Beginnen wir mit der berühmten Feststellung der drei jungen Männer in der Ästhetik des Widerstands von Peter Weiss[1] vor dem Pergamonaltar in Berlin: «Herakles fehlt!»
Der alte, griechisch geprägte, tief in Schuld verstrickte Heroenkult war nach den zwei Weltkriegen unmöglich geworden. Doch weil an seine Stelle in der reaktionären deutschen Trümmerliteratur der Nachkriegszeit nur der larmoyante Antiheld getreten war, blieb die Leerstelle für Peter Weiss schmerzlich. «Herakles fehlt!» bedeutet am Anfang seines grossen, geschichtsphilosophischen Unternehmens linker Weltdeutung nicht nur ein Aufatmen der Vergangenheit, sondern ein Auftrag für die Zukunft: Es fehlt der neue Held, der neue Mensch, dessen Wiederaneignung der Welt den Heroismus der Erfahrung[2] nicht scheut. Und, so die These der folgenden Erwägungen, dieser Heroismus der Erfahrung ist das Zentrum der Ästhetik des Widerstands.
Folgerichtig ist die Ästhetik des Widerstands so dick, so dicht und so schwierig, dass bereits das Lesen dieses Buches einem heroischen Akt gleicht. Die Lektüre ist die Mimesis der im Buch verhandelten und erinnerten Heldentaten. Sie gleicht durch die Anstrengung, die sie abverlangt, zugleich einem Reeanctment vergangener und der Vorwegnahme zukünftiger Kämpfe. Der Text ist eine Zumutung, eine Probe. Doch wer das Buch in den 70er und 80er Jahren dann doch gelesen hatte, empfahl es weiter, als wäre es das Wichtigste, und nur der Glaube an diese Bedeutung liess, solange Sozialismus und Antifaschismus eine politische Option waren, wiederum andere die Mühen der Lektüre auf sich nehmen.
Insofern heute Sozialismus und Antifaschismus aber «nur» noch als historisches Wissen fortleben und das historische Wissen über die Klassenkämpfe weder das Fundament noch das politisch Verdrängte unserer Gesellschaften darstellt, sondern höchstens als Schulstoff und als Forschungsgegenstand zum allseits integrierten Kulturgut geworden ist oder zur Bekenntnisformel für die eigene Herkunft aus dunkler Zeit, können die Stoffe der Ästhetik für sich genommen keine Kraft mehr entfalten. Das Eingedenken, die historische Vergewisserung, die Erinnerung, alles was zum Beispiel für Peter Weiss in seiner umfangreichen Rezeption solcher Stoffe so zentral ist, ist akademisch geworden und findet nicht mehr am «Küchentisch» statt, sondern, wenn überhaupt, im Seminar.
Zur Lage der Rezeption von sogenannt «engagierter Literatur» wie Weiss’ Ästhetik des Widerstands nach dem Fall der Mauer 1989 sind daher folgende Sätze von Moritz Bassler symptomatisch: «Und das ist vermutlich der Grund, weshalb Binnendifferenzierungen in diesem Roman entbehrlich sind und die Lektüre einem oft das Gefühl vermittelt, auf der Stelle zu treten. Der Roman-Text ist die gigantische Amplifikation einer historischen These. Wer die geschichtliche Konstanz von antiker zu europäisch kolonialer über die faschistische bis zur amerikanischen Ausbeutung nicht als historische Grundtatsache begreift, wer das duale Koordinatensystem von Oben und Unten als zu einfach befindet, wird das Buch kaum mehr lesen können. Denn ihm ist weggebrochen, was das Lektüremodell grundlegend voraussetzt: die Brisanz des Kampfes der Arbeiterklasse, die heroische Positionierung im Widerstand.» (Literaturen Nr. 10, 2005)
So zumindest lautete der Befund in den 90er und Nuller Jahren. Weiss’ Weltbild und das seiner Genossen im Geiste schien hoffnungslos veraltet. Und der Trotz, mit dem in der Linken oft auf diesen Bedeutungsverlust reagiert wurde, schuf vor allem repetitive oder sentimentale Werke, apologetische, die das Scheitern in Siege umdeuteten oder Erinnerung auf Einfühlung reduzierten, blosse Sehnsucht nach dem Verlorenen. Die Relektüre von aus der Mode gekommener heroischer Literatur muss an einem anderen Ort ansetzen. Und dieser Ort ist der Heroismus der Erfahrung, den nur haben kann, wer mit derselben grossen Erwartung und noch grösserer Verletzlichkeit, als sie geschrieben worden ist, die Lektüre auf sich nimmt und der immer lauernden und sich immer voreilig einschleichenden Enttäuschung solange misstraut, bis sie sich wimmernd hinter der Grösse der verhandelten Stoffe zurückzieht. Darunter lohnt die Lektüre nicht. Doch die Ästhetik des Widerstands ist ein solcher grosser Stoff.
