Man muss sich nichts vormachen: Es war eine Niederlage der griechischen Regierung gegenüber den Gläubigern. Doch nicht nur Syriza ist – vorläufig – gescheitert. Gescheitert ist die gesamte Linke in Griechenland und im übrigen Europa. Europa ist nicht mehr wie zuvor. Von links kann dieses Projekt europäischer Einigung via EU kaum noch verteidigt werden, ohne in blanken Illusionismus umzuschlagen. Aber was dann?
Die Mindestforderung lautet schon seit dem letzten EU-Wahlkampf: keine weitere Kompetenzübertragung von der nationalen Ebene an diese EU. Unzweifelhaft zutreffend. Und weiter? Manche hoffen darauf, nun mit Alternativen zu diesem Europa punkten zu können – jetzt erst recht. Doch schon vor der Krise fragte sich: mit welcher Durchsetzungsstrategie verfolgen wir diese Alternativen? Die Sozialunion war 20 Jahre lang Leitbild und schließlich Illusion geworden. Angesichts der Größe der Niederlage – die Unterwerfung der griechischen Regierung – blüht der Trotz nun umso radikaler: ob wir nun einen LExit (linken Exit) befürworten, eine radikale Demokratisierung der EU oder eine Arbeitslosenversicherung für alle. Nichts davon ist realistisch, nichts davon wird mit einer Strategie verfolgt, wie wir da hinkommen. Es handelt sich um eine Politik, die sich in Erklärungen und Gedankenspielen fern der Macht erschöpft. Es gibt kein politisches Subjekt ihrer Durchsetzung. Als organisierende Weltauffassung und politische Orientierung taugen diese verzweifelten Versuche der Selbstbehauptung nicht. Ich zumindest bin verunsichert, wie es weitergehen kann mit einer gesellschaftlichen Transformation.
Wir in Deutschland haben nichts beigetragen zur Verschiebung der Kräfteverhältnisse. Unsere Solidarität mit Griechenland war symbolisch wichtig. Doch Demonstrationen für gesunde Lebensmittel erreichen ein Vielfaches an Teilnehmerinnen als jene für Solidarität und gegen die Krisenpolitik der deutschen Regierung. Und nun hat eine Debatte angehoben, die nicht nur in Griechenland wie ein Spaltpilz wirkt. Schäubles zweiter Sieg sozusagen. Die Linke wird gespalten. Bei uns läuft es nicht so dramatisch, aber doch heftig genug, um von den eigentlichen Problemen und Fehlern abzulenken.
1. Wir müssen mehr werden
Was wäre eine strategische Position – nicht nur eine programmatische –, die tatsächlich Kräfteverhältnisse ändert? Das bringt die Organisationsfrage wieder auf die Tagesordnung. Und hier lässt sich immer noch extrem viel von den Erfahrungen in Griechenland und Spanien seit 2011 lernen. Wir haben es mit unserer Solidarität nicht geschafft, einen Unterschied zu machen, weil wir viel zu wenige sind, keine auch nur annähernd ausreichende Verankerung bei den subalternen Gruppen haben, keine auch nur annähernd ausreichend verbindenden Praxen entwickeln konnten. Das gilt natürlich auch für die Linke in Portugal, Irland, Frankreich, Italien usw. Hier könnten wir ansetzen: mit einer Strategie, die sich stärker der Intervention in konkrete soziale Alltagsverhältnisse durch zivilgesellschaftliche Organisierung zuwendet und dies mit veränderten Praxen innerhalb eines linken Mosaiks verbindet (vgl. Candeias/Völpel 2014).
Die Verschiebung der Betonung und der Prioritäten in der Strategie kann als Wechsel vom Diskursiven (den programmatischen und medial vorgetragenen Argumenten) zum Materiellen (den Interventionen in konkrete soziale Verhältnisse) bezeichnet werden. So konnte in Spanien wie in Griechenland die Basis verbreitert werden, weit über die üblichen Milieus der Linken und der bereits Aktiven hinaus. Deren Elementarteile sind lokale Einheiten, in denen Mitglieder nicht einfach nur über Politik diskutieren, sondern darüber hinaus Alltagspraxen teilen, Zwangsräumungen verhindern, Mieter organisieren, Arbeitskämpfe unterstützen, Flüchtlingsarbeit leisten etc. Solidarnetzwerke, die so mehr Menschen in die politische Organisierung einbeziehen, die sich freilich selbst entsprechend reorganisieren muss. So konnten auch jene prekarisierten und oft migrantisch geprägten Klassenfraktionen erreicht werden, die sich nichts mehr von Wahlen und Demokratie versprechen. Vielversprechend wären auch langfristig Pilotprojekte eines «Transformation Organizing» in sogenannten sozialen Brennpunkten. Diese solidarischen Praxen in der «Mitte» und «Unten» lieferten die Grundlagen für den Erfolg von Syriza, oder der spanischen Kommunalbewegungen in Barcelona, Madrid (dazu haben wir auch Zahlen) und vielen anderen Städten – Podemos hat seine Bewährungsprobe auf nationaler Ebene noch vor sich. Um vielleicht «scheitern» zu können wie Syriza, müssten wir erst einmal so erfolgreich sein, so weit kommen. Das wäre vielleicht die erste Lehre aus dem Scheitern.
