Eine Annäherung an das Werk Frauen im Laufgitter der Schweizer Feministin Iris von Roten und eine Aktualisierung ihrer ökonomischen, ‹sexuell-emotionalen› und politischen Analysen.
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Mit Iris von Roten wird man nicht schnell fertig. Sowohl ihr eigenes Werk Frauen im Laufgitter. Offene Worte zur Stellung der Frau (1958) als auch die historische Aufarbeitung ihrer und Peter von Rotens Beziehung in Wilfried Meichtrys Verliebte Feinde (2007) umfassen rund 600 Seiten. Hat Iris von Roten dem Feminismus in der Schweiz damit einen Gefallen getan? Zwar ist ihr Name auch unserer Generation spätestens seit der Verfilmung von Verliebte Feinde (2012) bekannt. Aber ein Standardwerk des Feminismus ist Frauen im Laufgitter auch nach den Neuauflagen von 1991 und 2014 eher dem Namen als der Tiefe der Rezeption nach. Der ‹sozialwissenschaftliche Brocken› ist kein Vergnügen, weil er in seiner akribischen Darstellungsweise einen umfassenden Anspruch erhebt. Gerade deshalb hat Frauen im Laufgitter uns einen Gefallen getan! Dieses Buch ermöglicht es uns, an eine weitsichtige, pointierte, kritische und innovative Beschäftigung mit Frauenfragen anzuknüpfen. Von Iris von Roten aus können wir heute weiterdenken.
«Ich will keine Schattenexistenz sein»
Iris von Roten, geborene Meyer, besuchte in den 1930er-Jahren die Höhere Töchterschule (Kantonsschule Hohe Promenade) in Zürich. Bereits in dieser Zeit verfasste sie für die Zeitschrift ihres Onkels unter dem Pseudonym Marie Töndury Artikel und Kolumnen. Obwohl sie sich für Kunstgeschichte und Literatur interessierte, entschied sie sich für ein Jura-Studium, das sie 1941 mit einer Dissertation abschloss. Kaum hatte sie ihr erstes Praktikum absolviert, hängte sie die Juristerei aber auch schon an den Nagel, um sich ganz dem Journalismus zu widmen. Die Leidenschaft, mit der sie sich der Stellung der Frau in der Schweizer Gesellschaft widmete, schilderte sie in einem Brief an Peter von Roten: «In Wirklichkeit sind die Frauen überall überflüssig oder verachtet oder eine unangenehme Konkurrenz. Aber warum empfinde ich allein das? Andere Frauen geben sich stumpf und stumm und zum Teil noch zufrieden mit dem Los ab, das ihnen die Männer zuweisen. Sie sind Schatten, weil sie die Männer als Schatten haben wollen. Aber ich will keine Schattenexistenz sein. Lieber tot. Ein einziger rascher scheusslicher Schmerz ist doch noch besser als ein Gekett von Demütigungen, als ein langes Zutodemartern des Herzens. Hin und wieder bin ich, ganz aufgeweicht vom Elend, über diesen Entrechtungszustand so rasend, dass ich jemanden totschlagen möchte.» (VF 230)
Offene Worte zur Stellung der Frau
Bereits das Inhaltsverzeichnis von Frauen im Laufgitter umfasst acht Seiten. Das verleitet zur selektiven Lektüre. Kaum eineR der vielen zeitgenössischen KritikerInnen hatte das Buch denn auch vollständig gelesen. Der Umfang des Werks ist nicht zuletzt von Rotens Duktus geschuldet: Immer wieder holt und führt sie weit aus, verflicht Alltägliches, Traditionelles und Wissenschaftliches, verkettet Fakten und Anekdoten, wiederholt Argumente und präzisiert Formulierungen. Genau dies macht aber die Klasse von Frauen im Laufgitter aus: Von Roten findet ihren ganz eigenen Ton, ihre Sprache, um zur Gesellschaft und zum «weiblichen Kollektiv», wie sie es durchgängig nennt, zu sprechen. Auch wenn der Stil heute zuweilen veraltet anmutet, bestechen ihre Beschreibungen durch Präzision, ihre Schilderungen durch Humor und Zynismus. Schliesslich ist die Frage, von wo aus und für wen Frauen in unserer Gesellschaft sprechen, heute – auf dem Trümmerhaufen der Dekonstruktion – wieder besonders aktuell.
