eine Vorstellung sei, die man sprengen müsse, deshalb haben sie auch Begriffe wie „Heteronormativität“ und „binäres System“ in die Diskussion gebracht. Sie argumentieren damit, dass Geschlechterstereotypen kulturell bedingt immer bloss zwei Möglichkeiten sähen und ein Individuum dadurch eingeengt, in ein „heteronormatives System“ bzw. „binäres System“ gezwungen werde. Das Verhältnis der Geschlechter sei stets als ein hierarchisches konstruiert, und nur wenn man die Heteronormativität aufbreche, sei eine Befreiung möglich. Diese Analyse verkennt jedoch, dass es Heterosexualität längst vor der Etablierung patriarchaler Herrschaftsverhältnisse gab. Auch hat die Tatsache, dass es männliche bzw. weibliche Geschlechtsidentität gibt, noch gar nichts mit Hierarchien zu tun hat. Meines Erachtens verkennen Judith Butler und normierungskritische Feministinnen nicht nur biologische Tatsachen, sondern ignorieren auch alles, was die vergleichende Ethnologie erforscht hat. Es ist ohne weiteres möglich, herrschende Vorstellungen von Geschlechterrollen, Sexualität, Familie, Ehe etc. in Frage stellen, ohne dass man annehmen muss, es gebe mehr als zwei biologische Geschlechter!
Schwangere Männer?
Einige AktivistInnen der Trans-Communitiy behaupten, es könnten auch Männer schwanger werden. In der Zeitschrift „Gen-ethischer Informationsdienst“19 erzählt jemand, wie sie ihre Brüste wegoperieren und sich zum Mann umwandeln liess. Zu dieser Transition gehörte auch die Änderung des weiblichen in einen männlichen Vornamen im Personenregister. Als dieser Transmann mit seiner Partnerin ein Kind haben wollte, entschied er sich, eine entsprechende Hormonbehandlung machen zu lassen und das durch Spermienspende gezeugte Kind in seiner Gebärmutter (die er noch besass), auszutragen. Während der Schwangerschaft wurde der Transmann stets als Frau angesprochen, was diesen sehr störte. Die Tatsache, dass – aus rechtlichen Gründen – im Geburtsschein des Kindes sein früherer weiblicher Name zu stehen kam und er als „Mutter“ bezeichnet wurde, bereitete ihm grosse seelische Schmerzen, wie er im Interview berichtet.
Spätestens bei diesem Beispiel wird klar, dass die freie Wahl des Geschlechts neue Probleme erzeugt.
Sehr wichtig scheint mir auch, dass wir die Entwicklung in reichen Ländern kritisch sehen: Hier wird ein Kind zum Projekt, dass jede/r mit jeglicher medizinisch-technischer Hilfe organisieren können muss. Ist das wirklich ein Weg hin zur Befreiung der Menschen von Herrschaft? Ist das ein gangbarer Weg in Richtung Nachhaltigkeit? Ich möchte daran erinnern, dass es beim Thema Kinder nicht nur ums individuelle Befinden der Eltern geht, sondern auch darum, dass jedes Kind das Recht hat zu erfahren, wer seine biologischen Eltern sind. Der Gesetzgeber muss sicherstellen, dass jedes Kind seine biologische Mutter und seinen biologischen Vater finden kann. Dies ist zwar in der Schweiz zur Zeit juristisch noch klar erfüllt, wird jedoch in der globalisierten Welt längst nicht mehr respektiert. Und: Auch für die Schweiz ist es leider nicht mehr möglich, zu verhindern, dass sich Paare mit Hilfe von Leihmüttern Kinder kaufen, obwohl in der Schweiz Leihmutterschaft verboten ist.
Die Postmoderne und ihr Verhältnis zur Wissenschaft
Bei der Lektüre verschiedener Vorschläge zur Aufhebung der Diskriminierung von Transpersonen und Nicht-Binären ist mir aufgefallen, dass auch amtliche Stellen und Universitäten Dinge publizieren, die wissenschaftlich nicht haltbar sind:
Auf dem Genderportal der Universität Duisburg wird eine Einführung in die Gender Studies gegeben. Dabei werden Begriffe, wie sie in sozialen Bewegungen definiert wurden, als aktueller Stand der Wissenschaften ausgegeben. Folgende Aussage zum Beispiel ist schlicht falsch: „Biologische “Tatbestände” sind Produkte kultureller Deutungen und auch Bewertungen.»20Und in der Stellungnahme21 der NEK zur Frage des Geschlechtseintrags im Personenregister las ich die folgenden Sätze: «Die Vorstellung eines fundamentalen Unterschieds zwischen Frauen und Männern hat sich im europäischen Raum erst im 18. Jahrhundert entwickelt. Bis dahin galten Frauen und Männer als ein und dasselbe Menschengeschlecht, wobei der Mann als «vollkommener» verstanden wurde als die Frau.» Die Mitglieder der NEK im Bereich der Humanmedizin haben hier eine wissenschaftlich höchst umstrittene Arbeit von Thomas Laqueur22 zitiert, ohne dies sichtbar zu machen. Dies – und auch die Tatsache, dass der Genderansatz unhinterfragt übernommen wird – hinterlässt einen schlechten Eindruck.Wenn es um das biologische Geschlecht geht, ist es selbstverständlich sinnvoll darauf hinzuweisen, dass rund um die biologischen Geschlechter auch Geschlechtermythen eine wichtige Rolle spielen, wie das die AutorInnen obiger Sätze vermutlich tun wollten. Aber Geschlechterrolle und biologisches Geschlecht gleichzusetzen ist meines Erachtens weder zulässig noch weitherum anerkannt.
Unklare Begrifflichkeit
Ich bin schon Leuten begegnet, die brauchen das Wort „sex“ für das biologische Geschlecht nicht mehr, weil sie der Ansicht sind, alles sei sozial geformt, also sei der korrekte Ausdruck „gender“. Schon allein daran wird klar, dass an der ganzen Diskussion einiges schiefläuft. Wenn man sex und gender nicht mehr auseinanderhält, wird gender zum Begriff, der letztlich beliebig verwendet wird.
Auch Queer-AktivistInnen müssen sich diesem Einwand stellen, hierzu ein Beispiel: In einem Interview sagt Lovis Hoppmann «Das Wort queer beschreibt alles, was nicht hetero- und cisnormativ ist. Gleichzeitig entzieht es sich genauen Beschreibungen. Das ist das Schöne daran.» 23
Die Beliebigkeit von Definitionen bzw. deren Auslegung nach Gutdünken oder subjektiver Befindlichkeit ist das Gegenteil dessen, was in einer aufgeklärten Gesellschaft angestrebt werden sollte. Mit Definitionen soll ja ermöglicht werden, dass ein Gegenüber nachvollziehen kann, was gemeint ist. Auch soll man dazu Stellung beziehen können, was wiederum intersubjektiv nachvollziehbar sein muss. Definitionen dienen in der Wissenschaft und in der Rechtsprechung stets der möglichst genauen Abbildung von objektiven Tatsachen oder intersubjektiv Nachvollziehbarem. Wer im Namen der Philosophie oder Wissenschaft Begriffe willkürlich verwendet, verunmöglicht eine sachliche Auseinandersetzung mit dem adressierten Gegenstand.
Ich vermute, dass postmoderne Strömungen mitverantwortlich sind dafür, dass jede/r nach Gutdünken Definitionen schafft. Ein solcher Umgang mit Wissenschaft kann fatale Folgen haben: nicht nur für die Wissenschaft selbst, sondern auch für das Projekt der Gerechtigkeit.