2. Erfolgreiches Scheitern muss organisiert werden
Das gilt auch für jene, die sich nun durch die Niederlage Syrizas bestätigt sehen. Oder wie es vom Befürworter eines linken Grexit, Stathis Kouvelakis heißt, ehemaliges Mitglied im Parteivorstand von Syriza und führendes Mitglied der Linken Plattform, die sich ja nun unter dem Namen «Einheit» abgespalten hat: Das ist die «typische ‹Ich habe es von Anfang an gesagt›-Strategie. Wenn sich allerdings aus dieser Position keine Antriebskraft ableiten lässt, ist man politisch gescheitert. Denn wenn man machtlos ist und sich als unfähig erwiesen hat, seine Position in eine Handlungsweise für die Massen zu übersetzen, wurde die Position offensichtlich nicht bestätigt.» (in: «marx21», 21.7.2015)
Ein Diskurs des Hat-doch-alles-nichts-Gebracht war schon nach dem ersten Abflauen von Occupy und Indignad@s dominant und erwies sich als wenig nützlich, voreilig und vor allem falsch. Zugegeben: Die Niederlage ist diesmal besonders heftig (zumindest für die kurze Geschichte der Linken seit Beginn der jüngsten großen Krise). Doch waren Niederlagen immer auch wichtige Momente der Aufarbeitung, des Lernens, der Reorganisierung. So gesehen war Scheitern schon immer die wichtigste Bewegungsform der Linken. Solche Lerneffekte sind natürlich kein Automatismus. Damit verlorene Kämpfe nicht in Desorganisation und Zersplitterung führen, muss es auch eine verbindende Praxis bei der Aufarbeitung und beim Reorganisieren geben. Erst recht, wenn der Kampf noch gar nicht beendet ist, wie im Falle Griechenlands und des europäischen Austeritätsregimes. Ein Moment der Katharsis, wenn man ihn nutzt.
Dabei schadet die Zuspitzung auf die Frage des Grexit einer solchen strategischen Reorientierung:
a) sie hält die Linke jenseits Griechenlands davon ab, ihre eigenen Fehler aufzuarbeiten, zum Beispiel hier in der BRD. Ansätze für entsprechende linke Strategien habe ich zuletzt erneut zu formulieren versucht (vgl. Candeias im «Neuen Deutschland», 4.8.2015);
b) sie verengt die Problematik auf die Frage der Währung bzw. auf eine Spekulation, ob damit Spielräume größer oder kleiner gewesen wären. Man kann der Regierung Tspiras vielleicht vorwerfen, spiegelbildlich die selbe Verengung vorgenommen, sich fast gänzlich auf die Verhandlungen mit den feindlichen «Institutionen» konzentriert zu haben. Allerdings möchte ich mir gar nicht vorstellen, wie sehr die Übermacht die Aufmerksamkeit absorbiert und die Nerven strapaziert hat. Verratsvorwürfe oder Ähnliches verbieten sich von selbst.
Im Folgenden werden daher keine guten Ratschläge für «die Griechen» gegeben, sondern nur drei allgemeinere Problematiken und Schlussfolgerungen für zukünftige linke Projekte formuliert.
Festzuhalten gilt dabei: Die zivilgesellschaftlichen Solidarstrukturen und verbindenden Praxen (die wir an anderer Stelle ausführlich analysierten, vgl. Candeias/Völpel 2014) begründeten die Basis dafür, dass Syriza an die Regierung kommen konnte und wir nun darüber streiten können. Hinter diese Praxiserfahrung sollte bei allen Differenzen über die erste Regierung Tsipras niemand mehr zurückfallen. Dazu später mehr.
3. Drei Lehren aus der ersten Regierung Tsipras
3.1. Den geschichtlichen Moment nutzen
Immer wieder erweist sich, wie bedeutend es ist, im Moment eines (Wahl)Sieges nicht zu verweilen. Der Gegner ist geschwächt, der Schwung der Mobilisierung noch auf dem Höhepunkt. Die Durchsetzung entscheidender Projekte ist wahrscheinlicher, solange der politische Gegner seine Kräfte noch nicht wieder sammeln konnte, sich nicht mit anderen abstimmen und noch keine neue Strategie entwickeln konnte. Barack Obama, immerhin der erste schwarze Präsident der USA, liefert ein Beispiel: Nach enormer Mobilisierung gelang ihm der Sieg in der tiefsten ökonomischen Krise seit 1929ff. Doch statt den Moment zu nutzen und die Macht der Wall Street zu beschränken, die Reichen zu besteuern und eine Art Public New Deal durchzusetzen, verhandelte er trotz Mehrheit erst lange mit den Republikanern, in der falschen Vorstellung einer ‹ausgleichenden› Politik – bis bei Nachwahlen die Demokratische Partei ihre Mehrheit verlor. Der Rest ist Geschichte.
Aber auch Syriza konnte den geschichtlichen Moment nicht nutzen. Obwohl vor der Wahl ein klares Sofortprogramm und eine Strategie für die ersten Schritte ausgearbeitet waren, befürchtete ein Teil der Personen im engsten Kreis um Tsipras, damit zu scheitern. Entgegen des beschlossenen Programms entschied man sich ohne weitere Konsultation der Partei für Verhandlungen mit den Gläubigern ohne Vorbedingungen. Eine Konfrontation mit den Gläubigern, die vielleicht eine bessere Ausgangsbasis geschaffen hätte, sollte vermieden werden.
