1. Solidarität ist ein Akt der symbolsichen Selbstgabe. Sie ist daher zugleich weniger und mehr als Hilfe. Ihre Grundlage ist nicht Empathie, sondern Erkenntnis; Erkenntnis des Fehlens eines ausgleichenden Akts für eine fundamentale Mangellage von Menschen. Sie ist eine spontane Regung der Notwendigkeit, weder emotional noch rational. Sie zeigt sich als plötzliche Verpflichtung, die Sache … vorwärts
Rolf Bossart
Zukunft als Herrschaftsraum
“To praise the glorious future and the hopeless past.” Father John Misty, Leaving L.A./Pure Comedy “The old tyrants invoked the past; the new tyrants will invoke the future“ Gilbert Keith Chesterton I Die ideologische Schliessung der Zukunft «Wir müssen die Vergangenheit vergessen, um für die Zukunft gerüstet zu sein.» rief kürzlich ein Leitungsmitglied … vorwärts
Was tut die Kunst?
Wir sagen: Kunst ist eine Tätigkeit. Frage: Was für eine? Antwort: Es gibt drei Arten von Tätigkeiten: Die Arbeit, das Herstellen, das Handeln. Die Kunst hat sich in allen breit gemacht und ist vielleicht doch nur in allen auch noch immer diese eine, uralte, schreckliche Tätigkeit, aus der sie entstanden ist. Wir fragen also erstens: … vorwärts
Refugium des Rückzugs und Widerstands. Dem Eigensinn ein Kränzchen
Der Eigensinn hat seit Greta Thunberg Konjunktur, aber man ist bei ihr auch froh, hat man eine Diagnose dafür und kann ihn gut in Aspergers Wunderkiste versorgen. Alle, die mit Kindern zu tun haben, wissen: Es gibt Kinder, die sind seltsam eigen. Es sind nicht jene, die extra Aufmerksamkeitseinheiten brauchen, sondern jene, denen die … vorwärts
Versuch über Maradona by Kusturica
Fast vergessen ist dieser seltsame Film, den der ebenso gefeierte wie umstrittene Emir Kusturica vom und mit dem ebenso umstrittenen wie gefeierten Diego Armando Maradona gemacht hat. Eine Erinnerung anlässlich des Todes von Maradona Ende Jahr 2020. Und also machte sich 2012 der berühmte Regisseur Emir Kusturica, das serbische Naturtalent und damaliger Liebling der … vorwärts
Bildungsferne als Enge und Horizont: Einleitung zum Buch Bildungsferne von Roland Reichenbach
„Das Leben des Eros entzündet sich an der Ferne“ (Walter Benjamin, Nähe und Ferne, GS Bd.6, 83) I Es gibt kaum ein gesellschaftliches Problem, bei dem heute keine Korrelation zu mangelnder Bildung hergestellt wird. Bildung als wichtigste Ressource und die Forderung nach mehr Bildung gehören zu jenen Allgemeinplätzen öffentlicher Diskurse, die keiner näheren Begründung bedürfen. … vorwärts
Versuch über das politische Urteil angesichts der Angst in konkurrenzgetriebenen Gesellschaften
«Fürchtet euch nicht!» Erzengel Gabriel Vorbemerkung Dieser Essay erörtert die Grundlagen der existentiellen Angst der Menschen in konkurrenzgetriebenen Gesellschaften; verursacht durch die im Kapitalismus an alle Menschen herangetragene masslose Forderung nach Leistung vor Anerkennung. Die Ängste ernst nehmen? Nicht selten liest man bei politischen Analysten Sätze wie: Ängste werden instrumentalisiert und geschürt oder es wurde … vorwärts
Gotischer Realismus: Über zwei Motive im Essay «Glauben an Irdisches» bei Anna Seghers
Vor fünzig Jahren erchien bei Reclam Leipzig von Anna Seghers der Essayband “Glauben an Irdisches” Aus Anlass dieses kleinen Jubiläums möchte ich an den titelgebenden Text “Glauben an Irdisches” und seine bleibende und wiedergewonne Aktualität erinnern. Der Text trägt das Datum 1948 und hat auf den ersten Blick die Frage des Friedens und des Wiederaufbaus … vorwärts
Lob der Wiederholung (Tribute to Maureen Kägi)
Wiedererkennen und Wiederholen Eine der wichtigsten Künste besteht heute darin, die Welt nicht nur staunend wahrzunehmen, sondern sie vielmehr in einer Praxis des Wiedererkennens zu erschliessen. Das Erforschen der Welt bedeutet in dieser Hinsicht nicht das Suchen nach dem noch nie Gesehenen, sondern die Suche nach etwas Bekanntem, das verloren ist. Nach dem Wortlaut des … vorwärts
Zur Religionskritik von Marx, mit Marx und über Marx hinaus*
Karl Marx gilt als wichtiger Klassiker der Religionskritik.[1] Das heisst, seine einschlägigen Äusserungen sind sowohl gut zitierbar wie auch vielfältig deut- und verwendbar. Zitierbar ist vor allem der Satz vom Opium: «Religion ist das Opium des Volkes»[2]. Was leistet die Metapher vom Opium? Drogen bringen normalerweise nichts Neues hervor, sie steigern vorhandene Gestimmtheiten, versprechen Möglichkeiten, … vorwärts