Sinnbildlich dazu passt der grossmaulige Malgestus von Géricaults «Floss der Medusa», an dem Peter Weiss sich in der Ästhetik ausführlich abarbeitet. Gigantisch sind nur bereits die 35 Quadratmeter Fläche des Bildes, das heute im Louvre hängt. Es zeigt ein Floss mit den restlichen Überlebenden von ursprünglich 150 Schiffbrüchigen, kurz vor seiner Rettung vor der westafrikanischen Küste. Es handelte sich um Passagiere der gesunkenen «Méduse», die Teil eines Konvois von Kolonialisten war, die den Senegal 1816 für Frankreich wieder in Besitz nehmen sollten, nachdem dieser dem in den napoleonischen Kriegen besiegten Frankreich von den Engländern wieder zurückgegeben worden war.
Und genauso grossspurig wie der gigantische Pergamonaltar oder Delacroix, Picasso usw., an denen sich die Ästhetik des Widerstands versucht, ist der Anspruch der Ästhetik des Widerstands. Peter Weiss ist sichtlich bemüht, dem grossen Gestus des Malers Géricault und aller grossen Kunst mit seiner Sprache zu entsprechen. Dies tut er nicht (nur) aus Eitelkeit, sondern mit dem Wissen, dass diese Grossspurigkeit oder – mit dem sündigen Wort aus der christlichen Tradition gesprochen – dieser Hochmut ein wichtiger Baustein ist, um die heute im Anschluss an die Arbeiterklasse für ihre Rechte kämpfenden Menschen neu als ästhetisches Subjekt zu konstituieren – und nichts anderes ist ja die Voraussetzung ihrer Konstituierung als kämpfendes Subjekt.
John Berger schreibt über den Künstler: «Wenn wir unsere Arbeit überhaupt unter dem Kapitalismus fortsetzen wollen, dann gibt es für uns nur zwei mögliche Geisteshaltungen: entweder müssen wir ehrgeizig sein oder hochmütig. Der bescheidene Künstler ist ein Mann, den wir erst sehr viel später entdecken werden. Heute dient der Künstler entweder dem System, indem er ehrgeizig ist, oder er ist hochmütig auf der Suche – etwas anderes gibt es nicht.»[3]
Den genialen und hochmütigen Fussballer nennt man Schönspieler. Dieses Schimpfwort macht den Zusammenhang zwischen Ästhetik und Hochmut deutlich. Denn gute Fussballer, die nicht ab und zu hochmütig sind, spielen nur guten und nicht schönen Fussball, sie lassen sich in jedes Spielsystem integrieren. Im Gegensatz zu den hochmütigen, die immer wieder l’art pour l’art machen oder den Anspruch an einen Fussball, der nicht nur Resultate bringt, sondern auch noch schön ist, nicht fahren lassen. Hochmut ist der Mut, den hohen Anspruch nicht preiszugeben, nicht geistig ins Klein-Klein der kurzen Schritte und den kollektiven Funktionalismus abzudriften. Hochmut taktiert nicht, wartet nicht, beugt sich nicht den Umständen, ist deshalb meistens fehl am Platz, unnötig und überflüssig. Hochmut aber scheitert nicht, sondern die Umstände sind es, die scheitern am Hochmut. Und deshalb hat, wer hochmütig ist, auch Grossmut. Weil nur der Hochmut um die Not der Kleinmütigen weiss. Hochmut und Grossmut sind die ästhetischen Gesten des Widerstands. Kunst, so der Imperativ der Ästhetik des Widerstands, wird gross durch grosse Gedanken. Denn wo nichts Bedeutendes eine Deutung trägt, trägt die Deutung nichts Bedeutendes.
Das «Floss der Medusa» ist in diesem Sinn ein hochmütiges Bild. Nicht weil es eine Katastrophe abbildet, nicht weil es sich erlaubt, die Wahrheit über die Katastrophe zu wissen, auch nicht unbedingt, weil es so grossflächig ist, sondern weil es nicht für Normalbürger, sondern für Helden gemalt ist. Weil es damit rechnet und darauf zählt, dass es von Helden betrachtet und gedeutet wird. Auch, weil seine Deutung eine Heldentat verlangt. Weshalb?