Dabei war geplant gewesen, gleich nach Regierungsantritt die Zahlungsunfähigkeit zu erklären, um einen neuen Anlauf zum Schuldenschnitt zu unternehmen und in der Eurozone zu verbleiben. Die Zahlungsunfähigkeit war ja real und nicht von Syriza verursacht. Sie einseitig zu erklären, wäre ein kalkulierter Regelbruch gewesen, inklusive der Einführung von Kapitalverkehrskontrollen. In der europäischen Öffentlichkeit hätte glaubhaft kommuniziert werden können, dass die korrupten Vorgängerregierungen und die Politik der Troika die Insolvenz des Landes über Jahre verschleiert, verschlimmert und verschleppt hatten. Alle, die es wissen wollten, wussten, dass Griechenland längst pleite ist. Die Troika und die europäische ‹Kaste› hatten noch keine abgestimmte Strategie, wie sie mit der neu gewählten Linksregierung umgehen sollten. Es gab viele im Machtblock, die schon lange meinten, dass Griechenland bankrott sei und man Schulden streichen müsse – nicht nur der IWF. Die Gläubiger wären durch die Zahlungsunfähigkeit unter stärkerem Druck gestanden, sofort eine Lösung anzubieten. Das Gelingen wäre keinesfalls gesichert gewesen. Doch der Moment verstrich ungenutzt.
Nach monatelangen verzweifelten Verhandlungen der griechischen Regierung war die Niederlage greifbar. In diesem Moment der Bedrängnis war das Referendum ein guter Schachzug, um aus der verfahrenen Lage wieder herauszukommen. Parteibasis und Zivilgesellschaften mobilisierten in überraschender Stärke für ein Oxi, ein Nein, gegen die Unterwerfung unter ein drittes Memorandum. Es sollte die Verhandlungsposition verbessern. Ob der Moment bewusst ungenutzt blieb oder ob er ohnehin zu spät kam, nichts mehr zu gewinnen war, angesichts des drohenden Zusammenbruchs des Zahlungsverkehrs und damit der griechischen Ökonomie: dies wird differierend eingeschätzt.
Gelungen ist hingegen die schnelle Umsetzung der geplanten Maßnahmen gegen die humanitäre Krise in Griechenland, zumindest in Ansätzen, und zwar mit einem beachtlichen Tempo. Trotz der mangelnden Erfahrung mit Verwaltungsapparaten wurden wichtige Maßnahmen eingeleitet, im Bereich der Flüchtlingspolitik, die Wiedereinführung des Mindestlohnes, von Lebensmittelkarten für die Ärmsten, Wiederanschluss und kostenlose Grundversorgung mit Energie, Erleichterungen bei Überschuldung, Wiedereinführung der Grundrente, Wiedereinführung der Arbeitslosen- und Gesundheitsversicherung für Geringverdiener, Einstellungen von Ärzten und freier Zugang zu Gesundheitsversorgung auch für Nicht-Versicherte, Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften etc. (vgl. Bussemer 2015).
Bis auf kleinere Reformen in der Besteuerung von Betrieben und einer langsamen Aufdeckung von Steuerhinterziehungen und Geldwäsche wurde allerdings ein direkter Angriff auf die griechische Oligarchie und ihre korrupten Verbindungen in Staat, Wirtschaft und Medien vermieden. Eine Doppelstrategie erschien der Regierung als zu gefährlich, es fehlte auch an den nötigen Kräften. Vielleicht wäre aber genau dies nötig gewesen. Die Propaganda in den Gläubiger-Staaten zielte nicht zuletzt darauf, dass die korrupte Klasse der Hyperreichen in Griechenland nicht für den Schuldendienst herangezogen wurde, die Griechen also selber schuld seien. Eine wirksame Heuchelei.
Hätte, hätte, Fahrradkette … Was lernen wir daraus: Niemals «unter dem Niveau des tatsächlichen Kräfteverhältnisses» (Luxemburg, GW 1.2, 433) zu kämpfen und die kurzen Momente geschichtlicher Möglichkeiten vorbeiziehen zu lassen.
3.2. Zivilgesellschaftliche Hegemonie vor dem Regierungsantritt genügt nicht
Bei Gramsci lernen wir, «es muss eine ‹politische Hegemonie› auch vor dem Regierungsantritt geben, und man darf nicht nur auf die durch ihn verliehene Macht und die materielle Stärke zählen, um die politische Führung oder Hegemonie auszuüben». Das wurde beherzigt. Syriza symbolisierte nur den Verdichtungspunkt, der die zivilgesellschaftliche Selbstorganisierung und den Protest in die Perspektive der Machtergreifung übersetzt.
Doch es genügt auch nicht, die zivilgesellschaftliche Hegemonie vor dem Regierungsantritt gewonnen zu haben. Regierung und Zivilgesellschaft sind neu zu denken. Es war klar, die Handlungsspielräume innerhalb der gegebenen Institutionen dürften «mehr als gering sein: Weder der Griff der Troika noch der internationalen Finanzmärkte dürfte nachlassen – im Gegenteil. … Eine Linksregierung wäre eingezwängt zwischen dem autoritären europäischen Konstitutionalismus und einem von PASOK und ND klientelistisch besetzten bürokratischen Apparat. Auch müsste sie durch Maßnahmen von kapitalistischer Seite mit einer sich noch vertiefenden ökonomischen Krise rechnen. Zurückweisung und Neuverhandlung der Memoranden … werden nicht ausreichen.» (Candeias 2013)
Allerdings war ebenso klar: Syriza hatte keine Wahl. Nach dem Wahlsieg wäre es unmöglich gewesen, nicht die Regierung zu übernehmen, sie einer großen Koalition der korrupten «Parteien des Systems» zu überlassen, die die katastrophale Lage im Land zusammen mit der Troika zu verantworten hatten. Dennoch hätte man wissen können – und viele wussten es –, dass die Zumutung des Regierens auf der überkommenen Basis nicht tragfähig sein konnte. Das anfänglich zügig umgesetzte humanitäre Notprogramm hätte begleitet werden müssen «von einem Bruch, der große Teile der Bevölkerung in einen Prozess der kollektiven Reorganisation und Neugründung der Demokratie einbindet» (Candeias 2013).