Eine weitere Eigenheit von Frauen im Laufgitter ist die juristische Akribie, mit der von Roten die Stellung der Frau durchexerziert. Paragraph für Paragraph schreibt sie sich durch die Arbeitswelt, das Liebesleben und die politische Ungleichberechtigung. Die umfassende Bibliographie des Werks weist zudem darauf hin, dass Iris von Roten keineswegs ein singuläres Ereignis der (schweizerischen) Frauengeschichte darstellte, sondern eingebettet war in den feministischen Diskurs ihrer Zeit, den sie bestens kannte. Nicht zuletzt erweist sich Frauen im Laufgitter mit seinen detaillierten Schilderungen und seiner theoretischen Fundierung für uns heute als ein wichtiges historisches Dokument. Es zwingt seine Leserinnen und Leser, ihre eigene Situation historisch zu denken und zu fragen, warum wir in ‹Frauenangelegenheiten› heute wo stehen. Meine eigene Lektüreerfahrung von Frauen im Laufgitter ist deshalb durchzogen von Aha-Momenten und Widersprüchen. Viele Schilderungen sind mir (zum Glück) bereits völlig fremd, anderes kommt mir verdächtig bekannt vor.
Der Blick aufs Ganze
Von Roten hat ihr Buch in fünf grosse Abschnitte gegliedert: I. Weibliche Berufstätigkeit in einer Männerwelt, II. Wie es der Frau in der Liebe und ihrem Drum und Dran ergeht, III. Mutterschaft – Bürde ohne Würde, IV. Haushaltsfron – der Liebe Lohn, V. Ein Volk von Brüdern und Schwestern. Diese Abschnitte lassen sich grob in je einen ökonomischen, ‹emotional-sexuellen› und politischen Bereich fassen. Es ist diese dreifache Analyse, welche mich für heutige feministische Debatten besonders anschlussfähig dünkt. Und zwar, weil von Roten sie äusserst differenziert angeht.
Die ökonomische Situation der Frau beschreibt von Roten einmal bezüglich der Berufstätigkeit, also der Berufswahl und Arbeitssituation der Frauen. Zudem thematisiert sie diese in Bezug auf die «Haushaltsfron», also die unbezahlte Hausarbeit. Ihre Unterscheidung zwischen bezahlter Arbeit und der Reproduktions- beziehungsweise Care-Arbeit, welche sie auch bezüglich der Klassenfrage diskutiert, nimmt heute aktuelle Debatten vorweg.
Sexualität verbindet von Roten stets mit Emotionalität. Das ‹Sexuell-Emotionale› war und ist ein eigentlich erfahrungsgemässer Zusammenhang, dessen Anerkennung aber auch heute nicht selbstverständlich ist. Die Entfremdung von Emotionalem und Sexuellem schlägt sich gegenwärtig beispielsweise im gesellschaftlichen Widerspruch von Übersexualisierung bei gleichzeitig emotionaler Tabuisierung nieder. Von Rotens Verknüpfung bietet also Hand zu aktuellen Analysen, auch wenn sie sich in diesem Zusammenhang in ihren essentialistischen Zuschreibungen der ‹gefühlvollen› Frau und des ‹triebgesteuerten› Mannes verrennt. Sie vermag es aber durchaus auch, ein spannungsvolleres Menschenbild zu zeichnen. Der Mensch sei ein zwiespältiges Wesen, weil doppelt bestimmt als «Individual- und Geschlechtswesen» (FiL 197). Die Problematik der Vereinbarkeit dieser beiden Komponenten sieht von Roten in sozialen – und nicht biologischen – Gegebenheiten begründet, wobei diese ihrer Meinung nach bei Frauen schwerer wiegten als bei Männern. Mit der Gender-Theorie der 1990er-Jahre wurde das Erleben dieses Zwiespalts dann für alle Geschlechter problematisiert.
Auch wenn von Rotens Forderung nach dem Frauenstimmrecht mittlerweile erfüllt ist, lassen ihre differenzierten Gedanken zu politischer und juristischer Gleichberechtigung doch aufhorchen: «Ohne Stellung und Aktivität im Berufsleben gibt es bei aller nominellen politischen Gleichberechtigung der Frauen keine praktische. Jene ist ein Hauptpfeiler ihrer vollen politischen Gleichberechtigung.» (FiL 574). Solange die Chancengleichheit in der Arbeitswelt ein Lippenbekenntnis bleibt, kann keine noch so ausgefeilte Gesetzgebung greifen. Es ist also nicht (nur) die Politik, sondern auch die Arbeitswelt welche endlich derart organisiert werden muss, dass Frauen wie Männer ihren ökonomischen und sozialen Bedürfnissen gemäss wirken können. Dies gilt es in den Diskussionen um Teilzeitarbeit, Quotenregelung, die ‹gläserne Decke›, den Vaterschaftsurlaub oder das Grundeinkommen zu bedenken.