Willkür, Cancel Culture und zerstörte Öffentlichkeit
Bernd Stegemann24 erklärt in seinem Buch „Die Öffentlichkeit und ihre Feinde“, wie der aktuelle Identitätsdiskurs den öffentlichen Raum und damit die demokratische Auseinandersetzung kaputtmacht. Das Grundproblem ist der Ansatz, dass jemand seine Zugehörigkeit nach dem eigenen Empfinden definieren kann. Dieser Ansatz verhindert inhaltliche Streitgespräche; die Auseinandersetzungen führen nur noch zu bedingungsloser Anpassung ohne inhaltliche Überprüfung oder zu Cancel Culture. Dies liegt daran, dass die Denkfigur der Postmoderne keinen produktiven Streit zulässt. Ein Beispiel: Ein Mann teilt seiner Partei mit, er fühle sich als Frau und möchte gerne auf die Frauenliste kommen. Die Mitglieder dieser Partei können nun argumentieren, sie möchten diesen Mann bzw. diese Transfrau kennenlernen und eine Kandidatur prüfen. Sollte die Partei diesen Mann auf der Frauenliste nicht akzeptieren, erfolgt ein Blossstellen dieser Partei als transfeindlich. Sollte die Partei sagen, klar, wir nehmen dich auf die Frauenliste, dann entsteht die paradoxe Situation, dass Wählerinnen und Wähler getäuscht werden. Der Partei kann dann sowohl von WählerInnen als auch von Frauen auf der Frauenliste ein happiger Vorwurf gemacht werden. Was die Partei auch unternimmt, es ist immer falsch. Die Möglichkeit, das eigene Geschlecht selber zu definieren ohne jeglichen Bezug zu objektiv feststellbaren Gegebenheiten, muss zu nicht lösbaren Konflikten führen. In Deutschland hat ein Mann tatsächlich verlangt, auf eine Frauenliste gesetzt zu werden: Seine Motivation war, wie man in der EMMA25 nachlesen kann, das Sichtbarmachen der problematischen Gender- und Sprachpolitik der GRÜNEN. Ein zweites Beispiel: Falls die Berichte vom 5.11.2021 zutreffen, wonach Studierende sowie Angehörige der Trans-Community eine Philosophieprofessorin durch Demonstrationen und Mobbing von der Universität vertrieben haben und die Universitätsleitung die Professorin nicht dagegen schützte, kann man erahnen, wie gravierend sich die Veränderungen im wissenschaftlichen Diskurs im Verbund mit der Mode der „political correctness“ bereits auswirken.26 Bernd Stegemann erklärt in seinem Buch ebenfalls, welche Rolle der von den USA herkommende Trend des Woke-Seins spielt: Wenn eine öffentlich auftretende Person irgendein politisch nicht korrektes Wort braucht, wird sie von selbsternannten Wokes blossgestellt. Dieses an den Pranger stellen ist mit den Mitteln der Social Media extrem effektiv geworden.
Mögliche politische Folgen für die Sache der Frauen
Habe ich im obigen Abschnitt auf grundsätzliche Probleme im Wissenschaftsverständnis verwiesen und mit Bernd Stegemann einen Autor zitiert, der sich Sorgen macht um die Offene Gesellschaft und die Kommunikation zwischen Menschen, so möchte ich jetzt noch auf die Eingangsfrage zurückkommen: Wem nützt diese verwirrliche Debatte und was bedeutet dies alles für die Sache der Frauen?
Tove Soiland1 und auch Sahra Wagenknecht27weisen zu Recht darauf hin, dass mehr über bestehende ökonomische Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen geredet werden muss. Dies funktioniert jedoch nur dann, wenn Frauen eine politische bzw. soziale Kategorie bleiben. Die Frauenbewegung hatte in den 1980er Jahren erfolgreich Daten gesammelt und analysiert, die zeigen, wie systematisch Frauen in der bestehenden Weltwirtschaft benachteiligt werden: Damals war es noch ein Thema, dass Frauen weltweit 2/3 aller Arbeiten (unbezahlte und bezahlte) verrichten, jedoch bloss etwa 1/10 der Einkommen erhalten und nur ca. 1/100 der Vermögenswerte besitzen.
Zwar wurden in vielen Ländern Daten zur Lohnungleichheit erhoben und zuweilen sogar ernsthaft politisch diskutiert: Verändert hat sich jedoch wenig – vermutlich, weil es sich bei diesen Ungleichheiten um systemimmanente Probleme handelt: Die neoliberale Wirtschaftsideologie geht davon aus, dass alles vom Markt geregelt wird. Würden sich die Frauen etwas rarer machen, würden sie schon mehr nachgefragt und dann auch besser bezahlt…Hatten Feministinnen im 20. Jahrhundert noch alle Zusammenhänge zwischen Anerkennung, Leistungsstreben, Bewertung von Erwerbsarbeit und Männlichkeit diskutiert, war damals noch ein Thema, dass das Ganze reformiert werden müsse, nicht bloss die Frauenrolle, so geben sich viele Feministinnen heute hauptsächlich damit ab, Sprachregelungen vorzuschlagen und sich mit LGBTIQ zu solidarisieren. Damit zeigen sie, dass sie das neoliberale Denken, das jedes Problem privatisiert, verinnerlicht haben.
Geschlechterforschung hätte viel zur Entlarvung patriarchaler Denkmuster zu sagen, mit der aktuellen Fixierung auf „gender“ kann sie diesen Beitrag meines Erachtens jedoch nicht oder nur ungenügend leisten.
Obwohl die AktivistInnen der Queerbewegung auch Frauenrechte verteidigen und selbstverständlich zu Recht immer wieder auf die Einhaltung der Menschenrechte pochen: So wie die Argumente aufgebaut sind, ist es vorprogrammiert, dass sie der Sache der Frauen empfindlich schaden.
Gewalt, Menschenrechtsdiskurs und soziale Kategorien
Beim Thema Gewalt sieht es deprimierend aus: Täglich werden Frauen ausschliesslich aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit umgebracht. Die Femizide haben in Lateinamerika ein absolut erschreckendes Ausmass angenommen und auch in scheinbar friedlichen Ländern wie der Schweiz passieren sie in brutaler Regelmässigkeit.28 Gerade in diesem Zusammenhang sind die Bemühungen der Trans-Community, die Bezeichnungen Frau und Mann nicht mehr zu verwenden, direkt frauenfeindlich. Denn wenn die Kategorie Frau nicht mehr existiert, kann man die Herrschenden auch nicht mehr dazu verpflichten, die Frauenrechte besser zu schützen. Man muss in den meisten Ländern z.B. immer noch darum kämpfen, dass Morde an Frauen in der Statistik richtig erfasst und als das bezeichnet werden, was sie sind: Femizide. Das System, mit dem wir es zu tun haben, ist von seiner Konstruktion her prinzipiell frauenfeindlich. Alle sprachlichen Versuche, diese Frauenfeindlichkeit zu verschleiern, sind daher abzulehnen.
Es gibt auch AktivistInnen, die die Nichtakzeptanz von Transmenschen als „Rassismus“ bezeichnen. Auch hier sollte man historisch korrekt sein: Dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit benachteiligt werden, kam und kommt immer noch vielerorts systematisch und als Ideologie vor. Das Staatsverständnis in den USA z.B. sah Native Americans und Schwarze grundsätzlich nicht als gleichberechtige BürgerInnen. Wenn People of Color also beanspruchen, als soziale Kategorie zu gelten, ist dies sehr wohl begründet. Allerdings sollte man auch hier berücksichtigen, dass die Zugehörigkeit zu einer sozialen Kategorie nicht primär eine Frage der persönlichen Wahrnehmung ist, sondern etwas, das nach objektiven Kriterien festgestellt wird. Ein weisser Farmer sollte zum Beispiel nicht nach eigenem Gutdünken sagen können, er fühle sich als Nachfahre von schwarzen Sklaven, beanspruche deshalb, dass er als People of Color behandelt werde und einen Studienplatz erhalte, der für Schwarze reserviert ist. Systeme oder öffentliche Debatten, die auf Selbstdeklaration oder Definition nach eigener Befindlichkeit setzen, können keinen nachhaltigen Beitrag zur Gleichberechtigung leisten.
Wie konnte es dazu kommen?
Dass die theoretische Arbeit der Frauenbewegung praktisch flächendeckend vom Genderansatz überdeckt wurde, hat meines Erachtens viele Gründe. Hier kann ich nur auf einige Punkte verweisen:
1) Der Umbau der marktwirtschaftlichen Systeme in die neoliberale Wirtschaftsordnung steht am Beginn der verhängnisvollen Entwicklung: Alles, was Individuen überschreitet, was Gemeinsinn, Gemeinwohl und gemeinsamen Besitz angeht, wurde von der neoliberalen Schule als nichtexistent erklärt. Der Umbau von Wirtschaft und Verwaltung sowie der politische Diskurs, bei dem es nie um Solidarität, sondern nur um individuelle Rechte ging, bereitete den Boden für einen Bewusstseinswandel in Richtung „Ego“ als Unternehmensform, bei der Selbsterfindung und Selbstdeklaration entscheidende Unterscheidungsmerkmale im globalen Konkurrenzkampf darstellen.