Eine wirkliche Transformation kann keine Transformation durch den Staat sein. Oder wie es bei Nicos Poulantzas heißt: «Eine Transformation des Staatsapparats im Sinne des Absterbens des Staates kann sich nur auf ein gesteigertes Eingreifen der Volksmassen in den Staat stützen – sicherlich mit Hilfe der gewerkschaftlichen und politischen Vertreter der Volksmassen, aber auch durch die Entfaltung ihrer eigenen Initiativen innerhalb des Staates. … (sie wird) sich nicht auf eine bloße Demokratisierung des Staates beschränken können. … Diese Transformation muss von der Entfaltung neuer Formen der direkten Basisdemokratie und der Verbreitung von Netzen und Zentren der Selbstverwaltung begleitet werden.» (Poulantzas, Staatstheorie (1978), Hamburg 2002, 289f.)
«Solidaritätsinitiativen können wichtige Ausgangspunkte für Kämpfe um/für den Wohlfahrtsstaat sein.» In ihnen als organisatorischen Knoten kann «das Selbstbild der Menschen, von dem, was sie erreichen können», verändert, «mit ihnen zusammen das Verständnis ihrer eigenen Fähigkeit zur Macht» entfaltet werden (Wainwright 2012, 122). Sie sind damit potenziell nicht nur ein wirksames Gegenmittel gegen (rechten) Populismus, sondern können auch Abhängigkeiten gegenüber einer (linken) Regierung mindern und Klientelismus vorbeugen. Sie beschränken sich nicht auf ein «bürgerschaftliches Engagement», das die Defizite des ausgedünnten Sozialstaates kompensiert, sondern zielen mit Aktionen des zivilen Ungehorsams und der direkten Aneignung auf dessen Rekonstruktion und demokratischen Umbau. Ausbau und Demokratisierung des Sozialstaates sollen aus dieser Perspektive Mittel und Entscheidungsmacht in die Zivilgesellschaft umleiten. Man kann niemanden mobilisieren, indem man bittet, fünf Leuten bei den Verhandlungen mit der Troika die Daumen zu drücken, eben so wie man niemanden damit mobilisieren kann, aus dem Euro auszutreten – darin gibt es jeweils keine Rolle für die Bewegungen oder für Einzelne, keine Handlungsperspektive. Sich den Staat konkret zurückzuholen, dort wo die Menschen ihn im Alltag erleben, bei Gesundheit, Bildung, Medien, in den Betrieben, sich die dafür nötigen finanziellen Mittel zu organisieren, das hätte mobilisieren, auf eine existierende Praxis treffen können.
Ein Beispiel: Die Bewegung der Solidarischen Kliniken mit ihrem Wissen und Engagement von Ärzten, Krankenpflegerinnen, Patienten, Angehörigen und Aktivisten hätte eine Basis für eine Reform des öffentlichen Gesundheitssystems sein können, die auf Partizipation und Offenheit zielt und die Verwaltungen für die Massen öffnet, ihr Wissen nutzt, ihre Macht dort verankert.
Überall hätten Räte auf allen Ebenen gebildet werden können, die den Umbau des Staates machtvoller vorantreiben können als ein einzelner linker Minister an der Spitze eines von Klientelismus und Korruption durchsetzten Apparates. Dies schließt eine Umgehung, Aufbrechen und Reform der klientelistisch besetzten Apparate ein, insbesondere in der Steuerverwaltung.
Auf eine solche Doppelstrategie von Verhandlung und Bruch wurde verzichtet. Man wollte einen «Zwei-Fronten-Krieg» vermeiden und daher keinen Konflikt mit der griechischen Bourgeoisie im Innern riskieren. Also wurde auf eben jene Mobilisierung verzichtet, die der Regierung den Rücken hätte stärken können, nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch im Kampf gegen Korruption und Steuerhinterziehung, für die Kürzung der horrenden Rüstungsausgaben, die Einführung einer Reichensteuer – gerade diese Punkte waren in der anti-griechischen Propaganda in den Gläubigerländern immer wieder der Regierung vorgeworfen worden – blanke Heuchelei, wie wir wissen, da die Troika selbst diese Maßnahmen verhinderte.