Die Frage nach der Stellung der Frau in unserer Gesellschaft und deren historischen Veränderungen hat sich mir persönlich vor allem in den Kapiteln zu Liebe und Mutterschaft aufgedrängt. Von Rotens Unverblümtheit und Prägnanz in der Schilderung ist noch heute frappierend. Ihr heteronormatives und individualistisches Gesellschaftsbild kann zwar legitimerweise kritisiert werden – ihre Beobachtungen laden aber umso mehr zu einer Aktualisierung ein.
«Dass von der verwünschten Menstruation niemand etwas sehen, hören und wissen will»
Ganz gemäss ihrer Präzision beginnt von Roten das Kapitel zur Mutterschaft nicht beim Thema der Schwangerschaft sondern bei der sie begründenden Menstruation. Sie ist für von Roten das stärkste Zeichen physiologischer Ungleichheit zwischen Mann und Frau: «Trotz ihrer relativen Bedeutungslosigkeit bei der weiblichen Fortpflanzungsfunktion ist die Menstruation in gewissem Sinne die auffallendste weibliche Geschlechtsfunktion […]. Hinter ihr steht der weibliche Körperbau und selbst die Andersartigkeit der sichtbaren Geschlechtsorgane zurück […]. Zudem sind Schwangerschaft und Niederkunft nur Möglichkeiten des weiblichen Körpers, aber weder integrierender Bestandteil noch unerläßliche Funktion desselben.» (FiL 326) Die Unterkapitel zur Menstruation tragen Titel wie Eine Zivilisationsschande oder Die Menstruation als Zeichen sozialer Degradierung, von dem manch einer übel wird. Starke Worte hat von Roten also auch für diese Thematik gewählt. Denkt man an die 47. Ausgabe der RosaRot zurück, sind diese aber gar nicht so unangebracht, heisst es dort doch im Artikel Mailänder Appetithäppchen: «Wenn, dann fasst man es [das Thema Feminismus] mit spitzen Fingern an wie einen gebrauchten Tampon.» (20).Dieses Argument trifft den Nagel auf den Kopf: Wird die Menstruation thematisiert, so nur als hygienisches beziehungsweise physiologisches Problem. Die Menstruation ist bis heute ein (anderer) Umstand, den es unsichtbar zu machen gilt – obwohl Frauen durchschnittlich ein Achtel ihres Lebens menstruierend verbringen. Für von Roten war der Tampon noch das verheissungsvolle Versprechen, welches der Frau mehr Bewegungsfreiheit und Hygiene garantierte. Mit Tampon, Binden & Co. ging aber auch die Kommerzialisierung des weiblichen Körpers einher, der die monatliche Erneuerung und die damit verbundenen Schmerzen auf die Frage von ‹Kamillen- oder Lavendel-Duft› reduzierte. Trotzdem musste zur Beseitigung der allmonatlichen Erinnerung des eigenen Frauseins ein stärkeres Mittel her – die Pille zum Beispiel.