2) Die systemkritischen Kreise trafen mit ihren Vorschlägen auf harten Widerstand der Mächtigen: Nur Änderungen, die das Wirtschaftswachstum, die Dogmen des Marktfundamentalismus und den Finanzkapitalismus nicht in Frage stellten, wurden diskutiert. Die ökologischen und sozialen Bewegungen waren nicht stark genug, um mehr zu erreichen als Zugeständnisse auf der Ebene der Sprache. So redeten ab 1992 fast alle von Nachhaltigkeit, man richtete z.B. moralische Appelle an die Bevölkerung, Energie zu sparen und liess gleichzeitig die Erdölfirmen unangetastet ihre menschen- und naturfeindlichen Praktiken fortsetzen. Dasselbe passierte mit Zugeständnissen im Bereich Gleichstellung von Frau und Mann.
3) Als die Frauenbewegung erste Erfolge feierte (vielerorts wurde das Recht auf Abtreibung durchgesetzt; hie und da mussten Männer auch lernen, Frauen als Vorgesetzte zu akzeptieren), begann ein Teil des Establishments, einen Backlash zu lancieren.
4) Das Aufkommen der Postmoderne, die Zurückdrängung von traditionellen linken Ansätzen (insbesondere nach 1989) traf zusammen mit einer Relativierung von Wissenschaft und einer enormen Zunahme an Studierenden (parallel zur Abwertung der praktischen Arbeit). Der postmoderne Diskurs ist – zusammen mit der veränderten Medienlandschaft – mitverantwortlich für die Veränderungen. Das Streben nach Überwindung von Herrschaft (ein Projekt der Moderne), wurde praktisch aufgegeben.
5) Wissenschaft und Forschung wurden ab ca. 1995 noch stärker als bisher nach den Interessen der Mächtigen und Reichen gesteuert: Praktisch keine Grundlagenforschung kommt mehr ohne Drittmittel und Sponsoring aus, die Unabhängigkeit der Wissenschaft ist stark in Frage gestellt.29
6) Die Technikkritik des 20. Jahrhunderts wurde von der Politik nicht ernst genommen. Hatten die sozialen Bewegungen in den 1990er Jahren noch kleine Erfolge (weltweites Verbot der Keimbahntherapie; Verbot der Eizellenspende in wenigen Ländern, z.B. auch der Schweiz), so müssen wir heute konstatieren, dass die Akzeptanz der „Verbesserung des Menschen durch Technik“ enorm gestiegen ist. Die Hoffnung vieler Feministinnen, dass sich Frauen dieser Entwicklung widersetzen würden, erfüllten sich nicht.30
7) Was bei der bezahlten Arbeit begann, die sogenannte Optimierung des Arbeitnehmers hin zu mehr Leistung, wurde von vielen Menschen internalisiert und bestimmte fortan auch die Freizeit, das Privatleben und das Kinderkriegen. Alle Möglichkeiten, sich mit Hilfe von Medikamenten und neuen Technologien fitter zu machen für das stressige Leben, wurden genutzt. Menschen, die bei der Selbstoptimierung nicht mitmachten, waren bei der Jobsuche weniger erfolgreich und wurden als Ewiggestrige belächelt.
8) Trotz des Einsatzes der Frauenbewegung, Frauen mit und Frauen ohne Kinder gleichberechtigt zu sehen, hat sich eine sakrale Vorstellung der Ehe gehalten und paart sich nun mit der Ideologie, Unfruchtbarkeit sei eine Krankheit und alle Individuen hätten ein Recht auf Reproduktionsmedizin bzw. ein Recht auf ein eigenes Kind.
Alle diese Faktoren sind direkt oder indirekt daran beteiligt, dass an Stelle der in den 80er Jahren lancierten Frauenstudien die aus den USA stammenden Gender Studies traten. Denn die von akademisch gebildeten Frauen beeinflusste Frauenbewegung übernahm unkritisch das Konzept des „Gendermainstreamings“. Wollte man zu Beginn durch das „Gendermainstreaming“ in allen Bereichen den Anteil der Frauen sichtbar machen (um mehr Gerechtigkeit herzustellen), so veränderte sich dies gründlich mit der Wahl der ersten Professorinnen im Bereich Gender Studies. Eine Feministin wurde vermutlich nur dann zur Professorin berufen, wenn ihre Forschung für die Mächtigen ungefährlich war. Es ist naheliegend, dass Studiengänge, die mit dem Begriff Gender das weibliche Geschlecht neutralisieren, den Mächtigen weniger gefährlich werden können als Forschungen, die aufdecken, wie frauenfeindlich die Wirtschaftslehre konzipiert ist oder wie frauenfeindlich sich gewisse Techniken auswirken.
Ich gehe davon aus, dass die AkademikerInnen der Gender Studies einen Beitrag zu einer besseren Welt leisten wollen. Leider hat ihre Tätigkeit eher den gegenteiligen Effekt. Dies liegt meiner Meinung nach an der falschen Analyse des Phänomens der Zweigeschlechtlichkeit bzw. dem problematischen Begriff „gender“ und seiner Auslegung.
Wie kommen wir aus dieser Situation wieder heraus? Einige Vorschläge
o Es scheint mir zentral, dass die Organisationen der Frauenbewegung sich vom Genderansatz emanzipieren. Es wäre richtig, die Dinge wieder beim Namen zu nennen, denn Frauen werden nicht wegen ihrer sozialen Rolle (gender) angegriffen, sondern wegen ihres weiblichen Geschlechts! In diesem Sinne schliesse ich mich dem Aufruf von Veronika Bennholdt-Thomsen31 an: Reden wir wieder von Frauen und Männern, nicht mehr von „gender“!
Ich füge noch bei: Fahren wir fort, alle Bereiche der Wissenschaft und des Lebens nach frauenfeindlichen Definitionen und Strukturen zu untersuchen. Diese müssen wir überwinden, um zu einer herrschaftsfreien Gesellschaft zu gelangen. Es gibt noch viel zu tun!
o Linke und grüne Parteien hören auf, das LGBTIQ-Thema weiter aufzublähen. Sie überlassen die Kritik an „Gender“ bzw. an abgehobenen, für die Breite der Bevölkerung unverständlichen Debatten nicht rechtsbürgerlichen Kreisen, sondern denken selber wieder mit mehr Bodenhaftung.
o MedizinerInnen und VertreterInnen der Psychologie verstärken ihre Forschung zu Geschlechtervarianten, Geschlechtsidentität und Geschlechtsinkongruenz. Diese Forschung muss unabhängig sein von der pharmazeutischen und reproduktionsmedizinischen Industrie. Es wird alles unternommen, um die Betroffenen besser zu verstehen, angemessen zu behandeln und bestehende Diskriminierungen abzuschaffen.
o Sprachpolitik: Alle sind frei in ihrer Schreibweise, es gibt keine Empfehlungen. Redaktionen bemühen sich, die Schreibweise der AutorInnen zu respektieren. Für diesen Artikel möchte ich zum Beispiel das grosse I realisiert haben und nicht den Genderstern.
o An den Universitäten werden die Gender Studies in anderer Form weitergeführt: Forschungen, die den Anteil der Männer oder den Anteil der Frauen bzw. die Betroffenheit der Geschlechter sichtbar machen wollen, finden in den jeweiligen Fächern und Fachbereichen statt: Für gute Forschung, die die bisherigen Herrschaftssysteme und falschen Annahmen über Menschen und Natur analysiert, braucht es keinen Extra-Studiengang. Was nötig ist, sind kritische, feministisch und wissenschaftstheoretisch geschulte Studierende in allen Disziplinen, die neue Erkenntnisse bringen.
o Kultur der Unparteilichkeit in allen Hochschulen und Bildungseinrichtungen. Die Phase, in der Feministinnen und andere Engagierte die Hochschulen aufrütteln wollten und zur Parteilichkeit aufriefen, muss überwunden werden. Letztlich schadet es der gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Debatte, wenn Forschung und Lehre nicht unabhängig funktionieren. Sachliche und unparteiliche Geschlechterforschung in jedem Bereich kann uns mehr Freiheiten eröffnen und besser zu gesellschaftlich akzeptierten Fortschritten führen als das, was zur Zeit passiert.32
Anmerkungen
- Vgl. Tove Soilands Position in WoZ, 21.4.2005 https://www.woz.ch/0516/gender-debatte/mehr-empirie und imInterview mit der WoZ vom 2.2.2012 https://www.woz.ch/1205/portraet/muessen-wir-frauen-uns-etwa-abschaffen
- Patricia Purtschert: Gerechtigkeit herstellen oder gegen Normierung angehen? in: Hilge Landweer et.al. (Hrsg.), Philosophie und Potentiale der Gender Studies, transcript, 2014
- Carola Meier-Seethaler: «Queer – der schräge Feminismus», Juni 2017, http://www.theoriekritik.ch/
- Ausstellung «Queer – Vielfalt ist unsere Natur», 2020/2021, vgl. https://www.nmbe.ch/de/queer
- Unbürokratische Änderung des Geschlechtseintrags am 1.1.2022 in der Schweiz, vgl. https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/aktuell/mm.msg-id-85588.html
- Ökofeministinnen wie Carolyn Merchant, Veronika Bennholdt-Thomsen und Vandana Shiva sehen die Unterdrückung der Frau und die Ausbeutung der Natur in engem Zusammenhang. So wie westliche Geschlechtermythen Weiblichkeit mit ungeformter Natur und Männlichkeit mit kultiviertem Geist in Verbindung bringen, ist das ganze System nach Polaritäten aufgebaut: Wird die Natur unterworfen, werden auch die Frauen unterworfen. Zu Herrschaft, Hierarchien und Geschlechterpolaritäten siehe auch Carola Meier-Seethaler: Ursprünge und Befreiungen. Eine dissidente Kulturtheorie 1988/2011.