Darüber hinaus hätte eine Mobilisierung der Zivilgesellschaft auch wichtiges Korrektiv für die Regierung sein können (jeder Gewerkschafter weiß, wie hilfreich ein solcher Druck bei Verhandlungen sein kann). Der Verzicht führte zu einer Passivierung der Zivilgesellschaft in diesem Prozess. Auch die Linke Plattform hatte übrigens keine solche Strategie, verfolgte mit ihrer auf den Grexit zugespitzten Programmatik eine rein parlamentarische und etatistische Taktik. An einer Mobilisierung schien sie nicht interessiert. Panagiotis Sotiris, Ex-Antarsya und Mitglied der «Volkseinheit» resümiert selbstkritisch: «Wir wirkten wie eine Variation von Syriza, die glaubwürdig zu ihren Prinzipien stand, aber eben nicht wie eine neue Front, die organisch aus den Bewegungen und den sozialen Antagonismen erwächst … Unserer Partei gelang es nicht, sich für die … Erfahrungen der Bewegung zu öffnen.» («Jacobin», 22.9.2015)
Falsch ist die Analyse, die Bewegungen wären bereits abgeflaut, als Syriza an die Macht kam, wie es so oft heißt (Sablowski, «Junge Welt», 18.7.2015; Strohschneider, «Neues Deutschland», 5.8.2015). Was versteht man als Bewegung? Die relativ wirkungslosen Generalstreiks und andere spektakuläre Demonstrationen? Oder die Ausbreitung der Organisierung über die solidarischen Strukturen im ganzen Land und die Entwicklung einer verbindenden (gesellschaftlichen wie parlamentarischen) Partei? Erstere waren in der Tat längst abgeflaut. Nach der Besetzung des Syntagma-Platzes ging es in die mühselige Alltagsarbeit der Organisierung in den Vierteln und einer vielfältigen solidarischen Ökonomie (Candeias/Völpel 2014). Diese ist weniger sichtbar, mit enormem Verschleiß, aber auch ungebrochenem Engagement und Wirkung verbunden. Tatsächlich haben die Solidarstrukturen mit der in Griechenland bereits länger sich zuspitzenden Flüchtlingskrise nicht an Dynamik eingebüßt, sondern noch an Aktiven, Engagement und Dynamik zugelegt, wie Eleni Chatzmichali vom Netzwerk der Solidarischen Kliniken berichtet.
Widerlegt wird die Demobilisierung der Zivilgesellschaft auch durch das Ereignis des OXI. Die Mobilisierung überraschte die Beteiligten (insbesondere die Regierung) vielleicht noch stärker als der Ausgang des Referendums. Obwohl Monate verschenkt waren, hätte das OXI genutzt werden können.
Wiederholte Mobilisierung von Fall zu Fall ohne wirkliche Mitsprache führt jedoch zu Enttäuschung, Distanzierung, Rückzug und Spaltung. Nicht nur spaltete sich die Linke Plattform ab, viel gravierender ist der rasante Verlust der Basis, die in Scharen austritt, unter ihnen zahlreiche der aktivsten Verbindungspersonen in Zivilgesellschaft und Bewegungen. Noch gibt es keinen offenen Bruch von Bewegungen und Syriza, noch wird über die richtige Konsequenz und Haltung diskutiert. Diskutiert wird über die Gründung einer neuen zivilgesellschaftlichen Plattform, die sich nicht an der Regierung abarbeiten soll, sondern eine eigene Agenda der gesellschaftlichen Organisierung und Transformation verfolgt und damit mittelbar – je nach Lage – Druck oder Unterstützung gegenüber Syriza leisten kann. Nun haben Tsipras und Syriza ein zweites Mandat gewonnen. Glück gehabt und gut gekämpft. Aus den Fehlern lernen. Es wird nicht ausreichen, die Maßnahmen des Memorandum möglichst sozial abzufedern.
3.3. Autonomie der Partei gegenüber Regierung und Parlament
Syriza hat sehr weitgehende Veränderungen der politischen Struktur der eigenen Organisation vorgenommen und enge institutionelle, ja organische Verbindungen mit Bewegungen entwickelt: So wurde zusammen mit Bewegungen das Netzwerk Solidarity4all gegründet, um die Solidarstrukturen landesweit zu vernetzen und zu stärken; jeder Abgeordnete führt einen wesentlichen Teil seiner Bezüge für den Solidaritätsfonds von Solidarity4all ab, von den Mitarbeitern der Abgeordneten wurde jeweils mindestens einer für die Arbeit in den Bewegungen freigestellt etc. Es gab also sehr gute Verbindungen in Letztere. Allerdings gelang es kaum, umgekehrt Impulse der Bewegungen in die Partei einfließen zu lassen, wie es noch zu Zeiten der Besetzung des Syntagma-Platzes möglich gewesen war.
Darüber hinaus drohte Syriza von Anfang an «die Gefahr einer vollständigen Vereinnahmung durch Regierungsverpflichtungen, unter Aufgabe des wichtigsten Bestandteils der bisherigen Erfolgsstrategie der Partei», so Elena Papadopoulou (in der «LuXemburg», April 2015). Immer wieder kommt es zu Situationen, «in der alle Parteikader in den Staatsapparat absorbiert werden» und eine linke Partei «nur noch als Regierungspartei existiert» bzw. als Parlamentspartei, so auch bei Syriza – von einigen Ausnahmen abgesehen. Dagegen gelte es, «die eigene Präsenz im sozialen Feld aufrechtzuerhalten und sogar auszubauen» (ebd.). Das ist nicht gelungen. Die Partei wurde gegenüber Regierung und Parlament marginalisiert. Sie spielte keine eigene Rolle mehr. Ein klassischer Fehler.
Damit einher ging, dass jene, die maßgeblich die enge Verbindung von Partei und Bewegungen organisiert hatten, lebendige Beziehungen in die Zivilgesellschaft aufgebaut hatten und eben für die Doppelstrategie von Verhandlung mit den Gläubigern und Bruch im Sinne der Mobilisierung im Inneren eintraten, zwischen Regierung und ihrer Verhandlungsstrategie einerseits und Linker Plattform und ihrer nie ausgearbeiteten Exit-Option zerrieben bzw. unsichtbar wurden. Ich meine unter anderem die «53+Bewegung», eine Gruppe innerhalb Syriza, die sich für deren Zusammenhalt, ihre demokratische Funktionsweise und ihre radikal linke, bewegungsorientierte Ausrichtung einsetzte. Zentrale Köpfe wie der Generalsekretär der Partei, Tasos Koronakis, oder Christos Giovanopoulos, Koordinator von Solidarity4all z.B., sind inzwischen ausgetreten.