«Männerherrschaftliche Organisation der weiblichen Fortpflanzung»
Im Gegensatz zur Menstruation ist die Schwangerschaft (zumeist) von der Entscheidung der Frau abhängig. Um diese freier gestalten zu können, setzte sich von Roten vehement für «antikonzeptionelle Mittel» (FiL 302) ein. Diese würden eine umfassende Veränderung bringen: «Die ideale Empfängnisverhütung bewirkte eine Machtverschiebung im sexuellen Verhältnis der Geschlechter und damit auch eine Machtverschiebung in der Stellung der Geschlechter zueinander.» (FiL 298). Kontrazeptive könnten den Frauen die «erdrückende Gefühlsinvolvierung» lockern und den Männern ihr «chronisch schlechtes Gewissen auf sexuellem Gebiet» (FiL 243) nehmen. Bis dahin gelte weiterhin folgendes Bonmot von Rotens: «Obwohl die gegenseitigen Liebeserklärungen bei Frauen und Männern aufs Wort gleich lauten und ihr sinnlicher Genuß des Geschlechtsakts alles in allem erstaunlich ähnlich zu sein scheint, so haben die beiden zum mindesten nach der Vereinigung Probleme sehr verschiedener Größenordnung im Kopf: Sie fragt sich, ob sie ein Kind bekommen werde, er höchstens, wo sein Tramabonnement geblieben sei.» (FiL 242f.). Wie steht es heute um dieses Machtverhältnis? Zwar hängt das Damoklesschwert ‹Schwangerschaft› nicht mehr über jeder Matratze, trotzdem ist die Verhütung immer noch grösstenteils Frauensache. In dieser Angelegenheit haben wir Frauen uns auf halber Strecke mit der sexuellen Befreiung zufriedengegeben. Niemand fragt nach, warum die sonst so innovative Medizin es bis anhin nicht geschafft hat, ein (hormonelles) Kontrazeptivum für Männer zu erfinden, dass die Frauen komplett der Verantwortung entbinden würde. Stattdessen belassen wir es bei den für uns im wahrsten Sinn des Wortes unbefriedigenden Antibabypillen & Co., die Körper und emotionalen Haushalt (de)regulieren.
«Muss die Geburt eine Katastrophe sein?»
Die Mutterschaft schliesslich ist ein Thema, welches heute nur noch im Rahmen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie diskutiert wird (die von von Roten in den 1950er-Jahren geforderte Mutterschaftsversicherung wurde 2005 eingeführt). Der eigentliche Geburtsakt scheint ein Tabu zu sein, welches – analog zum Tampon – nur mit spitzen Fingern angefasst wird. Bezüglich der Geburt wirft von Roten die brisante Frage auf: Warum eigentlich findet diese zunehmend in Spitälern statt? Was hat eine Geburt mit einer Blinddarmentzündung oder einem Beinbruch gemein? «Es mag stimmen, daß die Spitäler den Frauen riesige Vorteile bieten, sofern die Geburt größere Operationen erfordert. Aber kleinere Operationen, Schmerzlinderung und Schmerzbetäubung lassen sich mit etwas Aufwand und Organisation auch zu Hause durchführen. Bei gleicher Leistung ist solche individuellere Behandlung natürlich teurer, weil sie nicht so rationell organisiert werden kann. Doch kommt es darauf an, wie man die Berücksichtigung der Würde der Frau, ihre jeweilige Behandlung als individuellen Fall mit Anspruch auf eine gewisse Privatsphäre, in Rechnung stellt. […] Wenn man den intensiven Gemeinschaftscharakter des Geschlechtsaktes überdenkt […], wenn man sich vor Augen hält, in welcher Intimität […] die sexuelle Beziehung sich abspielt, so hat es etwas Unmenschliches, die Frauen, sobald der Geburtsvorgang beginnt, auf eine Gebäranlage zu verweisen, wo gewissermaßen besondere Funktionäre und nur diese die Fälle der einzelnen Frauen am laufenden Band erledigen.» (FiL 345). Bereits von Roten verweist also auf die Verquickung ökonomischer Interessen und medizinischer Notwendigkeiten, aber auch auf die Verrationalisierung der Geburt analog zu einer Krankheit, von der frau nur möglichst schnell geheilt zu werden bräuchte. Dass mit der Ökonomisierung der Geburt die zumeist weiblichen Hebammen aus ihrer medizinischen Vormachtstellung verdrängt wurden, braucht nicht extra betont zu werden. An maschinellen Einrichtungen, Pränataldiagnostik und Kaiserschnitten verdienen Versicherungen wie die gesamte Pharmaindustrie kräftig mit. Insofern verweist von Roten auf die Rationalisierung von Care-Arbeit im neoliberalen Arbeitsmarkt, wenn sie drastisch beschreibt: «Das ist der vom Männerkollektiv geschaffene Rahmen, in dem man die Schwierigkeiten, die das ‹Geschäft› der Menschenproduktion begleiten, mit massivem Rationalismus beizukommen trachtet.» (FiL 343). Aus heutiger Sicht kann man dem nur die Frage der Zweiklassenmedizin hinzufügen und betonen, dass zwar per Gesetz jeder werdenden Mutter das Recht verbrieft ist, Zugang zu allen möglichen Geburtsorten zu haben, diese Wahlfreiheit in der Schweiz jedoch noch längst nicht gegeben ist. Heute finden nur rund drei Prozent der Geburten in der Schweiz zu Hause statt. Daneben werden zwar immer mehr Geburtshäuser genutzt und seit zwei Jahren bezahlen die Krankenkassen auch eine dortige Geburt. Aber nicht in allen Regionen der Schweiz existiert überhaupt ein Geburtshaus. Mit von Roten wäre bezüglich der Mutterschaft also nicht nur die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die Frage nach bezahlter Reproduktions- bzw. Care-Arbeit anzuführen, sondern die ihr vorgelagerten Umstände der Geburt an sich zu politisieren. Diesem Diskurs gilt es in Zukunft vermehrt Öffentlichkeit zu verschaffen – auch aus Solidarität mit jenen, die sich nach gemeisterter Geburt erst einmal um ihren Nachwuchs und nicht um Sachpolitik kümmern wollen.