- Vgl. Carola Meier-Seethaler: Ursprünge und Befreiungen. Eine dissidente Kulturtheorie 2011, S. 349
- Judith Butler schrieb 1990 das Buch „Gender Trouble“ (die deutsche Übersetzung erschien 1991 unter dem Titel „Das Unbehagen der Geschlechter“). Unter den Kritikerinnen Butlers finden sich u.a. Edith Badinter, Veronika Bennholdt-Thomsen, Nancy Fraser, Carola Meier-Seethaler, Tove Soiland und Alice Schwarzer.
- Irenäus Eibl-Eibesfeldt: Die Biologie des menschlichen Verhaltens, Grundriss der Humanethologie, 1984
- Gerda Weiler: Ich verwerfe im Lande die Kriege, 1984
- Gerhard Roth, Nicole Strüber: Wie das Gehirn die Seele macht, 2020
- Zu dieser Frage empfehle ich folgende Publikationen: Frans de Waal: Mamas letzte Umarmung (2021) sowie frühere Werke Frans de Waals über Bonobos und Schimpansen; Antonio Damasio: Der Spinoza-Effekt (2003) sowie Selbst ist der Mensch (2011); Carola Meier-Seethaler: Gefühl und Urteilskraft (1997/2001); Gerhard Roth: Über den Menschen (2021), Fabian Scheidler: Der Stoff aus dem wir sind. Warum wir Natur und Gesellschaft neu denken müssen (2021)
- Claire Ainsworth: Sex redefined, Nature, Vol.518, 19.2.2015
- www.urologielehrbuch.de/intersexualitaet.html
- Anne Fausto-Sterling: Sexing the body: gender politics and the construction of sexuality, 2000
- Intersex. Geschlechtsanpassung zum Wohl des Kindes? Michael Groneberg/Kathrin Zehnder (Hrsg.), 2008
- https://de.wikipedia.org/wiki/Evelyn_Hooker, gelesen am 14.11.2021
- Susanne Schröter: FeMale. Über Grenzverläufe zwischen den Geschlechtern, 2002, S. 215
- «Reproduktion jenseits normativer Vorstellungen», Taleo Stüwe in Zeitschrift «Gen-ethischer Informationsdienst GID Nr. 256/2021, S. 6-8
- https://www.uni-due.de/genderportal/gleichstellungkonkret_genderbegriff.shtml
- Vgl. Stellungnahme Nr. 36/2020 der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin zur amtlichen Registrierung des Geschlechts, S. 7. https://www.nek-cne.admin.ch/de/nek-cne-startseite/
- Thomas Laqueur, Making Sex: Body and Gender from the Greeks to Freud, 1990
- DER BUND, 28.10.2021, Seite 8.
- Bernd Stegemann: Die Öffentlichkeit und ihre Feinde, 2021
- Vgl. Zeitschrift EMMA, Nr. 4/Juli, August 2021 bzw. Zeitschrift EMMA, https://www.emma.de/lesesaal/
- Vgl. «Prominente Professorin vertrieben», DER BUND, 5.11.2021, S. 4. Die Professorin hat keine wissenschaftlich falschen Aussagen gemacht und eine Ansicht vertreten, die höchstens als konservativ bezeichnet werden kann. Selbstverständlich wäre ein Mobbing auch dann nicht gerechtfertigt, wenn die Professorin etwas erzählt hätte, was als wissenschaftlich überholt gilt, oder wenn ihre Meinungsäusserung provokativ gewesen wäre. Es ist in jedem Fall einer Demokratie unwürdig, wenn solche Methoden ergriffen werden.
- Sahra Wagenknecht: Die Selbstgerechten, 2021
- In Brasilien werden pro Tag drei Frauen getötet, alle 8 Minuten wird eine Frau vergewaltigt. (Patricia Melo in der WoZ vom 5.8.2021). In der Schweiz waren in den letzten 10 Jahren 75% der ermordeten Frauen Opfer von «häuslicher Gewalt», 2x pro Tag geschieht eine Vergewaltigung (Tagesschau 17.10.2021 SRF 1)
- Marcel Hänggi: Cui bono – Wer bestimmt, was geforscht wird? Basel, 2013
- Vgl. Artikel von Martina Meier: «Das Technopatriarchat braucht uns – aber es bekommt uns nicht» in Zeitschrift EMANZIPATION, Oktober und November 1988; sowie «Zur Verantwortung der NaturwissenschaftlerInnen in Spätkapitalismus und Patriarchat» in: Im Widerstreit mit der Objektivität, eFeF, 1991
- «Reden wir besser von Geschlecht, nämlich von Frauen und Männern, statt von Gender», Veronika Bennholdt-Thomsen in der Zeitschrift «Kultur und Politik» Nr. 3/2018.
- Vgl. Andrea Maihofer, Franziska Schutzbach: Vom Antifeminismus zum ‹Antigenderismus› – Eine zeitdiagnostische Betrachtung am Beispiel Schweiz. (2015). Die Einschätzung der Autorinnen, dass Kritik am Konzept «Gender» hauptsächlich aus bürgerlichen und rechtskonservativen Kreisen komme, teile ich nicht. Es gibt grundsätzliche und berechtigte Kritik an der aktuellen Genderforschung auch innerhalb der Frauenbewegung und in linken Kreisen!
- Nancy Tanner: Wie wir Menschen wurden. Der Anteil der Frau an der Entstehung des Menschen, 1994
- Martha Robbins/Christophe Boesch (Hrsg): Menschenaffen. Begegnung mit unseren nächsten Verwandten, 2013 sowie: Michael Tomasello: Mensch werden, 2020
KASTEN 1: Gameten, Neukombination von Erbgut und biologisches Geschlecht
Ungeschlechtliche Fortpflanzung
Es gibt Lebewesen, die bilden keine Geschlechter aus. Alle Angehörigen der Art sehen gleich aus und besitzen die gleiche Art von Zellen. Es ist nicht nötig, Gameten (= Geschlechtszellen) herzustellen. Es genügt, eigene Zellen zu kopieren und in die Umwelt zu entlassen, oder Teile des eigenen Körpers abzuschnüren. Die Nachkommen besitzen die gleiche Erbinformation wie das elterliche Lebewesen. Ungeschlechtliche Fortpflanzung hat den Vorteil, dass sie schnell geht und mit wenig Energieaufwand verbunden ist.
Allerdings kennen die meisten Arten, die sich ungeschlechtlich vermehren, auch noch die geschlechtliche Fortpflanzung.
Hier ein Beispiel für eine Art, die sich im Lebensraum Mitteleuropa nur ungeschlechtlich fortpflanzt: Kanadische Wasserpest (Wasserpflanze).
Geschlechtliche Fortpflanzung
Die meisten Lebewesen kennen die geschlechtliche Fortpflanzung. Dazu ist es nötig, Gameten auszubilden, das sind Zellen, welche nur einen Teil des elterlichen Erbguts aufweisen (meist ist es genau die Hälfte), und die geeignet sind, mit einem anderen Gameten zu einer Zygote zu verschmelzen.
Die Neukombination von Erbgut bietet grössere Chancen der Anpassung an sich ständig ändernde Umweltbedingungen. Allerdings ist die geschlechtliche Fortpflanzung mit einem grösseren Energieaufwand verbunden als die ungeschlechtliche.
Im Pflanzenreich und auch bei Einzellern gibt es das Phänomen, dass die Gameten zweier verschiedener Individuen äusserlich gleich aussehen (sogenannte Isogamie). Meistens werden jedoch zwei grundsätzlich unterschiedliche Gameten ausgebildet: Bei Tieren spricht man von Eizellen und Spermien, bei höheren Pflanzen von Eizellen und Pollenkörnern.