Das Bild kritisiert die Hoffnung als ein Gefühl der Schwäche, die der trügerischen Realität auf den Leim geht und die sich nur auf eine unbestimmte Zukunft richtet, die nicht fähig ist, bereits die Gegenwart nach ihrem Inhalt auszurichten, vielmehr die Erfahrungen der Gegenwart nichts mit der Hoffnung zu tun haben. Das Bild zeigt kein Rettungsereignis, zumindest keines, das uns beruhigen könnte. Die Voraussetzungen für eine versöhnende Rettung fehlen. Stattdessen verlangt das Geschehen auf dem Bild nach der Erwartung als gefährdete und gefährliche Haltung, aber als Kraft, der sich die Erfahrung beugen muss, die also von der Erwartung her die Erfahrungen deutet. Der Satz «Die Erfahrung beugt sich der Erwartung» bedeutet, dass das, was für die Zukunft als bestimmte Erwartung vorausgewusst wird, die Gegenwart trotz gegenläufiger Erfahrungen bereits auf sie hin formen und gestalten kann. Die Hoffnung ist zwar als schwache Kraft präsent auf dem Floss, die Erwartung als «Kraft der Schwachen», um es mit einem Buchtitel von Anna Seghers zu sagen, fehlt aber. Um die Bedeutung dieser Differenz zu verdeutlichen, ist es nötig, einige Stoffe und Bilder auszubreiten:
Erstes Indiz für die These der hochmütigen Kritik an der Hoffnung als Gefühl der Schwäche ist eine Vorstudie von Géricault zum Bild. Im Vergleich zum vollendeten Werk sind im Entwurf zwei Dinge auffällig: Erstens der Grund der Hoffnung, der auf dem fertigen Bild nur noch mit einem schwachen Segel angedeutet ist, erscheint hier noch klar und deutlich als dreimastiges Schiff. Durch diese Reduktion von der Vorstudie zum Original wird nicht nur der Grund der Hoffnung abgeschwächt, ja sogar als mögliches Trugbild ausgegeben, sondern, weil die Rettung ja so unbestimmt ist, gar nicht wirklich bevorsteht, fällt auch der Blick zurück aufs Floss, auf die wahren Verhältnisse dieser Gruppe. Die zweite Differenz, die auf dieser Vorstudie interessant ist, ist das Fehlen der grossen Woge, die ja auf dem grossflächigen Meisterwerk als überdeutliche Wand aufgebaut ist.
Das zweite Indiz, und damit folge ich einem Vortrag des Religionsphilosophen Klaus Heinrich,[4] sind die Windverhältnisse auf dem Floss.
Wenn wir genau hinsehen, dann bläht sich das Tuch, mit dem die Männer ganz rechts dem Schiff am Horizont zuwinken, in die andere Richtung als das Segel auf der linken Flossseite. Es herrschen auf ein und demselben Floss verschiedene Windverhältnisse. Wohin also geht die Reise? Wenn wir zusätzlich noch die Woge hinter dem Schiff betrachten, können wir darüber sehr unterschiedliche Vermutungen äussern. Ist das überhaupt eine Woge? Auf jeden Fall ist sie, obwohl Géricault Wellen sehr genau studiert hat, keineswegs naturalistisch. Überhaupt ist das Interesse an Natur auf diesem Bild seltsam gering, kontrastiert geradezu mit der völligen Ausgeliefertheit der Schiffbrüchigen an Natur. Unter anderem entsteht wohl auch deshalb der Eindruck, dass die Woge nicht unbedingt brechen und auch nicht verschwinden wird, sondern inne hält.
Auf die verschiedenen Diagonalen, die die einzelnen Bildteile gegenseitig verbinden, ja festzurren, kommt man schon bereits bei einer ersten Betrachtung. Auch daraus ergibt sich keine Fahrtrichtung, sondern nur Stillstand. Das bedeutet, die Katastrophe befindet sich im Stillstand. Denn abgesehen davon, dass das Riesenfloss durch so ein Minisegel ja sowieso nur ins Schlingern und nicht in Fahrt gerät, bläst der Wind auch noch kreuz und quer, und so können wir gegen die Hoffnung der rechten Flossseite formulieren: Nicht der Sturm, nicht die Fahrt in die falsche Richtung, sondern der Stillstand ist hier die Katastrophe.
Aber was bedeutet dieser Stillstand genau? Was ist Stoff oder Thema dort, wo nichts geht, obwohl alles in Wallung und Brechung begriffen ist? Dazu tauchen wir kurz in zwei Stoffgebiete ein, die gleichsam unbewusst als geheime Faszinations- und Schub- bzw. Bremskraft der abendländischen Geschichte gelten können und die deshalb im Fokus geschichtlicher Aufklärung stehen und die bei Peter Weiss – zwar nur am Rande – aber doch gleichsam als Rahmung am Anfang und am Schluss seiner Bilderzählung auftauchen:
Erstens: Es gibt am Anfang der Floss-Passage in der Ästhetik des Widerstands einen Hinweis auf die Medusa des griechischen Mythos, diese Schreckensgestalt, der vom Heros Perseus der Kopf abgeschlagen wird: «Männliches und weibliches ging ineinander über, da war die Erinnerung an Medusa, aus deren Leib Pegasus sprang. Ihr schauerliches Gesicht mit dem versteinernden Blick war sowohl im Kopf des Pferds als auch in dem des Kriegers zu erkennen. Sich abwendend von der Gorgo, nur in einem Spiegel ihr fratzenhaftes Antlitz auffangend, hatte Perseus sie getötet, und dieses Ausweichen war auch Picasso zu eigen. Die aufgreifende Gewalt blieb unsichtbar in seinem Bild, nur die Überwältigung war da, nur die Betroffenen zeigten sich. Entblösst, schutzlos waren sie dem nicht sichtbaren Feind ausgesetzt, dessen Stärke ins Unermessliche wuchs. Perseus, Dante, Picasso blieben heil und überlieferten, was ihr Spiegel aufgefangen hatte, das Haupt der Medusa, die Kreise des Inferno, das Zersprengen Guernicas. Die Phantasie lebte, solange der Mensch lebte, der sich zur Wehr setzte.» (Weiss, 420.) Zweitens steht am Schluss noch der Hinweis auf die Melancholie, die zweite starke Auslegungsfährte des Bildes: «Und doch war es mir noch nie so deutlich geworden, wie in der Kunst Werke geschaffen werden konnten, die Versperrtsein, eine Verlorenheit überwanden, wie mit der Gestaltung von Visionen versucht wurde, der Melancholie Abhilfe zu leisten.» (Weiss, 486.)