Für künftige linke Projekte wäre also zu fragen:
Wie lässt sich das Verhältnis von Regierenden, Fraktion und Partei so gestalten, dass notwendig auftretende Widersprüche kooperativ bearbeitet werden können? Wie wird gewährleistet, dass die Partei weder der Regierung untergeordnet noch ihr entgegengesetzt wird? Welche konkreten Konflikte sind absehbar? Wie sind Konflikte zu führen und demokratische innerparteiliche Entscheidungen zu fällen? Verbindende Praxis quer zu den Spaltungslinien innerhalb der Partei und der gesellschaftlichen Linken zu entwickeln, sollte eine Aufgabe aller Teile der Linken sein, mindestens aber der jeweiligen Führungsgruppen.
4. Was bedeutet die Niederlage für uns und für Europa?
Es war mehr als klar und immer wieder formuliert worden, auch von Tsipras, ein Land alleine kann es unmöglich schaffen. Sie haben das Unmögliche versucht und haben Zeit gewonnen und die Frage der Demokratie in Europa politisiert. Aber was heißt dies für uns?
Wie ich bereits sagte: Wir haben nichts beigetragen zur Verschiebung der Kräfteverhältnisse. Die gar nicht so kleine Linke, Parteien wie Bewegungen, Intellektuelle und Gewerkschaften haben es an keinem Punkt geschafft, eine gemeinsame Initiative zu starten, um jenseits aller Grabenkämpfe einem gemeinsamen Ziel, dem Ende der Austerität und der autoritär-neoliberalen Zurichtung Europas, etwas näher zu kommen.
Wie im Brennglas zeigt sich an Griechenland bzw. der Politik aller Linken in der BRD, dass die eingefahrenen Formen der Politik, ob bewegungs-, gewerkschafts- oder parteiseitig nicht taugten. Daher benötigen wir eine andere Strategie der Organisierung, um mehr zu werden: auf Grundlage einer Erneuerung einer Präsenz der Linken im Alltag, in den Nachbarschaften, am Arbeitsplatz, dort zu unterstützen, Initiativen zu starten, mitzuorganisieren, wo Menschen ihre Interessen in die Hand nehmen, um mit anderen zusammen die Verhältnisse zu verbessern.
Auch wenn bei uns eine Dynamik wie in Griechenland oder Spanien fehlt, gilt es jetzt Fähigkeiten zu entwickeln, Dinge vorzubereiten, Organisierungsprozesse zu stärken, um sowohl bei mangelnder Dynamik wirken zu können wie auch für eine kommende Dynamik vorbereitet zu sein. «Im Inneren einer grundlegenden zeitlichen Diskontinuität zu wirken, heißt zum einen Kräfte zu sammeln und zu entwickeln und zum anderen für das Unvorhergesehene, das ‹Unzeitgemäße› offen zu sein. In der Sprache der ‹Politik des Ereignisses› bedeutet dies eine Haltung, die bereit ist, ‹die Gelegenheit beim Schopfe zu packen›, in jene temporären Öffnungen einzugreifen: die im Konflikt und im Bruch den Sprung nach vorn und das Erzwingen eines günstigeren Kräfteverhältnisses erlaubt.» (Caccia/Mezzadra 2015).
Natürlich braucht es neben dieser Priorität einer popularen Verankerung solidarischer Praxen auch eine programmatische Position und diskursive Strategien, die den Zusammenhang dieser Alltagsnöte mit der europäischen Krise transportieren können: einen Linkspopulismus sozusagen, der klar die Verursacher bezeichnet und das Unbehagen aufgreift – ein Unbehagen, das vor einem Bedrohungsszenario «von außen» – Griechenland- und Eurokrise, Ukraine, Flüchtlinge, Überwachung/NSA, Terrorismus – in erster Linie auf die Verhältnisse hier bezogen ist, was der Linkspopulismus mit solidarischen Praxen verbinden muss.
5. Ein gemeinsames Lager des Oxi
Europa ist keine Hoffnung mehr. Tatsächlich wäre zu überlegen, ob bestimmte Kompetenzen von der EU auf andere Ebenen «zurück» gegeben werden. Es ginge um eine neue Verbindung von Dezentralität mit transnationalen Vermittlungen: Was kommunale Belange betrifft, soll auch auf dieser Ebene entschieden werden, was über die Kommune oder eine bestimmte Region hinaus Auswirkungen auf andere hat, muss überregional oder national unter Beteiligung der Betroffenen geregelt werden – bis hin zu Fragen, die nur europaweit angegangen werden können. Welche das sein sollen, wäre in einem konstituierenden Prozess zu klären, der auf eine grundlegende neue institutionelle Verfassung und Staatlichkeit des europäischen Projekts zielt.
Die Neugründung Europas müsste eine Stärkung des Souveräns, der jeweiligen Bevölkerungen der Mitgliedsstaaten als Mittel und Zweck haben. Auf diese Weise könnte der Impuls zur Renationalisierung zu einem Impuls zur Dezentralisierung und Europäisierung umgearbeitet werden. Für eine breite politische Debatte über Perspektiven wären europaweit Versammlungen einberufen – ein verfassungsgebender Prozess der Beratung und Organisierung einer europäischen Zivilgesellschaft. Kein abstrakter Europadiskurs, sondern nah an den Alltagssorgen und Wünschen der Menschen. Das ist der perspektivische Fluchtpunkt.