Weibchen, Männchen, Zwitter
Tiere, welche Spermien (kleine, bewegliche Gameten) herstellen, heissen Männchen, diejenigen, die Eizellen (cytoplasmareiche, unbewegliche Gameten) produzieren, nennt man Weibchen. Bei vielen Arten sind Männchen und Weibchen klar unterscheidbar. Die Männchen besitzen männliche Geschlechtsorgane (Hoden), die Weibchen weibliche Geschlechtsorgane (Eierstöcke). Die Ausbildung des Geschlechts kann genetisch, chromosomal und/oder physiologisch bestimmt sein. Es ist auch möglich, dass Umweltfaktoren die Ausbildung des Geschlechts bestimmen und dass ein Lebewesen im Laufe seiner Entwicklung das Geschlecht wechselt (je nach Umwelteinfluss). Zudem gibt es Arten, die zwittrig sind: Ein solcher Organismus besitzt sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsorgane.
Bei einigen Organismen gibt es noch ein weiteres Phänomen: Die Fortpflanzung ohne männlichen Beitrag, die Parthenogenese. Bei dieser Fortpflanzungsform können Eizellen z.B. die Chromosomenzahl verdoppeln und so wird aus einer Eizelle eine Zygote. Je nach Artengruppe ist die Parthenogenese anders organisiert. Von den vielen Mechanismen, die Parthenogenese erlauben oder induzieren, sind noch nicht alle bekannt.
Bei Schleimpilzen gibt es noch etwas Weiteres, nämlich das Phänomen, dass nicht bloss zwei, sondern viele unterschiedliche Gametensorten gebildet werden können. Es ergeben sich dann auch viel mehr Kombinationsmöglichkeiten. Allerdings kann man nicht davon sprechen, Schleimpilze existierten in vielen verschiedenen Geschlechtern. Es geht hier nur um die Bildung von unterschiedlichen Gameten.
Es ist wichtig, zwischen Gameten und Geschlechtern zu unterscheiden! Ein Gamet ist kein eigenständiger Organismus, sondern eine einzelne Zelle, die nur dann weiterlebt, wenn sie mit einem passenden anderen Gameten zur Zygote fusioniert. Aus einer Zygote entwickelt sich dann der Embryo. Ein vielzelliger Organismus, der Gameten herstellt, besitzt dagegen ein Geschlecht. Er ist entweder ein Weibchen, ein Männchen oder ein Zwitter.
Zweigeschlechtlichkeit
Geschlechter gibt es nach bisherigen Erkenntnissen nur zwei (immerhin sind über 1 Million Tiere und mehr als 400‘000 Pflanzenarten sowie Tausende von Pilzen genauer untersucht).
Ein drittes Geschlecht wurde bis heute bei keinem Lebewesen festgestellt.
KASTEN 2: Einblick in die Evolutionstheorie
Die natürliche Selektion
Darwin postulierte 1859 in seinem Werk „Die Entstehung der Arten“, dass die sogenannte „Selektion“ einen wichtigen Mechanismus der Evolution darstellt. Es geht dabei um die Frage, welche Individuen einer Art überleben und welche nicht. Wenn natürliche Faktoren (Umweltfaktoren) Individuen einen Nachteil verschaffen und diese deshalb weniger Nachkommen haben als besser angepasste Individuen derselben Art, spricht man von „natürlicher Selektion“.
Die „natürliche Selektion“ wirkt auf beide Geschlechter gleich. So besitzen weibliche und männliche Beutetiere, deren Evolution durch einen bestimmten Beutegreifer mitbestimmt wurde, dieselben Fähigkeiten. Sie sind zum Beispiel in der Lage, durch schnelles Flüchten dem Beutegreifer zu entgehen.
Die sexuelle Selektion
Weshalb sehen Weibchen und Männchen bei vielen Arten unterschiedlich aus? Darwin kam auf den Gedanken, dass es neben der „natürlichen Selektion“ zusätzlich eine „sexuelle Selektion“ geben müsse. Er stellte die Hypothese auf, dass weibliche Singvögel ihren Partner nach bestimmten Kriterien, z.B. Komplexität des Gesangs, auswählen. Männchen, deren gesangliche Fähigkeiten weniger ausgeprägt sind, werden seltener von Weibchen gewählt, sie haben weniger Nachkommen als solche mit besseren Gesangskünsten. Somit ist die Fähigkeit, komplex zu singen, ein Ergebnis der „sexuellen Selektion“. Bei vielen Vogelarten ist das Männchen besonders auffällig gefärbt, das Weibchen dagegen besitzt Tarngefieder und brütet das Gelege alleine aus. Auch bei diesen Arten, z.B. beim Pfau, postulierte Darwin die „Weibchenwahl“: Nur Hähne mit beeindruckender Schleppe (Schwanzfedern, die der Hahn zum Radschlagen einsetzt) werden regelmässig von Hennen gewählt. Zu Darwins Zeiten war diese Hypothese so revolutionär, dass niemand sich die Mühe machte, sie experimentell zu überprüfen. Auch Darwin selbst arbeitete zu dieser Frage nicht empirisch – aber heute sind die wissenschaftlichen Belege zu diesem Phänomen überwältigend: Sehr viele Unterschiede in Körperbau und Verhalten zwischen Männchen und Weibchen können inzwischen als Ergebnis der sexuellen Selektion erklärt werden. Dabei ist bemerkenswert, dass weder bei Säugetieren noch bei Vögeln „typisch weibliches“ oder „typisch männliches“ Verhalten gefunden werden kann. Das Verhalten der Geschlechter hängt davon ab, wer brütet, wer die Jungen füttert, wie die Umwelt beschaffen ist und bei welchem Energieaufwand im Lauf der Evolution welcher Fortpflanzungserfolg erzielt werden konnte.
Die evolutionäre Bedeutung der sexuellen Fortpflanzung
Darwin konnte seine Hypothese, dass die biologischen Geschlechter in ihrer Erscheinung und in ihrem Verhalten ein Resultat der Selektion seien, nur deshalb aufstellen, weil es ihm (und allen vor und zeitgleich neben ihm lebenden ForscherInnen) hinreichend gut gelang, zwischen männlichen und weiblichen Angehörigen einer biologischen Art zu unterscheiden. Bei einigen Arten ist dies leicht, da sie sich morphologisch und anatomisch gut unterscheiden lassen. Bei anderen Arten gestaltet sich die Unterscheidung schwieriger, z.T. auch deshalb, weil einige Arten im Lauf ihres Lebens das Geschlecht ändern können. Bei der Erforschung der biologischen Geschlechter fand man später, dass sie genetisch oder chromosomal oder physiologisch bestimmt sein können. Weiter entdeckte man, dass gewisse Pilze die Bildung von Fortpflanzungszellen anders angehen können: Es ist einigen Arten möglich, mehr als zwei unterschiedliche Gameten zu produzieren. In diesem Fall ist es nicht mehr sinnvoll, von „weiblichem“ und „männlichem“ Pilzkörper zu sprechen. Üblicherweise spricht man auch bei Bakterien, die „sexuelle Fortpflanzung“ kennen, nicht von Geschlechtern, sondern beschreibt einfach den Vorgang der Neukombination von Erbgut. Damit sind wir beim zentralen Punkt angelangt:
Im Lauf der Evolution entstand das Phänomen der biologischen Geschlechter, um die Neukombination von Erbgut zu ermöglichen. Sehr viele Tiere können sich ausschliesslich sexuell fortpflanzen, das heisst, es muss zur Verschmelzung von Eizelle und Spermium kommen. Nur ein Individuum mit einer neuen Kombination von Erbgut ist entwicklungsfähig.
Dieser Sachverhalt ist nur dadurch erklärbar, dass die Vorteile der Neukombination von Erbgut die Kosten für die Herausbildung zweier Geschlechter (und das aufwendige Zueinanderfinden der Geschlechter) aufwogen. In der Evolutionsforschung kennt man einige Tiere, die – je nach Beschaffenheit ihrer Umwelt – die aufwendigere sexuelle Fortpflanzung oder die asexuelle Vermehrung praktizieren. Bei solchen Arten kann man die Faktoren erforschen, die die sexuelle Fortpflanzung lohnend machen. Nach bisherigen Erkenntnissen sind dies: Erhöhte Widerstandskraft gegen Krankheiten und grössere Bandbreite der Anpassungsfähigkeit. Also lohnt sich die sexuelle Fortpflanzung dann, wenn sich die Umgebung schnell ändert oder wenn ein hoher Selektionsdruck durch Krankheitserreger oder Parasiten herrscht.