Die Stoffe Medusa und Melancholie sind bei Géricault vereinigt in der seltsamen Denkerfigur, die gegen die Blickrichtung der Hoffnung gerichtet, die eigentliche Rätselfigur auf dem Floss abgibt. Das Mythologie-Lexikon informiert über die Geschichte des Perseus, der um heiraten zu können zuerst der Medusa den Kopf abschlagen muss und nachher den Seedrachen, der Andromeda bedroht, tötet. Inwiefern ist dieser Stoff präsent auf dem Floss? Trägt es mehr als ihren Namen? Ist dieser Name mehr als eine oberflächliche Metapher des allgemeinen und existentiellen Schreckens?
Peter Weiss zeichnet folgende Betrachtungslinie auf dem Floss: «Sie lehnten und hingen aneinander, alles widerstreitende, das sie auf dem Schiff zusammengeführt haben mochte, war vergangen, vergessen war das Ringen, der Hunger, der Durst, das Sterben auf hoher See, zwischen ihnen war eine Einheit entstanden, gestützt von der Hand eines jeden, gemeinsam würden sie jetzt untergehen oder gemeinsam überleben, und das der Winkende, der Stärkste von ihnen, ein Afrikaner war, vielleicht zum Verkauf als Sklave auf die Medusa verladen, liess den Gedanken aufkommen an die Befreiung aller Unterdrückten.» (Weiss, 427.)
Weiss sieht eine Einheit, er sieht eine aufsteigende Linie, von links unten, den Zerschlagenen, bis zum schwarzen «Sklaven», der sich hoffnungsvoll und kraftvoll erhebt. Das Bild wird hier zum Symbol für den antiimperialistischen Befreiungskampf der 3. Welt, das Desaster der Kolonialmacht Frankreich, für die der Untergang des französischen Flaggschiffs «Medusa» ja steht, wird zum Fanal für die Kolonien. Denken wir an Algerien, Angola oder Moçambique. Aber heute, dreissig Jahre nachher, wo die Welt weder entkolonisiert ist noch die meisten Widerstandsbewegungen fortschrittlich eingestellt sind – schon in Franz Fanons Verdammte dieser Erde hatte die nationalistisch-chauvinistische Rhetorik einen Ehrenplatz – fällt unser Blick wieder zurück aufs Floss. Und dieses zerfällt in zwei Hälften, die nichts miteinander gemein haben als den prekären Grund, auf dem sie stehen, sitzen, liegen. Die aufsteigende Linie, die Peter Weiss noch sah, ist verschwunden.
Es gibt rechts diesen Hoffnungsturm der erstaunlich kräftig und stark gemalten Leiber mit den quasi typisierten Gesichtern aus der Tradition der römischen Malerei und links eine desolate Gruppe der Zerschlagenen, die von den anderen im Augenblick der Hoffnung kaum beachtet wird, die aber in die entgegengesetzte Richtung blickt. Es gibt nur Korrespondenzen, aber keine Vermittlung zwischen den zwei Seiten. Und aus dieser Zweiteilung des Flosses ergibt sich die Frage, ob, wenngleich auf diesem Floss nur Männer bzw. allegorisierte Frauen sind, nicht rechts eine demonstrative, das heisst auch typische Männerwelt aufgebaut ist und links als ihr verdrängtes und abgedrängtes und vergessenes Anderes eine weibliche Welt, die emblematisch verdichtet ist im Medusenstoff und in der Melancholie. Denn wenn wir diese Rätselgestalt «Medusa» noch etwas genauer betrachten, bemerken wir, dass sie eine Mischung ist aus Pietà und Hexe.
Medusa, die in den verschiedenen mythologischen Berichten einmal als schön und einmal als hässlich beschrieben wird, steht emblematisch für dieses Verdrängte. Ich habe mit Heinrich gesagt, Mythologie verdränge nicht, sondern führe uns Verdrängungsprozesse vor Augen, deshalb ist sie für den Künstler, insofern sie als Mythologie verstanden wird, ein hervorragendes Instrument, den Betrachter nicht zum Rezipienten, sondern zum Analytiker zu berufen. Die Medusa- und also vordergründig die Perseus-Heldensage ist in der griechischen Mythologie jener redende Stoff, der die patriarchale Anstrengung, mit der das nicht domestizierbare und deshalb Angst machende Andere, das wir medusisch «Wildheit/Undomestizierbarkeit/Eigensinn» nennen können, verdrängt und verbannt wird, in verschiedenen Varianten oder Lösungen vorführt. Die eine Lösung ist die Medusa-, die andere ist die Andromeda-Geschichte. Bei beiden ist Perseus der handelnde Held.