Feministisch weiterkämpfen
Vieles mehr noch gibt es bei Iris von Roten zu entdecken. Eine durchgängige Lektüre von Frauen im Laufgitter lohnt sich auf jeden Fall, denn von Roten versteht es, ökonomische, ‹sexuell-emotionale› und politische Analysen immer wieder aus neuer Perspektive miteinander in Verbindung zu setzen. Ihre spitze Feder ermutigt dabei genauso wie ihr umfassender Anspruch. Seit von Rotens Frauen im Laufgitter hat niemand mehr ein Unterfangen dieser Grössenordnung gewagt. Möglicherweise deshalb, weil ihre Herangehensweise einfach nicht mehr dem heutigen Stand der Erkenntnisgewinnung entspricht. Möglicherweise aber auch, weil de- und rekonstruktivistische Theoretisierungen den neokapitalistischen Individualisierungs- und Entsolidarisierungstendenzen zudienen. Die Zeit der grossen Theorien ist vorbei: Lieber alles im Kleinen denken, als mit der ‹grossen Kelle› anrühren. Vor diesem Hintergrund beeindruckt von Rotens Weitblick umso mehr. Feministische Aktion und Erkenntniskritik muss neu ausgerichtet werden, wenn wir nicht wollen, dass sich ihre prophetischen Sätze bewahrheiten: «Frauen der Gegenwart […] verkennen, daß die bescheidene Verbesserung in der Stellung der Frau, die sie als Selbstverständlichkeit genießen, nicht die Auffassung der Frau als ein Anhängsels des Mannes zur ideologischen Voraussetzung hat, sondern jene einer vielseitig und beziehungsreich im Leben stehenden Persönlichkeit. Sie verkennen, daß die ‹moderne Frau› eine Erscheinung ist, die sich verflüchtigen kann, wenn feministisch nicht weitergekämpft wird. ‹Weiblichkeit› und ‹Fraulichkeit› an sich sind keine Machtmittel […]. Eine Erfahrung, deren die Frauen wieder teilhaftig werden, wenn sie sich die wirklichen Machtmittel, die ihnen die Frauenemanzipation […] in die Hand gelegt hat, durch Blindheit verwirken sollten.» (FiL 24).
Von Roten, Iris: Frauen im Laufgitter. Offene Worte zur Stellung der Frau. Zürich/Dortmund: eFeF-Verlag 1991.
Meichtry, Wilfried: Verliebte Feinde. Iris und Peter von Roten. München: Nagel&Kimche 2012.
Bonacossa, Eleonora: Der weibliche Sinn in der Welt. Iris von Roten: NeueAspekte aus Sicht der Geschlechterdifferenz. Königstein/Taunus: Ulrike Helmer Verlag 2003.
Verliebte Feinde. Iris und Peter von Roten (2012), Dokufiction nach dem gleichnamigen Buch von Wilfried Meichtry, Regie: Werner Schweizer.
Menstruation. Böses Blut & Periodenparty. an.schläge. das feministische magazin, 09/2014.
* Dieser Text erschien erstmals in RosaRot – Zeitschrift für feministische Anliegen und Geschlechterfragen, Nr. 48, Frühling 2015.
Hebamme
Die Geburt ist immer ein einzigartiges Erlebnis.
Dabei ist es egal, ob es das erste Kind der Frau ist,
oder nicht. Wichtig sind Liebe des persönlichen Umfelds, um
dem Baby eine optimale Entwicklung zu gewährleisten.
Iris von Roten (1917–1990) – Frauenleben. Inspirierende Frauen und ihre Zeit. Ein Podcast.
[…] Mit Iris von Roten “den Problemen des weiblichen Lebens bis an die Wurzel nachgehen”, vo… […]