KASTEN 3: Die wichtigsten Mechanismen der sexuellen Selektion
- Männchen kämpfen untereinander um die Gunst der Weibchen bzw. um die Chance, sich paaren zu können. Dabei werden diejenigen Individuen ausgelesen, die sich im innermännlichen Konkurrenzkampf behaupten können. Beispiel: Gorillamännchen sind extrem kräftig und deutlich grösser als Weibchen, denn der innermännliche Konkurrenzkampf wird physisch ausgetragen.
-Weibchen kämpfen untereinander um die Gunst der Männchen. Dabei werden diejenigen Weibchen ausgelesen, die sich im innerweiblichen Konkurrenzkampf behaupten. Beispiel: Rotstirn-Blatthühnchen sind kräftiger und angriffslustiger als Männchen, denn nur die kräftigsten können ein grosses Revier gegen andere Weibchen verteidigen und sich mit mehreren Männchen verpaaren, die dann die Eier ausbrüten und die Jungvögel aufziehen.
-Männchen und Weibchen sind gleich kräftig, sehen gleich aus und verhalten sich praktisch gleich (es gibt also keinen Geschlechtsdimorphismus): Dies ist dann der Fall, wenn beide Geschlechter gleich viel beitragen zum Fortpflanzungserfolg bzw. zur Brutpflege und sich diejenigen durchsetzen, welche am besten mit dem anderen Geschlecht harmonieren. Beispiel: Haubentaucher.
-Wahl des Geschlechtspartners durch das Weibchen: Diejenigen Männchen, die bei den Weibchen aufgrund ihres Aussehens oder ihres Verhaltens am häufigsten gewählt werden, setzen sich durch. Beispiel: Pfau.
-Wahl des Geschlechtspartners durch das Männchen: Diejenigen Weibchen, die aufgrund ihres Aussehens oder ihres Verhaltens am meisten Wahl-Erfolg haben, setzen sich durch: Beispiel: Odinshühnchen.
KASTEN 4: Sozial- und Fortpflanzungssysteme bei Säugetieren
Eurasischer Luchs (Lynx lynx):Beide Geschlechter leben in Revieren, die sie gegen Tiere des gleichen Geschlechts verteidigen. Das Territorium des Männchens (Kuder) ist etwas grösser als dasjenige des Weibchens. Beide Geschlechter leben einzeln (solitär) und jagen Rehe und Gämsen. Im Februar macht sich der Kuder auf, um paarungsbereite Weibchen zu suchen. Er macht entsprechende Geruchsmarkierungen und gibt charakteristische Rufe von sich. Weibchen, die sich paaren wollen, bleiben ca. eine Woche mit dem Männchen zusammen. Der Kuder zieht weiter. Die Luchsin bringt 3-4 Kätzchen zur Welt und ist für deren Schutz und deren Aufzucht alleine verantwortlich: Sie hat einen sehr grossen Energieaufwand für die Produktion von Milch und für die Ernährung und Führung der Jungen, bis diese 1 Jahr alt sind. Durchschnittlich sind weibliche Luchse erfolgreicher bei der Jagd als männliche, denn Luchsinnen können sich Energieverschwendung nicht leisten. Ihr Körper ist kleiner und weniger aufwendig gebaut, und sie verteidigen ein kleineres Territorium. All dies wird als Anpassung an die Situation, dass der Kuder sich nicht an der Aufzucht der Jungen beteiligt, gesehen. | |
Wolf (Canis lupus):Wölfe jagen in Rudeln und können daher grössere Beute machen als Luchse. Wölfe verteidigen kein Einzel- sondern ein Rudelterritorium. Die Geschlechterrollen sind anders ausgeprägt als beim Luchs: Beide Geschlechter beteiligen sich an der Aufzucht der Jungen, der Vater bringt Beute zum Bau, alle Rudelmitglieder betreuen die Welpen und würgen Fleisch aus, um sie zu füttern. Weibliche und männliche Wölfe weisen sehr geringe Geschlechterunterschiede in Aussehen und Verhalten auf. Diese Situation kommt daher, dass Wölfe eine andere Ökonische bewohnen als Luchse. Nur Rudel waren erfolgreich. Und Rudel bilden geht nur, wenn beide Geschlechter ähnlich sind und zusammen Beute machen können. Erfolgreich im Sinne der Evolution waren wohl nur Vater- und Muttertiere, die gut harmonierten und ein – durch Hormone gesteuertes – ausgeprägtes Brutpflegeverhalten zeigten. | |
Tüpfelhyäne (Crocuta crocuta):Hyänen bilden sehr grosse Gruppen. Sie sind Jäger mit extrem kräftigem Gebiss in einem Lebensraum, in dem harte Konkurrenz um Nahrung durch andere Raubtiere und Aasfresser herrscht. Die weiblichen Hyänen verhalten sich aggressiver als die männlichen und dominieren über diese. Der Anteil des Testosterons ist in weiblichen Hyänen so hoch, dass ihr Körperbau dadurch verändert ist: Sie besitzen eine verlängerte Klitoris und die Harnröhre ist mit dem Geburtskanal verwachsen. Dieser veränderte Körperbau erschwert sowohl die Begattung als auch die Geburt der Welpen. Offenbar war der Vorteil eines hohen Testosteronspiegels mit dem damit verbundenen kräftigen Körperbau und der Fähigkeit zu aggressivem Verhalten gerade auch für weibliche Hyänen grösser als der Nachteil der schweren Geburt (mit vergleichsweise vielen Totgeburten). Dies muss mit dem Lebensraum bzw. mit dem Verhalten der konkurrierenden Raubtiere zusammenhängen. | |
KASTEN 5: Einige Sozialsysteme mit unterschiedlichen Geschlechterrollen bei Primaten |
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Gewöhnliche Schimpansen (Pan troglodytes)Gemischtgeschlechtlicher Sozialverband mit Promiskuität. Männliche Tiere dominieren über weibliche.Weibliche und männliche Tiere bilden zusammen eine Horde, die ein Streifgebiet bewohnt. Es gibt nur unklar definierte Grenzen des Territoriums. Fortpflanzung kann in jeder Jahreszeit stattfinden. Jedes Weibchen, das in den Östrus kommt, wird von jedem Männchen umworben und potentiell gedeckt (= promiskes System). Ernährung und Aufzucht des Jungtiers erfolgt fast ausschliesslich durch die Mutter. Dominante Tiere haben einen höheren Fortpflanzungserfolg als rangniedere Tiere.
Sowohl innerhalb des eigenen Geschlechts als auch innerhalb der Gesamthorde wird eine Rangordnung erstellt. Männliche Tiere dominieren über Weibchen. Der Rang der Mutter ist entscheidend für den Rang des Jungtiers und damit für seinen späteren Status. Jungtiere weiblichen Geschlechts müssen abwandern. Männliche Jungtiere versuchen, in der angestammten Horde im Rang aufzusteigen. Weibliche Tiere, die ein Kind haben, sind bei der Nahrungssuche benachteiligt, da sie langsamer vorankommen. Die Nahrung ist zerstreut vorhanden, oft auf Bäumen und nicht so üppig, dass sich das Bilden von Gruppen zur Nahrungssuche sehr lohnen würde. Deshalb ist Solidarität unter weiblichen Tieren bzw. gemeinsames Verteidigen weiblicher Interessen selten möglich. Allianzen unter männlichen Tieren sind dagegen sehr ausgeprägt. Sex steht praktisch immer im Zusammenhang mit dem Versuch zur Fortpflanzung. Dominante Männchen haben viel mehr Sex als rangniedere. Beide Geschlechter zeigen relativ häufig aggressive Verhaltensweisen.