Yanis Varoufakis schlägt zu diesem Zweck die Gründung einer europäischen Plattform vor. Auch die Initiativen um den sogenannten Plan B (Melanchon, Lafontaine u.a.) verfolgen eine Debatte über die Neuausrichtung des Prozesses europäischer Integration und nicht nur eine Debatte über den Lexit (Owen Jones). Bewegungen setzen eher auf vielfältige Prozesse der Intervention in konkrete Alltagsorganisierungen in Verbindung mit transnationalen Versammlungen und Aktionen zivilen Ungehorsams, sind aber noch in einem strategischen Klärungsprozess.
Einen etwas anderen strategischen Schwerpunkt legen jene Kräfte, die man als Bewegungen eines neunen Munizipalismus bezeichnen könnte: Sie gehen davon aus, dass weitergehende Versuche europäischer Organisierung vergebens sind, wenn es nicht eine Basis der Organisierung im Alltag der Einzelnen gibt, in den Nachbarschaften, am Arbeitsplatz, in den Kommunen. Im spanischen Staat konnten verbindende Plattformen die meisten großen Städte im Land gewinnen. Nicht nur in Barcelona und Madrid stellen die neuen linken Kommunalregierungen nun die Bürgermeisterin. Auch in den USA sind die vielfältigen Erfolge nach dem Niedergang der Occupy-Bewegung meist auf lokaler und kommunaler Ebene zu verzeichnen (zum Beispiel beim Mindestlohn). In Italien gibt es eine lange linke Tradition sozialer Zentren als Orte der Organisierung. Die Kommune soll als Ort der Politik, der (Selbst-)Organisierung und Beteiligung zurückgewonnen werden.
Anhand von Syriza zeigten sich die Grenzen nationaler Linksregierungen in einem autoritären Europa. Dies gilt in anderer Weise natürlich auch für einen neuen Munizipalismus. Daher geht es auch um die Übersetzung solcher Politiken und Organisierungen auf und Verknüpfung mit einer europäischen Ebene – für ein Netzwerk von Städten und Regionen oder, emphatischer, die Perspektive einer europäischen Kommune als konstitutiven Prozess für ein anderes Europa von unten.
Gezeigt hat sich zudem: Europäische Kampagnen können als Neubegründung des politischen Raumes in Europa von unten dienen. Inzwischen gibt es diverse Erfahrungen etwa mit Kampagnen zur Wasserversorgung, Acta, Häfen, TTIP und Co. Den Start einer europäischen Verständigung von unten könnte eine organisierende Kampagne für eine Europäische Bürgerinitiative legen, die, noch zu definierende, Kernziele benennen würde: vielleicht ein Ende der Kürzungspolitiken und Privatisierungen, für eine europäische Schuldenkonferenz, eine Besteuerung der Reichen mit einer europäischen Vermögensabgabe, für Investitionen in eine europaweite soziale Infrastruktur (Gesundheit, Bildung, Wohnen, Energie) und eine europäische Energiewende, für eine soziale Mindestsicherung, garantierte Arbeits- und Tarifrechte, und unabdingbar für eine solidarische Flüchtlingspolitik. Es darf gern konkreter und besser formuliert sein, nicht mehr als vier Punkte. Dass europäische Kampagnen möglich sind, hat zuletzt die Anti-TTIP-Kampagne vorgemacht. Dieses Mal dürfte es noch etwas anspruchsvoller werden.
Der anti-demokratische Hegemonismus, die Unterwerfung und Verarmung in Griechenland stoßen auch in der BRD bei einer relevanten Minderheit von 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung auf Kritik, bis weit in die links-liberale, grüne und bürgerliche Mitte: Jürgen Habermas, Gesine Schwan, Reinhard Bütikofer u.v.a. stehen dafür. Das Flüchtlingsdrama verschärft dieses Unbehagen noch erheblich. «Mehr denn je geht es jetzt um die Überschreitung der bisherigen Grenzen der Proteste und die Bildung eines gesellschaftlichen Lagers des Neins zur Kürzungspolitik und Zerstörung der Demokratie, das über klassisch linke Kreise hinausgeht» (Riexinger, «Neues Deutschland», 11.8.2015). Im übrigen Europa ist der Unmut insbesondere gegenüber der deutschen Regierung ohnehin enorm angewachsen. Es würde nicht schaden, wenn linke Parteien, soziale Bewegungen und kritisch GewerkschafterInnen sich europaweit auf einige wenige Mindestforderungen einigen könnten, um eine solche Kampagne auf den Weg zu bringen.
Die europäischen Institutionen würden eine solche Europäische Bürger-Initiative (EBI) mit Sicherheit ablehnen. Wie bei TTIP könnte aber gerade dies einen mobilisierenden Effekt haben – wenn man so will: für ein wildes Referendum für ein Europa von unten, als Beginn einer Selbstermächtigung für einen konstituierenden Prozess.