Medusas schrecklicher Blick lässt jeden, der ihr ins Gesicht sieht, erstarren. Perseus schlägt ihr, mit der Hilfe der Nymphen (Stichwort Geschlechterverrat), den Kopf ab, indem er sie, dies seine List um sie nicht anschauen zu müssen, nur durch die Verzerrung im Spiegel wahrnimmt. Fortan trägt er das Medusenhaupt mit sich, der Schrecken ist nun sein eigen geworden, weil nun er mit dem Medusenhaupt seine Gegner starr macht. Der Glaube an diese Kraft des Medusenhauptes findet sich in der Antike in vielen Darstellungen. Beispielsweise war die Medusenmaske häufig an Hausdächern als Abwehrzauber befestigt. Klaus Heinrich gibt eine aufschlussreiche Beschreibung einer solchen antiken Medusa: «Gucken sie sich zunächst einmal diese Figur, die nur als Kopf vorgeführt ist, als abgeschlagener Kopf dazu, und die zu den grössten Abwehrzaubern der Antike gehörte, näher an. Als erstes fällt ihnen auf: nicht nur dass in einer Art triumphaler Muschel diese tönernen Palmettenblätter sie umkleiden, sondern dass sie zudem von einem triumphierenden, aufrecht stehenden, sich sträubenden Schlangenhaarkranz umgeben ist (…); dann fällt ihnen auf die nach unten gestreckte, aber nicht wie bei einer erhängten hängende, Zunge; dann fällt ihnen auf der grausige aufgerissene Schlund, mit Zähnen bewehrt; und schliesslich etwas, was diese Figur faszinierend in des Wortes realer Bedeutung macht – nicht nur abstossend, sondern auch anziehend –: eine durchaus attraktive Wildheit. Es ist ja auch ein Tierkopf; es ist, was schon als herrschaftsemblematisch verstanden werden kann, ein Löwinnenkopf, der hier Pate gestanden hat, bei dieser wilden, schönen Vejischen Medusa.» (Heinrich, 18.)
Andere Darstellungen aber lassen den Perseus auf der Flucht vor den Schwestern der Medusa ins Leere oder, zum Beispiel auf Vasen, ziellos im Kreis herumrennen, dies deutet schon darauf hin, dass der Konflikt der Geschlechterspannung mit dieser Brachial-Lösung des Kopfabschlagens nicht wirklich gelöst oder besser gesagt vermittelt ist. Vergleichen wir dazu auch rechts vorne auf dem Bild von Géricault die kopflos im Wasser liegende Allegorie der Liberté. Übrigens ist die staatstragende und zeustreue Göttin Athene, die laut Sage Medusa so gehasst hat, aller Wahrscheinlichkeit nach die patriarchal domestizierte Nachfolgerin der Medusa. Zum Beispiel trägt sie auf manchen Darstellungen das Medusenhaupt als Amulett um den Hals oder im Brustpanzer.
Um hier etwas deutlich zu machen gegen feministische Ursprungsphantasien: Was hier geschieht, ist nicht Entzweiung einer ursprünglich harmonischen Weiblichkeit in matriarchalen Urzeiten, sondern der brutale und Herrschaft begründende Versuch, mit der Zweideutigkeit des Menschen im Bild der nicht begriffenen und ängstigenden Weiblichkeit ein für allemal fertig zu werden.
Die zweite patriarchale Lösung des Problems, die Andromeda-Geschichte, zeigt das noch etwas klarer. Die zweite Grosstat des Freiheitshelden Perseus ist die Befreiung der Andromeda aus den Fängen des Drachens. Hier haben wir nun nicht mehr diese zweideutige Anziehung und Abstossung von Schlange und Schlund, Lachen und Schrecken, die der Mann nicht trennen kann und so den ganzen Kopf vom Körper trennt, sondern die Frau ist schon von Anfang gespalten in den bösen Drachen und in die schöne, anziehende Jungfrau, also die patriarchal brauchbare, weibliche Seite. Der Witz dieser Spaltung ist es, dass die Tötung des Drachens, die die Beseitigung der Eigenmacht des Weiblichen darstellt, als Befreiung der Jungfrau von ihrer Bedrohung erscheint, die sie ja unter patriarchalen Voraussetzungen auch wirklich ist, da mit Eigensinn in einer patriarchalen Ehe nichts zu gewinnen wäre. So kriegt Perseus eine liebe und dankbare Frau, zwar nur eine gespaltene oder verstümmelte, aber sie ist das, was man im Volksmund die bessere Hälfte nennt. Überdeutlich wird diese Umdeutung von Verstümmelung in Befreiung im Perseus-Triptychon von Max Beckmann, gemalt 1940/41 im Exil in Amsterdam.