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Zwergschimpansen = Bonobos (Pan paniscus)Gemischtgeschlechtlicher Sozialverband mit Promiskuität. Weibliche Tiere dominieren über männliche.Bei den Bonobos ist die Sozialordnung ähnlich, aber die weiblichen Tiere haben weniger Stress aufgrund geringerer Nahrungskonkurrenz in ihrem Lebensraum. So können es sich weibliche Tiere leisten, miteinander auf Nahrungssuche zu gehen, relativ langsam voranzukommen und dennoch nicht im Nachteil zu sein gegenüber den Männchen, die keine Kinder herumtragen müssen. Im Lauf der Evolution hatten diejenigen Weibchen den grössten Fortpflanzungserfolg, die untereinander Allianzen bilden und über Männchen dominieren konnten. Bei den Männchen waren diejenigen am erfolgreichsten, die sich der Weibchengruppe anpassen konnten. Die Körpergrösse und die Körperkraft waren weniger wichtig – so wurde der Geschlechtsdimorphismus im Lauf der Evolution kleiner. Bonobos gelten als sehr friedlich, z.B. werden Konflikte durch sexuelle Handlungen entspannt, nicht durch aggressive Verhaltensweisen. Beim Sex, der nicht der Fortpflanzung dient, und das sind mehr als die Hälfte aller sexuellen Begegnungen, ist interessant, dass alle Kombinationen vorkommen: Frau mit Frau, Frau mit Mann und Mann mit Mann. | |
Flachlandgorilla (Gorilla gorilla) Sozial- und Fortpflanzungssystem: Polygynie («Harem»)
Ein geschlechtsreifes Männchen lebt mit vielen Weibchen zusammen in einer festen Gruppe. Das männliche Tier ist aufgrund der sexuellen Selektion viel grösser als das Weibchen. Die grössten und kräftigsten Männchen setzten sich im Lauf der Evolution in Rivalenkämpfen durch. Zusätzlich spielte eine Rolle, dass Weibchen nur grosse, relativ alte Männchen zur Paarung auswählen. Das polygyne System der Gorillas zeichnet sich dadurch aus, dass die Weibchen sich intern organisieren und jeweils die Initiative für die Paarung übernehmen, wenn sie im Östrus sind. Der Silberrücken übernimmt die Streitschlichtung zwischen den Weibchen und Jungtieren sowie die Verteidigung seines «Harems» gegen aussen. Dazu gehört auch die Abwehr von Konkurrenten oder Fressfeinden. |
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Krallenaffen (z.B. Weissbüscheläffchen, Lisztäffchen u. a.)Sozial- und Fortpflanzungssystem: Polyandrie
Ein Weibchen lebt mit mehreren Männchen zusammen. Diese Männchen können miteinander verwandt sein oder auch nicht. Die Männchen übernehmen das Hüten der Jungtiere. Weil dadurch das Weibchen entlastet wird, kann es früher wieder schwanger werden. Eine polyandrische Einheit bildet mit anderen solchen Einheiten zusammen eine lose Gemeinschaft. Die Gruppengrösse richtet sich nach dem Nahrungsangebot und den Fressfeinden (gemeinsame Verteidigung). Die Kooperation erreicht ein hohes Niveau, die Aggressivität unter den Mitgliedern der Gemeinschaft ist gering. |
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KASTEN 6: Eigenschaften des Menschen als Resultat der Evolution
Biologischer Befund | Vermutete Evolutionsfaktoren |
Beim Menschen sind die anatomischen Unterschiede zwischen Mann und Frau sehr klein. Weder Männer noch Frauen besitzen Eckzähne, die bei einem Konkurrenzkampf nützlich sein könnten. Die Unterschiede in der Muskulatur sind sehr viel kleiner als beim Gewöhnlichen Schimpansen oder beim Bonobo.Frauen und Männer haben ausgeprägte sekundäre Geschlechtsmerkmale und wählen ihre/n Partner/in u.a. aufgrund dieser visuellen Signale.Frauen können während des Eisprungs Duftstoffe sehr genau wahrnehmen und scheinen – entsprechend ihrer körperlichen Verfassung bzw. ihrem Zyklus – einen männlichen Partner nach dessen Geruch zu wählen oder abzulehnen. Für Männer ist nichts Analoges bekannt. | Der innermännliche Konkurrenzkampf fand nicht in Form von körperlichen Auseinandersetzungen statt. Frauen haben Männer nach Ähnlichkeit und vermutlich nach der Qualität des kooperativen Verhaltens gewählt, bestimmt nicht in erster Linie nach körperlicher Kraft.33Männer haben vermutlich andere Formen der innermännlichen „Konkurrenzkämpfe“ als direkte körperliche Auseinandersetzungen gefunden. Es könnten auch Leistungen im Bereich des Nahrungserwerbs oder Pflege des Nachwuchses die Partnerinnen überzeugt haben.Man vermutet, dass Männer und Frauen sich gegenseitig wählen, dass der Beitrag der Frau jedoch wichtiger ist.Frauen mit feiner Nase müssen einen grösseren Erfolg in der Nachkommenschaft gehabt haben. Vielleicht haben Frauen mit Hilfe ihres Geruchsinns dafür gesorgt, dass ihre Nachkommen die genetische Basis für ein optimales Immunsystem erhielten.
Weil menschliche Frauen (wie andere weibliche Säugetiere auch) eine grössere Investition in den Nachwuchs leisten, ist es einleuchtend, dass sie wählerischer sind. |
Menschliche Männer verfügen über relativ grosse Hoden mit einer ständig vorhandenen sehr grossen Zahl von Spermien. Der Penis ist grösser als bei anderen Primaten. | Wie bei Bonobos und Schimpansen ist die grosse Spermienzahl ein Hinweis auf die Evolution eines promisken Fortpflanzungssystems: Männer, die pro Ejakulat viele befruchtungsfähige Spermien übergeben können, haben mehr Nachkommen bzw. können allfällig vorhandene Spermien im Geschlechtstrakt der Partnerin konkurrenzieren. |
Beim Menschen dauert der Geschlechtsakt länger als bei Bonobos und Schimpansen. Menschen kennen das Phänomen der starken Bindung nach vollzogenem Geschlechtsakt.Bei Menschen ist Sex wie bei den Bonobos ein Mittel zur Pflege der Beziehungen und dient nicht nur der Fortpflanzung.Weiter ist beim Menschen Homo- und Bisexualität relativ häufig, was wiederum eine Verwandtschaft mit Bonobos aufzuzeigen scheint. | Nicht alle Säugetiere kennen das Phänomen des Orgasmus. Möglicherweise ist die Ausbildung eines grossen Penis im Zusammenhang mit der Orgasmusfähigkeit von Frau und Mann zu sehen. Wenn beide Geschlechter in ähnlicherweise eine befriedigende Sexualität erleben, kann dies die gegenseitige Bindung verstärken. Vermutlich führte diese Bindungsfähigkeit dazu, dass Mann und Frau über längere Zeit zusammenblieben als dies bei Bonobos und Schimpansen der Fall ist.Es scheint also eine Evolution in Richtung zeitlich begrenzter Monogamie in Gang gekommen zu sein. Alle monogamen Arten bei Säugetieren haben – meist hormonell bedingt – eine ausgeprägtere Bindungsfähigkeit als nicht monogam lebende Arten. |
Menschen leben in gemischtgeschlechtlichen Gruppen und kennen sehr viele nonverbale Kommunikationssignale, deren Verständnis und Anwendung angeboren ist. Die meisten dieser Signale bestehen aus Körpersprache. Sehr viele haben mit Versöhnung nach Konflikten zu tun (genau wie bei den Bonobos) | Die Fähigkeit zu ausgeprägter Kooperation sowohl innerhalb des gleichen Geschlechts als auch über die Geschlechtergrenzen hinweg muss den frühen Menschen das Überleben in ihrer damaligen Ökonische erleichtert haben. ForscherInnen vermuten auch, dass diese Kooperationsbereitschaft die Voraussetzung dafür war, dass sich Menschen unterschiedlicher Kulturen gut verständigen konnten und nicht notwendigerweise gewaltsame Auseinandersetzungen stattfanden.34 |
GLOSSAR
- Biologisches Geschlecht: Beim Menschen ist der Körper mit der Ausbildung der primären Geschlechtsorgane für die Zuordnung zu einem biologischen Geschlecht entscheidend. Das biologische Geschlecht bei Säugetieren – und damit auch beim Menschen – wird genetisch, chromosomal und hormonell bestimmt. Das biologische Geschlecht ist letztlich ein Ergebnis der Evolution.
- Binär: Die sexuelle Orientierung, die Geschlechtsidentität und auch die Geschlechterrollen gehen von der Zweigeschlechtlichkeit aus, deshalb kann man auch abstrakt von einem «binären System» sprechen. Eine Person, die sich weder als Mann noch als Frau fühlt, kann sich selber als non-binär bezeichnen. Die Bezeichnungen «binär» bzw. «non-binär» werden hauptsächlich von AktivistInnen der Queerbewegung gebraucht.
- Drittes Geschlecht: Ich verwende diese Bezeichnung nicht, denn sie suggeriert, dass – neben männlich und weiblich – im Lauf der Evolution noch ein weiteres biologisches Geschlecht entstanden sei. Dies ist jedoch nicht der Fall. Was oft mit dem Verweis auf ein «drittes Geschlecht» gemeint ist, sind religiöse Funktionen bzw. soziale Rollen, die Menschen – anstelle von Männer- oder Frauenrollen – einnehmen können. Diese zusätzlichen Rollen haben einen akzeptierten Sozialstatus.