Solche und andere Strategien sollen auf einer europäischen Strategiekonferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung Anfang Juni 2016 mit den verschiedensten gesellschaftlichen Initiativen, Gruppen, Strömungen und Organisationen diskutiert werden. Neben den politischen Inhalten wird es darum gehen, die richtigen politischen Formen zu finden bzw. ihre Verknüpfung sowie eine Strategie der Verbindung der unterschiedlichen Ebenen – lokal/kommunal, national, europäisch – angesichts knapper Ressourcen der gesellschaftlichen Linken: Wo ist jeweils die richtige Ebene politischer Intervention und Organisierung? Ziel ist es – trotz unterschiedlicher Positionen und Zielvorstellungen –, verbindende Perspektiven und Praxen zu finden, die keine vereinheitlichte Vorgehensweise, aber doch eine Synchronisierung widerständiger Politiken für ein anderes Europa ermöglichen. Diesmal gemeinsam.
Bussemer, Johanna, 2015: Ausser Spesen nichts gewesen?, in: #This is a Coup, Beilage von ND und RLS, vom August, 24-25
Caccia, Beppe, und Sandro Mezzadra, 2015: Unterm Himmel des Interregnums. Anmerkungen zur politischen Methode der Veränderung heute, in: Luxemburg-online, www.zeitschrift-luxemburg.de/unterm-himmel-des-interregnums/
Candeias, Mario, und Eva Völpel, 2014: Plätze sichern! ReOrganisierung der Linken in der Krise
Zur Lernfähigkeit des Mosaiks in den USA, Spanien und Griechenland, VSA, Hamburg, www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/VSA_Candeias-Voelpel_Plaetze-sichern.pdf
Candeias, Mario, 2015: Ein gemeinsames Lager des OXI, in: ND v. 4.8.2015 bzw. LuXemburg-online, www.zeitschrift-luxemburg.de/zerfall-des-europaeischen-gedankens/
Candeias, Mario, 2013: Wo bitte geht’s zum Winterpalast? Transnationale Resonanzen und blockierte Transformation, in: LuXemburg, H.3, www.zeitschrift-luxemburg.de/wo-bitte-gehts-zum-winterpalast/
Gramsci, Antonio, 1991ff: Gefängnishefte, Bd. 9, Hamburg-Berlin
Koronakis, Tasos, 2015: Wir haben es bis hierhin geschafft, weil die Einigkeit im Kern unseres Planes stand, in: LuXemburg-online, www.zeitschrift-luxemburg.de/?s=koronakis
Kouvelakis, Stathis, 2015: Griechenland: der Kampf geht weiter, in: marx21, 21.7.2015, http://marx21.de/griechenland-der-kampf-geht-weiter/
Luxemburg, Rosa, 1974ff: GW – Gesammelte Werke, Bd. 1.2, Berlin
Papadopoulou, Elena, und Michalis Spourdalakis 2015: Zwei Monate Syriza-Regierung: Schwierigkeiten und Herausforderungen, in: LuXemburg-online, April, www.zeitschrift-luxemburg.de/zwei-monate-syriza-regierung-schwierigkeiten-und-herausforderungen/
Poulantzas, Nicos, 1978: Staatstheorie, Hamburg 2002
Riexinger, Bernd, 2015: Möglichst viele sammeln, in: ND v. 11.8.2015, www.neues-deutschland.de/artikel/980799.moeglichst-viele-sammeln.html
Sablowski, Thomas, 2015: Die Etappenschlappe, in: Junge Welt v. 18.7.2015, www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/2015/07-18/014.php
Sotiris, Panagiotis, 2015: First Thoughts On the Greek Elections, in: Jacobin v. 22.9.2015, www.jacobinmag.com/2015/09/tsipras-syriza-austerity-september-20-election-anel/
Strohschneider, Tom, 2015: Der griechische Katalysator, in: ND v. 5.8.2015, www.neues-deutschland.de/artikel/980173.der-griechische-katalysator.html?sstr=strohschneider
Wainwright, Hilary, 2012: Griechenland: Syriza weckt Hoffnungen, in: LuXemburg 3/2012, 118–25
Nachdem Mascha Madörin im Herbst den Prozess der Griechenland-Krise in ihrem Blog unter dem ökonomischen Aspekt analysiert hat, fasst Mario Candeias hier den transformationspolitischen Aspekt in der europäischen Perspektive ins Auge.
Franco Bellettini
Es braucht eine auf Europäischer Ebene organisierte
Linke mit vertikalen und horizontalen Strukturen .
Eine Linke die nicht dauernd versucht alle Widersprüche
sofort zu lösen . Es braucht Agitprop und der sogenannte
Populismus ist nichts anderes als Agitation . Und es
braucht eine harte , sich von opportunistischen Pseudo-
sozialistischen Parteien ( Rotgrün , Sozialisten und co. )
klare Distanzierung und Denunziation . Und es braucht
wieder die vermittlung gesellschaftlicher Utopien und keine Theologen . Und eine verständliche Sprache
die dien ewigestrigen , kleinbürgerlich akademischen
Diskurs endlich durchbricht . Was nichts anderes
heisst , als politische Verantwortung zu übernehmen .
Aber das Sein bestimmt das Bewusstsein , beziehungsweise die Futtertöpfe das Engagement .
Trotzdem ist dieser beitrag einer der ersten
brauchbaren . Auch wenn er noch zögerlich ,auf
akademischen Stelzen balancierend daherkommt .
Viewlleicht entsteht wiedereinmal eine Linkedie
Sprache als Kommunikationsmittel begreift und
nicht als elende onanistische Selbstinszenierung .
Franco Bellettini
Das griechische Desaster der europäischen Linken | Maulwuerfe
[…] ders., 2016: Ein Moment der Katharsis. Syriza und die europäische Linke, in: theoriekritik.ch, Januar, http://www.theoriekritik.ch/?p=2333 […]