Was für ein schrecklicher Held! Die Fratze des Perseus ist unerträglich. Die befreite Andromeda hält er verkehrt herum wie eine Beute, genauso wie den Drachen. Braut und Monster sind vereint als Beute des Siegers. Wenn wir nun das Bild drehen, sehen wir eine sitzende und traurige Andromeda, die zärtlich die Hand um den Hals des ermordeten Drachens legt, beinahe wie diese Pietà auf dem Floss. Das heisst, erst wenn sogenannte Befreiungstaten wie die Befreiung der Andromeda, die nur das Monster besiegen, das sie vorher eigens durch Spaltungs- und Dämonisierungsvorgänge geschaffen haben, entlarvt sind als Unterwerfungsprozesse, dann sind die Befreiten keine Beutestücke der Befreier mehr, dann geht Befreiung ohne Opferung der einen Hälfte, hier der Drache, dort die linke Flosshälfte, dann wenn Befreiung nicht mehr grausame Spaltung und Opfertat ist, kann auch der Befreier menschlich bleiben.
Folgerichtig kann Perseus, der grausame Bezwinger der Geschlechterspannung, der menschlichen Zweideutigkeit, der Fremdheit und Andersheit, in der Kunst seinen Helden- und Befreierstatus nicht unangefochten aufrechterhalten. In der Renaissance, die ja nicht nur eine billige Reproduktion der Antike ist, sondern eine Relektüre unter neuen, das heisst emanzipatorischen Vorzeichen und Bedingungen, setzt sich eine neue Darstellungsweise des Medusen-Perseus-Stoffes durch. Es ist die Melancholie, diese zweite Stoffspur, die wir auf dem Floss der Medusa gefunden haben. Von Benvenuto Cellini gibt es eine diesbezüglich interessante Statue in den Uffizien in Florenz.
Wir sehen hier zwar die Siegerpose des Perseus, wie sie dem Mediciherzog entspricht, der hier Auftraggeber war, aber was für eine! Der Kopf ist gesenkt als wäre Trauer der realistische Ausdruck des Siegers und die beiden Köpfe, der des Perseus und der der Medusa, gleichen sich, als hätte Perseus ein Stück von sich selber abgeschnitten. Demnach wäre also Domestizierung und Eroberung, die sich als Befreiung ausgeben, wenn wir Medusa und Andromeda, die übrigens im Sockel als Relief abgebildet ist, wieder zusammenlesen, nichts als Selbstverstümmelung des Helden. Wenn sich für den reuigen Täter die Gewalt, die Herrschaft begründet und Opfer produziert hat, als nicht mehr rückgängig zu machen erweist, bleibt oft nur die harmonisierende Selbsterkenntnis, dass auch er, der Täter, durch seine Tat zum Opfer wurde, dem Opfer also gleicht. Die Melancholie, die im Standbild das irregeleitete Pathos des Perseus ersetzt, ist durchaus ein modernes Gefühl, weil es uns erlaubt mit einem weinenden und einem lachenden Auge in einem Zustand zu verharren, indem alles, was unwiederbringlich zerstört ist, mit einer entlastenden Geste der Vergeblichkeit genossen werden kann. Auch dies kann die Angleichung der Köpfe von Medusa und Perseus bedeuten: die Erledigung der Antagonismen im Gefühl der Melancholie.
Der Medusa-Andromeda-Perseus-Stoff und daraus folgend das Melancholie-Thema sind als verdrängte Stoffe und Ursache der beschriebenen Teilung und des Stillstands auf dem Floss der Medusa präsent. Bei dieser Hypothek ist die Frage offen, was denn die Retter, wenn sie kämen, hier zu retten hätten und was aus den Geretteten werden könnte. Denn auch der historisch verbürgte, kannibalistisch geführte Überlebenskampf auf dem Floss führt ja nicht bruchlos und schuldlos ins gerettete Leben hinein. (Vor diesem Hintergrund wirkt Weiss’ weiter oben zitierter Satz: «Vergessen war das Ringen und das Sterben auf hoher See.» geradezu als Verrat gegenüber seinem eigenen Anspruch des Eingedenkens.) Auch deshalb ist die Hoffnung der demonstrativen rechten Männerseite verfehlt, ja sie wünscht sich mit diesem Trugbild am Horizont eine Rettung herbei, die kaum mehr sein kann als die Fortführung des regressiven Überlebenskampfes auf dem Floss mit anderen Mitteln und also nicht mehr für alle ist, sondern nur noch für die Hälfte. Tatsächlich starb ja die Hälfte der Schiffbrüchigen des Medusaflosses kurz nach ihrer Rettung.