- Gender: Begriff aus dem Englischen, mit dem ursprünglich die Geschlechterrolle, aber auch die Geschlechtsidentität bezeichnet wurde (in Abgrenzung zum biologischen Geschlecht, engl. Sex). Der Begriff wird heute sehr unterschiedlich gebraucht, vgl. Gendertheorie.
- Gender Studies: In den 1990er Jahren etablierte Lehrgänge an Universitäten, die sich im Sinne der damaligen Frauenbewegung der Bewusstmachung von mangelnder Gleichstellung zwischen Mann und Frau widmen. Heute werden auch viele Bemühungen von AktivistInnen der sogenannten Queerbewegung unter Gender Studies subsummiert. Gender Studies haben neben wissenschaftlichen Hintergründen auch Ansätze, die parteilich sind und von sozialen Bewegungen stammen, vgl. «Gendertheorie».
- Gendertheorie: Bei der «Gendertheorie» handelt es sich nicht um eine wissenschaftliche Theorie, sondern um einen vieldiskutierten philosophischen Ansatz aus der Frauenbewegung. Der zentrale Begriff «gender» ist nicht eindeutig definiert. Gender wird heute fast unterschiedslos für biologisches Geschlecht, Geschlechtsidentität und Geschlechterrolle gebraucht.
- Geschlechtsidentität: Teil der Identität, die ein Mensch im Lauf seines Lebens entwickelt. Es sind noch nicht alle Faktoren bekannt, die an der Ausbildung der Geschlechtsidentität beteiligt sind.
- Geschlechtsinkongruenz (Geschlechtsidentitätsstörung, Geschlechtsdysphorie): Personen, die sich trotz ihres männlichen Körpers als Frau fühlen bzw. Personen, die sich trotz ihrer weiblichen Anatomie als Mann fühlen, haben eine Geschlechtsinkongruenz. Es gibt Betroffene, die stark darunter leiden, andere machen kein Leiden geltend. Betroffene weisen darauf hin, dass es sich nicht um eine Krankheit handelt, weshalb der Eintrag im Handbuch Psychischer Störungen (ICD) entsprechend geändert werden soll. Wie es zur Geschlechtsinkongruenz kommen kann, ist noch nicht geklärt.
- Geschlechterklischee: Ist die Zuschreibung von Fähigkeiten und psychischen Eigenschaften für eine Geschlechterrolle sehr eng, spricht man auch von Stereotyp oder von Geschlechterklischee. Solche Klischees können unter Umständen eine fatale Wirkung haben, nämlich, dass Menschen, die davon abweichen, lächerlich gemacht, verfolgt oder von der Gemeinschaft ausgeschlossen werden.
- Geschlechterrolle (soziales Geschlecht): Die soziale Dimension des biologischen Geschlechts. Man spricht auch von kulturell geprägter Geschlechterrolle. Es gibt zwar auch beim Menschen eine biologische Grundlage für die Geschlechterrollen, aber diese ist von relativ geringer Bedeutung für die gesamte Ausprägung des sozialen Geschlechts.
- Geschlechtervarianten: Empirischer Befund, dass ein kleiner Teil der Menschen, die jährlich geboren werden, anatomische Besonderheiten im Bereich der Geschlechtsorgane und /oder kein eindeutiges biologisches Geschlecht aufweisen. Früher sprach man auch von intersexuellen Menschen. Einige dieser Varianten werden erst in oder nach der Pubertät sichtbar. Bei vielen Varianten hat man Abweichungen im Bereich der Chromosomen, der Gene und/oder im Hormonhaushalt gefunden.
- Heteronormativität: Dieser Begriff suggeriert, die Zweigeschlechtlichkeit beim Menschen sei letztlich eine Ideologie, die man überwinden müsse. Dies ist wissenschaftlich klar widerlegt. Dass sich die Mehrheit der Menschen eindeutig als Frauen oder Männer fühlen und heterosexuelle Beziehungen eingehen, ist keine Folge irgendeiner Ideologie, sondern eine Konsequenz der biologischen Grundlagen des Menschseins. Auch Kulturen, die besondere Geschlechterrollen kennen, haben keineswegs ein System, das die Zweigeschlechtlichkeit überwindet oder die Wichtigkeit der Kategorien «Frau» und «Mann» leugnet.
- Matrizentrische Gesellschaften/Gesellschaften in Balance: In nicht patriarchalen Kulturen ist die Hierarchisierung und Ungleichverteilung von Macht schwach ausgeprägt. Sorgen Gesellschaften, in denen Mütter im Zentrum stehen, für ein Gleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Interessen, spricht man auch von Gesellschaften in Balance. Ethnologische und archäologische Forschungen weisen darauf hin, dass heutige Patriarchate aus nichtpatriarchalen Gesellschaften hervorgingen, wie Carola Meier-Seethaler in «Ursprünge und Befreiungen» 1988/2011 darlegt. Somit ist die Hypothese plausibel, dass die matrizentrische Organisation die ursprünglichere ist als die patriarchale. Nach allem, was wir bisher wissen, ist die Annahme, dass unsere menschlichen Vorfahren in einer Gesellschaft gelebt haben, in der die Abstammung nach der Mutter zählte und keine Dominanz durch Männer geherrscht hat, mit Befunden aus der Evolutionsbiologie vereinbar.
- Patriarchat: Gesellschaftsordnung, bei der Männer mehr Rechte haben als Frauen und die Privilegien der Mächtigen mit Gewalt durchgesetzt werden. Meist sind in patriarchalen Kulturen alle Bereiche des Lebens hierarchisch organisiert, wobei die männliche Rolle als die überlegene gedacht wird und die sogenannt männlichen Eigenschaften als wertvoller gelten als die sogenannt weiblichen.
Eine wichtige Unterdrückungsform in Patriarchaten besteht darin, abweichendes männliches Verhalten als «weibisch» abzutun. Die engen Geschlechterrollen in Patriarchaten werden oft mit dem Hinweis, sie seien von der Natur so vorgesehen, gerechtfertigt (Biologismus). Ethnologische und historische Forschungen zeigen, dass die sozialen Geschlechter sehr unterschiedlich ausfallen können, ebenso Vorstellungen von «typisch männlich» und «typisch weiblich». Nach allem, was wir bisher wissen, ist die Annahme falsch, dass patriarchale Gesellschaftsformen beim Menschen ursprünglich seien.
- Polarisierung der Geschlechterrollen: Die Behauptung, die Welt sei in einen männlichen und in einen weiblichen Pol gegliedert, ist eine patriarchale Ideologie, die in vielen patriarchalen Kulturen, so auch in den westlichen Gesellschaften, eine wichtige Rolle spielt. Diese Ideologie prägt sehr oft nicht nur die Theologie und das Recht, sondern ebenso die Philosophie und alle Wissenschaften. Oft sind Kulturen mit polarisierten Geschlechterrollen auch sehr intolerant gegenüber Abweichungen, insbesondere, wenn das weibliche Geschlecht männliche Rollen übernimmt oder wenn Machtverhältnisse in Frage gestellt werden.
- Transpersonen: Erstens Menschen, die den Wunsch haben, ihr Geschlecht zu ändern und eine entsprechende Hormontherapie und/oder Operation machen lassen. Zweitens Menschen, die ihr Geschlecht ändern, aber keine Operation wünschen. Frauen, die als Männer gelten möchten, nennen sich Transmänner, Männer, die als Frauen gelten möchten, nennen sich Transfrauen.
- Queer: Sammelbegriff für Menschen, die sich in Bezug auf ihr Geschlecht, ihre Geschlechterrolle oder ihre sexuelle Orientierung als «divers» empfinden. Wie «gender» wird auch der Begriff «queer» nie genau definiert. Historisch geht der Ausdruck «queer» auf AktivistInnen aus den USA der 1960er Jahre zurück, die aus den mittelständischen Organisationen von Schwulen und Lesben ausgeschlossen wurden (weil sie People of Color, Transmenschen oder verarmte Obdachlose waren).
- Queertheorie: Die BegründerInnen der «Queertheorie» erklärten, dass sie die Unzulänglichkeiten der «Gendertheorie» überwinden möchten. Auch bei der «Queertheorie» handelt es sich um einen parteilichen Ansatz – nicht um eine anerkannte, wissenschaftliche Theorie.
K.Kirsa
Eine ausführliche, informative und sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema.
Vielen Dank für Ihren aufklärenden Artikel!