Es ist daher nicht Hoffnung, was hier fehlt, sondern Erwartung. Denn die Hoffnung ist nur das geschwächte Kind einer enttäuschten Erwartung. Hoffnung, so können wir nun in Analogie zur hier präsenten Geschlechterspannung sagen, ist um ihre nicht domestizierbare Wildheit gekürzte Erwartung und also nur halb. «Erwartung», so schrieb Paul Tillich 1932 in seinem Buch Die sozialistische Entscheidung, «ist das was kommen wird und sofern es kommen wird, unabhängig ist von menschlichem Tun. Und das Erwartete ist das, was kommen soll, das Geforderte, und sofern es gefordert ist, nur zu verwirklichen durch menschliches Tun. Es ist die Lebendigkeit und Tiefe des sozialistischen Glaubens, dass er diese Spannung deutlich und gefahrvoll in sich trägt. Denn die gefahrvollste menschliche Haltung ist die Erwartung. (…) Nur die Erwartung kann den Tod überwinden, mit dem das neue Aufbrechen des Ursprungsmythos das Abendland bedroht. Erwartung aber ist das Symbol des Sozialismus.»[5] Wo die blosse Hoffnung einen künftigen Zustand nur phantasieren kann, weiss die Erwartung um die Notwendigkeit der Wachsamkeit und der vorbereitenden Handlungen. So ist zum Beispiel der 1. Mai in erster Linie eine symbolische Handlung der Vorwegnahme künftiger Solidargemeinschaften und erst in zweiter Linie ein Kampftag mit konkreten Forderungen. Und das Pathos der Arbeiterbildung, wie es auch in der Ästhetik des Widerstands präsent ist, bezog seine Kraft nicht nur aus reiner Nützlichkeit, sondern vom Glauben an eine künftige Gesellschaft der Freien. Hoffen ist Wünschen, Erwarten ist Begehren. Und deshalb ist Erwartung die zureichendere, weil heroische, freie Haltung des linken ästhetischen Subjekts, die die alten Lösungen der Konflikte als unzureichend zurückweist und neue, zureichendere fordert und vorbereitet.
Und hierin liegt der innere Zusammenhang der langen Beschreibung des Flosses der Medusa und der anfänglichen Feststellung des Fehlens von Herakles vor dem Pergamonaltar in der Ästhetik des Widerstands. Nach den Gewaltorgien zweier Weltkriege und angesichts zunehmender technischer Verfügungs- und Zerstörungsgewalt ist die Paradoxie des den Wellen ausgelieferten Flosses im Stillstand eine zentrale Metapher für die Menschheit. Die grundsätzliche Zweiteilung der Schiffbrüchigen erzählt von der Zweiteilung in Ost und West, in Nord und Süd, in Frau und Mann, in arm und reich usw. Die spezifische Teilung in Hoffende und Hoffnungslose, in solche, die noch zu retten sind, und solche, für die jede Rettung zu spät kommt, erinnert auch an die Situation der Linken, wie sie Peter Weiss im Roman durcharbeitet. Und wem würden nicht heute bei dem Floss, das anfänglich 150 Personen aufgenommen hat und am Schluss noch 15 Überlebende birgt, die hoffnungslos überfüllten Boote mit Flüchtenden auf dem Mittelmeer vor Augen stehen? Es ist der grosse Realismus des Peter Weiss, der mit der komplexen Ausbreitung solcher Stoffe, zu deren Erfassung sowohl die Aufklärungsgeschichte wie auch der Mythos notwendig sind, allen spaltenden, vereinheitlichenden Lösungen der verhandelten Konflikte den Weg verstellt. Zu durchschauen ist das alles nur von einem ästhetischen Subjekt, das die Widersprüche im Einheitlichen erkennen und im Widersprüchlichen, ja noch im Grauenvollen das Einheitliche der Menschheitsgeschichte aushalten kann. Die heroische Bereitschaft, die hierzu notwendig ist, findet in Herakles ihre zweideutige Leitfigur: Das Fehlen des Zivilisationshelden Herakles umfasst beide Szenarien, die sich aus unserer durch Peter Weiss und Klaus Heinrich geleiteten Lektüre des Flosses der Medusa ergeben haben: Einerseits Zivilisation im Stillstand, Zerfall der Einheit der Menschheit, Verlust der Universalgeschichte, aber auch das Aufatmen der unterdrückten Kreatur und die Regeneration des Natürlichen.
Angesichts der Tatsache, dass sich eine Blutspur durch die Verkörperung rechter wie linker Utopien zieht, dass es also offensichtlich im Politischen keine eindeutig guten Handlungen geben kann, kann die Substituierung des Heros Herakles nicht einfach in einem neuen Heroismus der Tat bestehen, sondern zunächst einfach nur in einem konsequenten Heroismus der Erfahrung. Der Weg der Linken im 21. Jahrhundert muss die kollektive Einübung einer nichts verdrängenden, nichts harmonisierenden und nichts dämonisierenden Erfahrungsbereitschaft sein. Diese Bereitschaft, sich allem auszusetzen, bewahrt die Linke davor, ins Wohlfühlghetto eines stimmigen Allgemeinoptimismus abzuwandern. Sie führt aber zu Beliebigkeit und Zynismus, wird sie nicht in den Interpretations-Rahmen einer starken Erwartung gehängt. Nur die Erwartung einer kommenden, umfassenden Befreiung, wie sie der Arbeiterbewegung und ihren Vorläuferinnen immer eigen war, kann einen solchen Rahmen bieten. Weil nur hier die anthropologische Grundspannung zwischen dem Wünschbaren und dem Machbaren auf Dauer produktiv ist. Nur mit einer Erwartung, die aufs Ganze geht, erträgt man die Halbheiten des politischen Alltags, kann man diese, selbst die Schlimmsten, als Erfahrungen integrieren und muss sie nicht als Sinnlosigkeit abtun. Der Reformismus, der aus Angst vor der Monstrosität einer umfassenden Befreiungserwartung, die Halbheiten zum Ziel erklärt, verkürzt Realität auf Realisierbarkeit. Weil er in seinem Erwartungsrahmen nur die Hälfte sieht, verliert er das Sensorium für die Spaltungen und Unterdrückungen, die er vornimmt, glaubt sich unschuldig, wo er schuldig ist. Andererseits ergibt sich, so zeigt die Geschichte, bei einem umfassenden politischen Erwartungsrahmen immer auch die Gefahr des Totalitären. Diese aber ist umso kleiner, je besser in der kollektiven Zukunftsvision die Dialektik von dem, was man selber dafür tun kann, und von dem, was man nur erzählen, darstellen, ankündigen, erflehen kann, ausgehalten wird. Das heisst, dass eine kollektive politische Erwartung dem drohenden Totalitarismus nur entgeht, wo sie der Versuchung einer autarken Vernunft oder anders gesagt der Hybris des Immanentismus entgeht, indem sie der undomestiezierbaren Unvernunft der Transzendenz ein Fenster offenhält und weder das Ziel noch den Weg dazu als autarken Akt missversteht. Die Aporie der Linken nach Stalin, weder reformistisch noch totalitär zu sein, kann nur in dieser Spannung aufgehoben werden. Das ist auch der Grund dafür, dass der Hauptfeind der zu tiefst immanentistischen Postmoderne die Geschichtsphilosophie war. Denn es ist der niemals aus ihr allein zu zeugende Sinn der Geschichte, der die lose Abfolge historischer Ereignisse zu brauchbaren Erfahrungen macht.[6]
Letztlich ist dies der tiefere Sinn dessen, was wir als Heroismus der Erfahrung bezeichnen können: Die Balance zu halten zwischen Selbstbestimmung und Schicksal. Diesem Heroismus ist die Ästhetik des Widerstands verpflichtet. Sie kommt ihm nahe in der fein gestimmten Ausbreitung ihrer Stoffe und sie löst ihn ein in Passagen wie der folgenden, wo das Jetzt und das Noch-Nicht gleichberechtigt handlungsleitend sind. Der Erzähler berichtet in der abschliessenden Reflexion über das «Floss der Medusa» vom Ethos seines Vaters, einem einfachen Arbeiter, der, weit vom Ziel einer siegreichen Revolution entfernt, sich trotzdem so verhält, als wäre sie ganz nahe: «Dass wir missbraucht werden, sagte er, dürfe nicht dazu führen, dass wir in unserer Arbeit nur Zwang und Fron sähen und uns von Unlust und Unwillen leiten liessen. So wie wir verloren wären, wenn wir uns nicht den Inhalt von Büchern und Bildern aneigneten, so würden wir absterben, betrachteten wir nicht jetzt schon jedes Ausrüstungsstück in der Fabrik, jeden von uns erzeugten Gegenstand als unseren Besitz.» (434). Denn die Erwartung macht die Erfahrung schön und die Erfahrung macht die Erwartung wahr.[7]
[1] Peter Weiss, Die Ästhetik des Widerstands, Suhrkamp Frankfurt am Main 2005 (erste Auflage 1975).
[2] Ich entlehne diesen Begriff dem Regisseur und Autor Milo Rau. «Heroismus der Erfahrung» ist ein zentraler Begriff im Werk von Milo Rau und des IIPM.
[3] John Berger, Die Spiele, Leipzig 1991, 128.
[4] Klaus Heinrich, Das Floss der Medusa, in: Floss der Medusa. 3 Studien zur Faszinationsgeschichte, Basel 1995, 9-75.
[5] Paul Tillich, Die sozialistische Entscheidung, in: ders., Christentum und soziale Gestaltung. Frühe Schriften zum religiösen Sozialismus, Stuttgart 1962, 312 und 365.
[6] Die für den Westen spezifische Verkörperung dessen ist der jüdische Messianismus. Jede linke Erwartung, egal wie religiös oder säkular sie gedeutet wird, steht in einem Verhältnis dazu.
[7] Denn so wie die Erwartung die Erfahrung hinaufzieht, bindet die Praxis, die zwingend zur Erwartung dazu gehört, diese wiederum zurück an die Wahrheit der Realität.
Klaus Dörre
Sehr gut!
Georg Huber
Ein sehr feinfühliger Artikel! Danke!